Kapitel 2

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Meine Hände zitterten, als ich das Auto verriegelte. Das gab mir wenigstens ein kleines Gefühl der Sicherheit, auch wenn das in meiner derzeitigen Lage wahrscheinlich nicht viel helfen konnte.
Panisch schielte ich in den Fußraum, auf der suche nach dem einen Gegenstand der mir im Moment wahrscheinlich helfen konnte. Schnell griff ich nach meinem Handy und wählte mit zitterigen Händen den Notruf. Ich beobachtete den Van, an dem sich seit dem waghalsigen Manöver noch nichts getan hatte.

Mein herz klopfte mir bis zum Hals, als ich auf das altbekannte Tuten des Anrufes wartete. Die Sekunden fühlten sich an wie Stunden, doch dann hörte ich nur die altbekannte Stimme der Frau, die mir sagte, dass ich keine Verbindung hatte. Erschrocken zuckte ich zusammen als die Hintere Tür des Vans mit einem lautem Geräusch aufgezogen wurde. Die schwarze Farbe reflektierte in der Sonne und erschwerte mir die Sicht. Zwei Männer stiegen aus und stellten such Seite an Seite neben den Van. Sie starrten geradewegs in mein Auto und rührten sich nicht von der Stelle.

Ist ja fast wie bei Men in Black
Unter anderen Umständen hätte ich die ganze Situation fast für lustig, wenn nicht sogar für einen Scherz gehalten, doch etwas an der Ausstrahlung der Männer verursachte bei mir ein mulmiges Gefühl.
Sie waren beide ungefähr gleich gebaut. Breite Schultern, eiserner Blick und ein markantes Gesicht.
Mir wurde bewusst, dass ich es auf keinen Fall mit ihnen aufnehmen konnte. Sie waren mir beide Körperlich haushoch überlegen, außerdem konnte ich nicht ausschließen, dass sich in dem Van nicht noch mehr von der Sorte befanden.
Erneut drückte ich die Verriegelung des Autos, in der Hoffnung ihnen vielleicht zu zeigen, dass sie nicht so einfach an mich heran kamen. Dann schob ich meine Hand vorsichtig am Lenkrad entlang, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Mein Herz schlug wie verrückt, als meine Finger endlich das kalte Metall des Autoschlüssels zu fassen bekamen. Hektisch drehte ich den Schlüssel, doch mein Auto brachte nur ein klägliches Gurgeln zustande. Ich spürte wie die Panik in mir hochkam, als ich den Schlüssel erneut mit mehr Kraft drehte und der Wagen immer noch nicht ansprang.

„Das darf doch wohl nicht war sein...", fluchte ich und versuchte es ein weiteres mal mit dem Schlüssel. Verzweifelt gab ich es auf und schlug mit der rechten Hand auf das Lenkrad.
Meine Auswahlmöglichkeiten waren im Moment sehr begrenzt. Entweder verkroch ich mich weiter in meinem Auto und hoffte, dass diese Typen nicht an mich heran kamen, oder ich stellte mich der Situation, wie die erwachsene Frau, die ich seit zwölf Stunden war.
Mit zitterigen Fingern ließ ich die Scheibe einen kleinen Spalt herunter. Weit genug, um etwas raus
zu schreien aber nicht weit genug um hinein greifen zu können.
„ Was wollt ihr von mir?" rief ich mit zitternder Stimme durch den kleinen Spalt. Die Männer sahen sich nur gegenseitig mit ausdruckslosen Gesichtern an. Einer von ihnen machte einen Schritt auf mich zu, er guckte mir genau in die Augen und ein gleißendere Schmerz explodiert in meinem Kopf. Es fühlte sich an, wie eine Explosion in meine Kopf, die unbarmherzig alles mit in die tiefe riss was mich ausmachte. Ich wollte schreien, wollte mich gegen die Schmerzen wehren doch Ich war wie gelähmt. Unfähig mich auch nur einen Millimeter zu rühren. Ich konnte nichts tun, außer zu beobachten wie der Fremde sich mit festen Schritten auf mich zu bewegte. Was auch immer hier passierte war völlig unmöglich. Ich war wie eine Gefangene in meinem eigenem Körper, Unfähigkeit in das Geschehen einzugreifen. Der kleinere Mann blieb regungslos neben dem Van stehen und beobachtete still das Geschehen. Ich spürte nur wie mein Herz mir bis zum Hals schlug, als der große Mann vor meiner Autotür stehen blieb. Er beugte sich ein Stück vor und starrte mich durch das Fenster an. Ich konnte die Aggressivität die er ausstrahlte deutlich spüren, auch wenn sein Äußeres gar nicht danach aussah. Sein Gesicht wirkte angespannt, trotzdem war er etwa in meinem Alter; vielleicht auch ein paar Jahre älter. Er hatte Onyx Farben Augen, die von markanten Gesichtszügen eingerahmt wurden. Seine Haare war Hellblond und hingen ihm in widerspenstigen Locken in die Stirn.In einer anderen Situation hätte ich ihn vielleicht sogar als attraktiv bezeichnet. Im Moment konnte ich jedoch nichts mehr wahrnehmen als mein rasendes Herz und meinen Körper, über den ich nicht länger die Kontrolle hatte.
Der Mann legte seine Hände an den oberen Rand des Fensters, und ohne auch nur mit der Wimpern Zucken oder das kleinste Zeichen von Anstrengung zu zeigen, riss er die Komplette Tür aus den Angeln. Metall quietschte, Glass splitterte und wie aus Reflex kniff ich die Augen zusammen um der Situation zu entfliehen. Er schleuderte die Tür einige Meter weit hinter sich, mit einer Leichtigkeit die einfach nicht natürlich sein konnte.

