Kapitel 28

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Draco wusste nicht ob es eine gute Idee war hierher zu kommen. Ehrlich gesagt, fragte er sich, ob er nach Stunden des Überlegens die ganze Aktion nicht einfach hätte sein lassen sollen. Er sah auf seine Uhr als er die angelegte Auffahrt entlang schritt. Er war appariert und das erst nach Stunden der Selbstzweifel. Vielleicht wollte sie ihn gar nicht sehen. Vielleicht war er nicht der Richtige für den Job. Es war beinahe Mitternacht. Zum Teufel, warum hatte er solange gewartet? Weil er unsicher war. Weil er mit sich selbst innerlich gekämpft hatte. Herkommen oder nicht. Offenbar ging es Astoria schlecht, auch wenn sie versuchte alle zum Narren zu halten. Zu behaupten das es ihr gut ging. Sich die tragische Aufgabe auserkoren hatte, alles zu organisieren für die Trauerfeier. Himmel gut, Daphne war schwanger und vielleicht war sie nicht die richtige für die Organisation. Aber konnte nicht einmal in ihrem Leben Constanze aus ihrem Radius rauskommen und eine wahrhaftige Mutter für Astoria sein? Sicher, sie hatte ihren Mann verloren. Aber ihre Kinder, ihren Vater. War das besser?

Draco fragte sich die ganze Zeit wie er sich fühlen würde, wenn sein Vater oder seine Mutter sterben würden. Es war eine komische Vorstellung. Denn Lucius und Narzissa waren immer da. Abrufbereit, um ihm sein Leben schwer zu machen oder ihn zu ärgern. Und doch waren sie seine Eltern. Er glaubte dass der Verlust seiner Mutter ihn mehr treffen würde. Zu ihr hatte er schon als Kind das engere Verhältnis gehabt. So wie Astoria mit ihrem Vater, wobei er der Meinung war, dass das Verhältnis sogar zu seiner Mutter, nie so eng war wie bei Hyperion und Astoria. Er seufzte schwer und sah, dass in der Villa noch Licht brannte im Erdgeschoss. Sein Vater hatte sie heute begleitet zum Bestattungsunternehmen. Selbst dort hatte sie alles geregelt. Den Sarg bereits ausgesucht. Die Kleidung verändert, die Theo offenbar ausgesucht hatte und noch eine Krawatte gebracht. Übermorgen würde man Hyperion beerdigen. Es war seltsam gewesen, seinem Vater zuzuhören, wie er heute von dem Tag erzählt hatte. Es hatte Draco in der Seele wehgetan, von Astoria zu hören.

Astoria die Stunden bei ihrem Vater am Sarg gesessen war, der aussah als würde er friedlich schlafen. Sie hatte nicht geredet. Nicht geweint. Einfach nur bei ihm gesessen. Apathisch, hatte es Lucius genannt. Lucius der gehofft hatte, sie würde weinen. Es aber nicht getan hatte. Lucius, der auch gehofft hatte sie würde müde werden. Was auch nicht passiert war. Lucius der über Constanze und Theo geschimpft hatte. Vor allem über Theo. Nach der Meinung seines Vater gehörte Astoria, zum Schutze ihrer selbst, außer Gefecht gesetzt. Sein Vater hatte sich heute angehört wie ein besorgter Mann um seine Tochter und das obwohl Astoria weder seine Tochter noch Schwiegertochter war. Doch Draco nahm es ihm nicht übel. Er machte sich selbst Sorgen. Nur wusste er nicht, wie er damit umgehen sollte. Gefühle waren nicht sein Fall, noch nie gewesen. Und schon gar nicht Trauer. Was sollte man sagen, wenn der eigene Vater gestorben war? Das alles gut werden würde? Wie, wenn der Mann der einen großgezogen hatte tot war und nicht wiederkehren würde? Ein Mensch war nicht mehr Teil des Lebens. Nichts würde so werden wie zuvor und was half es dabei zu lügen? Gar nicht.

Er klingelte, als er an der Eingangstür ankam und für einen Moment fragte er sich, ob er nicht einfach verschwinden sollte. Es war eine dumme Idee. Eines der Hausmädchen machte auf und Draco fühlte sich nervöser, als an seinem ersten Tag in Hogwarts. „Ich..." fing er an und räusperte sich dann und war froh, als er merkte, dass er seine Stimme wieder unter Kontrolle hatte. „Ich möchte zu Astoria Greengrass." Die Frau um die vierzig nickte und er folgte ihr ins Haus. Kaum waren sie in der Eingangshalle, fragte eine vertraute Stimme. „Wer ist es denn?" Er sah die Treppe empor und erkannte Astoria im ersten Stock. Sie wirkte verwundert. „Draco?" „Der Herr möchte zu Ihnen." meinte die Angestellte und Astorias Stimme war ruhig „Danke. Und gehen Sie bitte ins Bett. Ich brauche Sie heute nicht mehr." Die Frau nickte und verschwand. Draco ging die Treppe nach oben und sah das die Tür zu Astorias altem Zimmer offen war. „Was willst du hier?" fragte sie, als er bei ihr ankam. Ja was eigentlich? „Nach dir sehen." entschied er sich zu sagen und sie schnaubte und wandte sich um. Er folgte ihr ruhig.

„Denk ja nicht, ich wüsste nicht was ihr alle damit bezweckt. Erst Theo, dann dein Vater und nun du." schimpfte sie und er schloss die Tür hinter ihnen beiden. Er war hier schon einmal gewesen, nach einem Abendessen bei ihren Eltern. Als sie ihm das Haus gezeigt hatte. Es lagen Blätter auf der gepolsterten Fensterbank und Draco legte den Kopf etwas schief und erkannte das es offenbar Entwürfe für die Zeitung waren. „Und was bezwecken wir?" murmelte er und runzelte die Stirn. War sie am Arbeiten? Wie konnte sie überhaupt klar denken? „Mir vorzuschreiben was ich zu tun und zu lassen habe." sagte sie scharf und sammelte die Blätter zusammen. „Ich bin aber kein verdammtes Kind. Mir geht es sehr gut, also Danke aber nein ich brauche keine Hilfe. Alles ist geregelt und ich werde keinen Nervenzusammenbruch bekommen." „Gut." meinte er und sah dabei zu wie sie die Blätter auf den Schreibtisch legte. „Es ist toll, dass du alles wie immer im Griff hast."

Sie war blass und sah furchtbar erschöpft aus. „Wann hast du das letzte Mal geschlafen?" hakte er nach und sie funkelte ihn an. „Draco, fang jetzt ja nicht an wie Theo oder ich verfluche dich auf Teufel komm raus." „Das ist mein ernst." warf er ein. „Du siehst furchtbar aus." „Dankeschön." sagte sie höhnisch. „Das war genau das was ich gebraucht habe." Sie war gereizt und überspannt. Sie band die Blätter zusammen und steckte sie in ein großes Kuvert. „Denkst du nicht, du kannst ein paar Tage von deiner Arbeit freinehmen?" schlug er vor und ihre Stimme klang abwesend. „Die Zeitschrift muss pünktlich rauskommen." „Fabian und Sarah schaffen den Rest bestimmt auch alleine." erwiderte er und musterte sie besorgt. „Astoria, dein Vater ist gestorben." Sie versteifte sich augenblicklich. „Jeder hat dafür Verständnis, wenn du das nicht schaffst und Ruhe brauchst." „Ich brauche aber keine Ruhe." fuhr sie ihn an und wandte sich zu ihm um. „Und ich möchte, dass du jetzt gehst. Augenblicklich." Seine Stimme war ruhig „Nein." Sie ging auf ihn zu. „Draco, geh einfach und lass mich zufrieden."

„Das werde ich nicht tun." wiederholte er sich und sie zuckte zusammen und wollte vor ihm zurückweichen, als er ihr Gesicht sanft umfasste. Er ließ sie aber nicht „Dein Vater ist tot und ich mache mir Sorgen um dich." Sie war ein emotionaler Mensch. Damals bei diesem Verhängnisvollen Streit, hatte sie völlig die Fassung verloren. Hatte geschrien und geweint und ihn damit verrückt gemacht. Er hatte es nicht ertragen. Konnte damit nicht umgehen. Und jetzt schien sie keine einzige Emotion zuzulassen, die in diese Richtung ging. „Es ist in Ordnung, wenn du fühlst." sagte er leise und strich sanft mit seinen Daumen über ihre Wangen, während seine Hände immer noch ihr Gesicht umfassten. Sie blinzelte und strich dann entschieden seine Hände weg „Lass mich." verlangte sie erstickt und wollte gehen, doch er zog sie zurück. Zog sie fest an sich. Sie versuchte ihn wegzuschieben. Er dachte nicht nach, als er sie küsste. Tat es einfach und sie löste sich schwer von ihm. Ihre Stimme zitterte „Tu das nicht, Draco." Er küsste sie erneut „Nicht..." wimmerte sie schwach gegen seine Lippen. „Hör auf, ich kann das nicht..."

Sie will nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt