Am Leid zerbrochen

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Leise weinte ich, während ich meine Hemdchen zusammenfaltete und ordentlich in den Schrank einsortierte. Wenn mein Vater gemerkt hätte, dass ich wieder Fisimatenten machte, hätte er vielleicht sogar mich kopfüber aus dem Fenster geschmissen.
An einem Tag hätte er mich wahrlich bald umgebracht. Ausprobiert hatte er, wie weit er gehen konnte. Kopfüber ließ er mich aus dem Fenster baumeln. Hielt mich an den Füßen fest und ich glaubte, es würde mir die Hose von den Unterschenkeln reißen. Gedanklich segelte ich kopfüber aus dem dritten Stockwerk. Mein Schädel zerschellte auf dem Asphalt. Das bildhafte Knacken und Bersten meiner Knochen ließ mich schließlich fünf Meter in die Tiefe kotzen und ich glaubte an meinen Essensresten, die mir in der Kehle hingen, ersticken zu müssen. Bis ich wohl ohnmächtig geworden sein musste, weil mir das Blut viel zu schnell in den Kopf geschossen war, beendete mein Vater sein mieses Spiel. Als ich zu mir kam, lag ich auf dem Bett und auf meiner Stirn klebte ein kalter Waschlappen. „Mit dir ist nichts los. Aber auch gar nichts. Da wird dir schon schlecht, wenn man dich mal ein wenig zum Lüften aus dem Fenster hängt. Mensch, das hat mein Vater mit uns Kindern täglich gemacht. Wir fanden Gefallen daran. Waren nicht so eine Trauerweide wie du."

Natürlich hatte ich es nicht geschafft, das Zimmer innerhalb einer Stunde in Ordnung zu bringen. Mein Vater zog mich an den Ohren zwischen dem Chaos hervor und schleifte mich aus dem Kinderzimmer. Zog mich brutal längs des Flures hinüber zum Wohnzimmer. „Aua, aua", brüllte ich. „Ich gebe dir gleich Aua", äffte er herzlos. „Los, zieh dich aus", befahl er. Ich wusste genau, was kommen würde. Ausziehen sollte ich mich bis auf die Unterhose und dann ging es ab auf den Balkon. Dort würde mein Vater mich zur Schau stellen. Für die Belustigung unserer Nachbarn. Die fanden regelmäßig Gefallen daran, wenn mein Vater mich in aller Öffentlichkeit schikanierte. Dazu brauchte er eine Flasche Bier, manchmal auch zwei oder drei, damit er richtig in Fahrt kam. Meist hatte er immer dieselben Spielchen auf Lager, weil ihm nichts Anderes mehr einfiel und das wurde mit der Zeit langweilig. Ideen mussten her. Ideen, mich in aller Öffentlichkeit bloßzustellen. „Vielleicht fragen wir zur Abwechslung mal die Nachbarn, was die mit solch einem Rotzbengel wie dir anstellen würden, nicht wahr?" Mein Vater nahm die Rolle des Sadisten unheimlich ernst. In meiner Bestrafung, Demütigung und den emotionalen Herablassungen ging er auf wie ein Hefekuchen. Fand seine innere Befriedigung an meinem Leid.
„So, und zur Feier des Tages ziehst du die Unterhose heute mal aus", dirigierte er. Hochrot lief ich an. Peinlich war es mir, mich vor ihm auszuziehen. Dass ich zögerte, mit mir haderte, merkte er gleich. „Los mach schon, Bürschchen." Hastig griff er an meine Jeanshose. Riss sie von den Hüften, ohne den Gürtel zu lockern oder den obersten Knopf zu lösen. Schmerz durchfuhr meine Glieder. Die Hoden waren mir bei der Aktion eingeklemmt worden. „Du tust mir weh", jammerte ich.
„Das ist auch Sinn der Sache, Freundchen", erwiderte er mit entsetzlich weit aufgerissenen Augen. Der Hass sprach aus ihnen. Eingeschüchtert überkreuzte ich die Oberschenkel. Mein Vater sollte mein Geschlechtsteil nicht sehen.
„Noch kein Haar am Sack, aber im Puff drängeln, das sind mir die Liebsten", krakeelte er.
Seine Witze verstand ich nicht. Nicht mit zwölf Jahren. „Du hast noch nicht mal ein einziges Schamhaar an deinem Pimmel", moserte er.
„Hast du überhaupt schon mal einen Samenerguss gehabt?" Ängstlich nickte ich. Ich wollte nicht beständig als der Loser dastehen, obwohl ich noch keinen Samenerguss gehabt hatte. Mir war gar nicht wirklich bewusst, was es bedeutete, einen Samenerguss erlebt zu haben. „Ja, ja", stotterte ich. Mit einem Ja zu antworten, schien mir die sinnvollere Alternative zu sein als mit einem Nein.
Verwirrt war ich.
Verängstigt und eingeschüchtert. „Dann zeig mal her deinen Pimmelmann. Wie klein ist denn der? Damit kannst du höchstens Mäuse, Hühner und Ratten ficken, aber doch kein Mädchen", schimpfte mein Vater ungehalten. Aus lauter Angst vor seinen emotionalen Demütigungen pinkelte ich mir zwischen die Beine. Goldgelber, warmer Urin sickerte an den Innenseiten meiner Schenkel. Welch unangenehmes Gefühl. Wie gern hätte ich mich auf der Stelle unsichtbar gemacht. Gemächlich tropfte mein Pipi auf den Teppichboden unseres Wohnzimmers. Direkt unter mir war da plötzlich diese Urinlache. Eine richtig große Pfütze, in der ich fassungslos verharrte.
Entsetzt starrte mein Vater auf das Malheur. „Ich mache es weg", haspelte ich aufgebracht. Meine Knie presste ich zusammen, so fest es ging und versuchte verbissen, den restlichen Urinstrahl zu unterdrücken. Wollte ihn aufhalten, doch ich war machtlos. Scheiterte gegen meine fürchterliche Angst und auch der letzte Milliliter Urin in meiner Blase bahnte sich den Weg nach draußen. Entleerte sich unaufhaltsam auf dem guten Teppich. 

 

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⏰ Last updated: Jan 09, 2020 ⏰

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