Ich wusste nicht was genau diese Männer waren, aber das sie nicht menschlich waren stand außer Frage. Mein ganzer Körper zitterte, doch der Mann ließ sich nicht beirren sondern beugte sich todbringend zu mir in die Innenseite des Autos. In meinem inneren schrie ich aus Leib und Seele. Mein Überlebensinstinkt versuchte mich irgendwie aus dieser ausweglosen Situation zu befreien, weil ich tief in meinem inneren wusste, dass dies das Ende war.
Ich würde niemals meine Familie oder meine Freunde wiedersehen, geschweige denn die normalen Meilensteine des Lebens erleben. Es gab noch so viel was ich machen wollte. Wie in Trance beobachtete ich wie der Mann mir näher kam. Alles in mir strebte sich, wollte weg, doch ich war machtlos. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so verloren und einsam gefühlt wie in diesem Moment.
Doch dann passierte etwas überraschendes. Ich schaute dem fremden in die Augen und für eine Sekunde konnte ich so etwas wie Unsicherheit in seinem Blick sehen. Tatsächlich verharrte er einen Moment und schien innerlich mit sich selbst zu ringen. Hoffnung keimte in mir auf, Hoffnung darauf, dass diese Männer doch noch etwas Menschliches in sich hatten, und das dies nicht das Ende war.
Leider bemerkte auch der andere Mann, dass Zögern und trat einen Schritt auf das Auto zu. Hektisch blickte der Fremde zwischen mir und seinem Komplizen hin und her und plötzlich verschwand jegliches Gefühl aus seinen Augen. Es war als ob man in eine unendlich Leere schauen würde, und in diesem Moment starb auch meine Hoffnung ab, so schnell wie sie gekommen war.
Er schloss für eine Sekunde die Augen und schien sich auf etwas zu konzentrieren. Mit aufgerissenen Augen beobachtete ich wie sich eine schwarze Flamme den Weg über seine Hand kämpfte. Sie umschloss seine Finger und legten sich wie eine zweite häHaut über seine Hand. Es war zugleich das gruseligste und wunderschönste was ich jemals gesehen hatte. Er streckte seine Hand nach meinem Kopf aus. Hätte ich noch die Kontrolle über meinen Körper gehabt wäre ich schon längst vor ihm zurück gewichen, aber ich war machtlos. So blieb mir nichts anderes übrig als zu beobachten wie sich seine Hand meinem erbarmungslos näherte.
Nur Zentimeter von mir entfernt streckte sich die Flamme an seinen Fingerspitzen meinem Kopf entgegen. Ich spürte eine unglaubliche Hitze und dann kam seine Hand in Kontakt mit meiner Stirn. Es fühlt sich an wie ein heißes Messer, dass mir die Haut versenkte. Tränen liefen mir in Strömen die Wange hinunter und mein Körper zitterte unkontrolliert. Es war ein seltsames Gefühl, als ob sich die Flammen durch meine Haut in mein Innerstes fraßen. Sie zerrten nicht mehr an meiner Haut, sie zerrten an mir. An meinem innersten, an dem was mich ausmachte. Sie schlich sich durch meine Identität, Erinnerungen und Träume und zerstörte gnadenlos alles was sie in die Finger bekamen.
Auch wenn man von all dem äußerlich nichts mitbekam, kämpfte mein Inneres gerade mir aller Kraft gegen den unbekannten Feind an, der sich in mir ausbreitete.
Ich spürte wie ich mit jeder Sekunde schwächer wurde. Es war als ob die Kraft meinen Körper einfach verlassen würde, und nur ein leeres Gefühl der Taubheit zurückließ. Ich versuchte mich weiterhin zu fokussieren, versuchte weiter zu kämpfen und nicht aufzugeben, aber das Gefühl dieser unendlichen Müdigkeit war einfach stärker als ich. Mein Blick fing an zu verschwimmen, erst ein wenig und dann immer stärker und ich wusste, ich musste nur einmal die Augen schließen und dieser unendliche Schmerz wäre vorbei.

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