Schmerzhafte Erinnerungen (Teil 3)

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Der Sturz war viel tiefer als erstmals erwartet. Im Freien Fall sah Mayla wie der Boden immer näher kam und wartete auf den schmerzhaften Aufprall auf der steinigen Erde. Aber sie viel nicht. Sie war in der Luft doch stürzte sie nicht auf den Boden, sie spürte einen leichten Schmerz an ihren Schultern.
>Zero...< flog es ihr wie ein Windstoß durch ihre Gedanken. Der Falke hatte sie mit seinen Pranken an den Schultern gepackt und versuchte sie mit einigen kräftigen Flügelschlägen in der Luft zu halten. Doch das Mädchen war zu schwer für den jungen Vogel. Taumelnd sank er immer weiter zu Boden und stürzte mit einem harten Aufschlag in dem trockenen Sand. Mayla schlug mit ihren Knien zuerst auf und rollte auf der Seite ab, bis sie zum Liegen kam und sich das Bein vor Schmerzen hielt.
Ein paar Meter vor ihnen siegte die Schwerkraft jetzt auch bei dem Kohlewagen, hob ihn von den Schienen ab und er viel, prallte neben dem blauen Waggon auf und verursachte ein weiteres kleines Beben. Sie waren direkt davor, Zero lag regungslos auf dem Boden und als das schwere Eisen den Boden berührte rollte eine Welle von schwarzen Steinen auf sie zu und verteilte sich über eine riesige Fläche.
Eine Wand von Kohlenasche bildete sich und erfasste die beiden als eine schwarze Böe eines Orkans. Das Resultat war nicht zu übersehen. Eine Schicht von der Asche bedeckte das Mädchen und das helle grüne Kleid wirkte jetzt ganz und gar dunkel grün wie eine Tanne. Als sie sich halbwegs erholt hatte sah sie den Falken, der sich noch immer nicht bewegte. Schnell kroch sie zu ihm hinüber und nahm ihn in den Arm, sie rüttelt ihn und streichelte über sein Federkleid, keine Reaktion, nur langsame Atemzüge, die seinen Bauch auf und ab gleiten ließen. Langsam blinzelte er und öffnete seine Augen, die im Licht anfingen zu glänzen. Ein leiser Krächzer fuhr in Maylas Ohren und Zero rappelte sich auf und schüttelte sein Gefieder aus. Doch er schrie einmal auf mit einem schallenden Geräusch. Er schien große Schmerzen zu haben. Beim Aufprall auf den harten Boden war er auf seinen Flügel gefallen. Ein Vogel mit gebrochenem Flügel konnte aber nicht fliegen und so hüpfte er hilflos auf der Erde umher während er immer wieder versuchte abzuheben. Er war ziemlich verwirrt.
Mayla dachte lange darüber nach wie sie nun ihre Reise fortsetzen sollte, sie konnte den Falken ja nicht die ganze Zeit tragen und jagen konnte er auch nicht mehr, um ihnen etwas zu Essen zu beschaffen. Nach langen Minuten gab es nur eine Möglichkeit, den Flügel Schienen und hoffen, dass er mit der Schiene wieder fliegen kann.
Was ihr komischerweise gar nicht durch den Kopf ging war, dass der Zug ja vielleicht einen Fahrer gehabt haben könnte, der ihr hätte helfen können in die Stadt zu kommen.
Und so lief sie mit Zero im Arm auf den Wald zu, der in weiter Entfernung erschienen war und ließ das Chaos, das sich Zugunglück nannte hinter sich.
Das dichte Gesträuch des dunklen Waldes verängstigte Mayla zutiefst, doch einen anderen Weg gab es nicht. Der schmale Pfad, den sie sich durch die Bäume bahnte führte geradewegs in die Dunkelheit. Von einer Esche brach sie zwei halbwegs gerade Äste ab. Als Strick benutzte sie drei lange Farne, die sie am Waldboden von ihrer Wurzel Abriss, dann verließ sie das dunkle Dickicht und hockte sich am Waldrand auf den Boden. Links und rechts des Flügels schnürte sie jeweils einen Stock mit den Farnen fest, sodass er durch sie stabilisiert wurde. Doch das war noch nicht alles. Kurzerhand entschloss sie sich dazu nochmal in den Wald zu gehen, um nach etwas zu Essen zu suchen, denn mit der Schiene hatten sie nur das eine Problem gelöst. Im Sturzflug würde Zero mit der Verletzung ganz sicher nicht fliegen können und den bräuchte er um zu jagen. Die Stacheln vieler wilder Brombeersträucher kratzen ihr an den Armen und doch trugen sie viele große und schwarze Beeren an ihren Zweigen. Mayla pflückte sie einzeln ab und sammelte sie in ihrer Kleiderschürze, dann kehrte sie zu ihrem Freund zurück.
Der Falke als Raubvogel ernährt sich normalerweise nicht von Früchten und Beeren, aber wenn es zum Überleben notwendig ist, muss man auch mal mit etwas anderem Vorlieb nehmen. Nachdem sie die Beeren gegessen und ihren Hunger damit gestillt hatten machten sie sich wieder auf den Weg.
Sie liefen an dem Zug vorbei und wieder am Gleis entlang. Nach einigen Kilometern war es nämlich auch dem Erdbeben zum Opfer gefallen und wurde an einer von Trümmern versperren Stelle unterbrochen. Auch Zero musste jetzt die Funktionen seiner Füße austesten, die ihn lange nicht so gut trugen wie die von Mayla oder seine Flügel. Und so ging die Reise nur noch schleppend voran, während sie auch noch nach einem kleinen Gewässer ausschau hielten, denn etwas zu Trinken brauchten sie ja auch. Es vergingen viele Stunden, bis sich plötzlich eine Silhouette eines Wohnortes am Horizont zu erkennen gab, zu der Zeit, als schon die Sonne am Horizont mit einem roten Leuchten zu erkennen gab. Über den Dächern der Häuser funkelten, blinken und leuchteten rote und blaue Lichter und im Hintergrund war das leise Schnallen von Sirenen zu hören. Da wusste Mayla genau, dass sie endlich bei einer Stadt angekommen war und ein sanftes, kleines Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus während sie Hoffnungsvoll zu Zero hinuntersah, der zu ihren Füßen lief und krächtzte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 11 ⏰

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