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Nachdem ich einen Abstecher nach Hause gemacht hatte, um mir neue, trockene Sachen anzuziehen, beschloss ich, nicht den gleichen Fehler noch einmal zu begehen und dem äußerst hässlichen Regenponcho meines Vaters eine letzte Chance zu geben, da kein anderes meiner Kleidungsstücke dem Regen draußen gewachsen war.

Der Poncho war nicht wirklich hässlich, aber ich hätte mich damit ohne Probleme irgendwo ins Dickicht werfen können und wäre über Tage keinem Menschen aufgefallen.

Jedenfalls schlüpfte ich unter den zeltgroßen Regenschutz und fühlte mich sofort so, als hätte ich mir eine Mülltüte übergestülpt. Leider war diese unästhetische Plane die einzige Möglichkeit, nicht von den Bächen, die vom Himmel fielen, durchnässt zu werden und dadurch meine größte Chance, eine Lungenentzündung zu umgehen.

Ich schnappte mir das Skateboard meines Bruders und schloss die Wohnungstür hinter mir ab. Mit meinem Hintern auf dem Treppengeländer platziert, rutschte ich die zwei Stockwerke bis nach unten und trat dann nach draußen in den Regen, der bisher noch immer nicht nachgelassen hatte.

Auf dem Weg nach Hause hatte ich kurz mit Kun telefoniert, der mir die Adresse unten am Hafen genannt und mich dazu aufgefordert hatte, möglichst bald dort aufzuschlagen. Also stieg ich auf das Skateboard und rollte Richtung San Pedro.

Es war eine rutschige Partie, da die Straßen durch das Wasser verdammt nass und glitschig geworden waren, jedoch schaffte ich es ohne Stürze und Verletzungen zur nächsten Bushaltestellte.

Ich hatte recht schnell festgestellt, dass ich mit dem Skateboard nicht bis ans andere Ende der Stadt fahren konnte; bei dem Verkehr und dieser Wetterlage glich dieses Vorhaben reinem Selbstmord und ich hing an meinem Leben.

Mit dem Bus war ich zwar langsamer unterwegs als mit dem Board, jedoch war es um Längen sicherer und auch bequemer, da keine Wassermassen auf mich niederprasselten und die Kälte des Fahrtwinds nicht bis zu meinen Knochen durchdrang und mich damit in das menschliche Abbild eines Zitteraals verwandelte.  

Mit Müh und Not erreichte ich eine gute Stunde später mein Ziel und erkannte bereits an den zahlreichen Absperrbändern, wo genau ich hinmusste. Es war nicht weit entfernt von der USS Iowa, einem alten Kriegsschiff, das als Museum im Hafen lag und mit seiner Geschichte zahlreiche Touristen anlockte.

Heute war jedoch keine Menschenseele am Hafen unterwegs, was vermutlich zum einen am Wetter lag und zum anderen an den gelben Absperrbändern, die das Gebiet großflächig für die normalen Passanten nicht betretbar machten.

Ich schritt auf die Absperrung zu und wollte gerade darunter durchschlüpfen, als mich ein stämmiger Mann in Uniform mit seinem massiven Arm von meinem Vorhaben abhielt.

Er trug wie ich einen Regenponcho, nur sah seiner weniger nach Armee-Kriechübung aus, sondern mehr nach einem gelben Quietscheentchen in der Badewanne meiner Grandma.

»Halt! Sie betreten gerade einen Tatort. Ich muss Sie freundlichst darauf hinweisen, dass Ihnen der Zutritt hierzu nicht gestattet ist«, sagte er mit grimmiger Miene. Jetzt verstand ich, warum Polizeibeamte immer als unhöflich und unfreundlich beschrieben wurden.

War ich auch so wie? Ich hoffte, dass die Antwort auf diese Frage ein Nein war, denn ansonsten musste ich mir wirklich Gedanken um meine Ausstrahlung und meine Interaktion mit menschlichen Individuen machen.

Ich seufzte innerlich und zog einen Arm aus dem Ärmel des Ponchos, um in meiner Jacke darunter nach meiner Marke zu kramen. Als ich sie endlich zu fassen bekommen hatte, fuhr ich den Arm wieder aus und streckte dem unfreundlichen Polizisten diese entgegen.

»Officer Kasey McMillen. Downtown Community Police Station«, rasselte ich schnell herunter und tauchte dann unter dem Arm des Officer hindurch. Dieser ließ mich wortlos passieren und nahm seine Position als Wächter des Flatterbandes wieder ein.

Kasey McMillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt