Kapitel 9: Die Fremde neben mir

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Skyler:

Ich hatte meine müden Augen immer noch auf die spärlich beleuchtete Straße gerichtet und zwang sie dazu, der Müdigkeit, die langsam über mich kam, zu widerstehen und offen zu bleiben. Zur Ablenkung schaute ich auf das Navi, in dass ich unser Ziel eingegeben hatte und stöhnte auf, laut dem Ding müssten wir noch ein paar Kilometer fahren, aber immerhin musste ich nur noch eine halbe Stunde aufbleiben, um endlich zu Nate zu gelangen.

Nate war der erste Mensch, den ich hier kennengelernt hatte und dazu noch mein bester Kumpel. Er hatte auch für Spider gearbeitet, bis ihn die Umstände und die Bezahlung genervt hatten und er gekündigt hatte. Er war zwar nur ein Kleinkrimineller, aber er verstand sein Handwerk so gut, dass er ein riesiges Haus außerhalb der Grenze besitzt und ebenfalls einen riesigen Hangar, in dem wir schlafen könnten. Hmm, vielleicht sollte ich Elena die frohen Neuigkeiten erzählen, dann wäre sie bestimmt nicht mehr grummelig drauf. Aber ein Blick auf den Beifahrersitz erklärte mir, warum Elena in der letzten Stunde keinen Ton von sich gegeben hatte.

Sie schlief, ihre Jeansjacke um sich geschlungen, ganz friedlich auf dem Beifahrersitz und hatte ihre Augen geschlossen. Ich seufzte sehnsüchtig, wie gerne würde ich jetzt schlafen... Heute war ein anstrengender Tag gewesen. Als erstes diese Flucht, dann die lange Fahrt um die Gassen, bis wir schließlich abends, als ihre Mutter schon schlief, ihre Sachen holten und in Richtung Nates Haus weiterfuhren.

Sicher, hatte ich den Schmerz in Elenas Augen gesehen, als sie ein letztes Mal auf ihr Haus zurück geschaut hatte und dann wortlos in den Wagen gestiegen war. Ich konnte sie sehr gut verstehen, das war ihre erste Flucht... und die erste war immer die härteste. Man musste gegen Sehnsucht und schöne Erinnerungen ankämpfen, bis man eines Tages nur noch die schöne Zukunft sah, die vor einem liegen würde, wenn man die Stadt verließ. Ich hatte mittlerweile die Angewohnheit, keinen so nah an mich heranzulassen, ihn nicht zu sehr an mein Herz wachsen lassen, damit ich ihm hinterher trauerte.

Ich würde Beth nicht vermissen, erst recht nicht meine jetzige Klasse und ich war erst seit ein paar Monaten in dieser Stadt gewesen. Ich schaute wieder auf das Navi, was mir riet, in der nächsten Biegung die Rechtskurve in die Baker Street zu nehmen und ich befolgte den Rat. In der Dunkelheit nahm ich die vielen Getreidefelder wahr, an den ich vorbeisauste. Ich näherte mich langsam Nates Bauernhof. Ja, ihr hattet richtig gehört, Mister musste wirklich einen auf Lucky Luke machen... Nate war ein großer Fan von Country Musik, Westernfilmen und wer hätte es gedacht, jap, er war auf einem Bauernhof aufgewachsen. Also war mein bester Kumpel ein ausgemachter Cowboy und das kam mir nicht ungelegen, denn besagter Hangar war eigentlich nur ein Stall, aber dieser Hof lag so außerhalb der Stadt, dass die Polizisten nicht im Traum darauf kommen könnten, uns hier zu suchen.

Ich parkte in Einfahrt, wo schon ein Huhn auf das Auto sprang und mir ein erschrockener Schrei entfuhr. Dieser weckte Elena anscheinend auf, denn sie flüsterte, noch im Halbschlaf: „Was?" Dann schaute sie ungläubig auf, schaute sich um, bis sie das Huhn erkannte und in lautes Lachen ausbrach. „Wer hätte das gedacht, Skyler Claring hat Angst vor Hühnern! Jetzt wissen wir schon mal, dass wir in Zukunft keine Chicken Wings essen!" Ich schaute sie empört an. „Das ist nicht lustig, ich hab mich nur erschrocken!" „Vor einem Huhn!" Wiederholte Elena noch einmal und kicherte weiter, woraufhin ich nur die Arme verschränkte und grummelte: „Freut mich, dass ich dich so angenehm erheitern und aufwecken konnte." „ Gott, mach kein Drama daraus, Skyler! Wo sind wir hier überhaupt, dass uns ein Huhn auf das Auto springen kann?"

Ich öffnete die Tür und stieg mit ihr aus, um den Kofferraum zu öffnen und gab Elena ihren Rucksack. „Bei einem Kumpel von mir, er besitzt diesen Bauernhof und ich habe einen Übernachtungsplatz und eine kurzfristige Unterkunft für uns herausschlagen können." Ich warf meinen Rucksack über die Schultern und Elena stapfte neben mir her. Wir liefen an der Scheune, wovor wir geparkt hatten, zu dem nebenan liegenden Haus, in dem Nate wohnte. „Warte mal, kurzfristig... wohin willst du denn danach hin?"

Autumn Runaways (Alte Version) (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt