30 - Ist es nicht gut, ist es nicht das Ende

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„Okay, wenn du das nicht merkst, ist es ein gutes Zeichen. Dann kann es ja gar nicht so viel sein. Aber du hast etwas Blut im Schritt." Mein Blick geht nach unten und tatsächlich. Nicht viel, aber etwas. „Scheiße, Phil, was ist, wenn etwas mit den Kindern ist?", frage ich panisch und kämpfe erneut mit den Tränen. „Schatz, beruhige dich. Es wird nichts schlimmes sein. Du wirst gleich mal untersucht. Keine Panik." Jedoch hört sich Phil nicht so entspannt an, wie er es wohl gern würde. Sichtlich ringt er nach Fassung. Da kommt auch schon Schwester Mira ins Zimmer gerannt. „Was ist denn hier los?", fragt diese etwas aufgeregt. „Sofia hat leichte Blutungen", bringt Phil sie auf den Stand der Dinge. Sofort verschwindet Mira und kommt mit einem Rollstuhl wieder, in den ich mich setze. Phil nimmt meine Hand und begleitet uns auf die gynäkologische Station.

Minute um Minute verstreicht, in der Phil und ich immer nervöser werden. Die Ärztin, die mich untersucht, kennen wir beide nicht. Neben ihr ist auch Linda mit im Behandlungszimmer, die jedoch weniger eine Hilfe für die Ärztin ist. Denn auch sie scheint gerade etwas nervös. „Sag mal, was hast du eigentlich gemacht? Hab schon gehört, dass du hier bist", fragt sie nun Phil, um uns auf etwas andere Gedanken zu bringen. Er zuckt mit den Schultern. „Ich bin zu Hause zusammengebrochen. Warum auch immer. Die Ergebnisse stehen noch aus. Aber interessant, wie schnell das hier die Runde macht." Linda schnaubt. „Warum auch immer? Ich bin keine Ärztin, aber ich riskiere es mal und stelle dem Arzt eine Verdachtsdiagnose: Überarbeitung." „Das kam mir auch schon in den Sinn", gebe ich zu. „Ach, Sie sind Arzt?", schaltet sich die Frauenärztin zu. „Ja, Notarzt und Anästhesist. Ich arbeite ab und an mal hier in der Notaufnahme." „Ab und an", äfft Linda ihn leise nach. „Aber können Sie jetzt sagen, was mit meiner Freundin und unseren Kinder ist?", drängt er nun fordernd. „Ja, das kann ich. Also vorab: machen sie sich keine Gedanken, den Kindern geht es blendend. Die Blutung war auch überhaupt nicht stark und hat schon längst wieder aufgehört. Ich gehe von einer eher äußeren Verletzung aus. Sehen konnte ich jedoch nichts mehr. Da das Gewebe dort, vor allem jetzt in der Schwangerschaft, sehr gut durchblutet ist, kommt es schnell zu kleinen blutenden Wunden. Trotzdem würde ich Ihnen raten, sich zu schonen. Mehrlingsschwangerschaften neigen schnell zu Frühgeburten. Aber das muss ich hier ja wahrscheinlich nicht sagen, sicherlich kennt Ihr Freund sich damit auch etwas aus."(*) Phil und mir ist wahrscheinlich anzusehen, wie die ganze Anspannung von uns abfällt. „Vielen Dank für die schnelle Hilfe", bedankt sich Phil und befreit meinen Bauch noch vom restlichen Kontaktgel, welches noch immer auf meiner Haut war. „Das ist selbstverständlich, dafür bin ich da. Wissen sie denn schon, welche Geschlechter es werden?", fragt sie interessiert. „Nein, bis jetzt lagen sie so, dass man es nicht sehen konnte", antworte ich und habe die Hoffnung, dass sie uns das jetzt mitteilen kann. „Ja, das habe ich gerade auch gesehen. Anscheinend finden die beiden diese Position aber gemütlich." Lachend hat sie meine kurze Hoffnung zerplatzen lasse. Na ja, dann lassen wir uns eben überraschen.

Zurück auf Phils Zimmer legen wir uns in sein Bett und kuscheln etwas. Die kleinen Blutflecken sieht man nicht, wenn ich nicht gerade ungünstig sitze. Auch wenn es nach mehr Blut geklungen hat, als es eigentlich ist. Immerhin sieht man sofort wortwörtlich rot, wenn auch nur die kleinste Menge an Blut an Stellen auftritt, an denen es eigentlich momentan nichts zu suchen hat.

„Ich muss mich auch noch bei dir entschuldigen", durchbricht Phil die kurze Stille. „Ich habe vor, nach der Geburt Urlaub zu nehmen. Und damit -" Ich unterbreche Phil: „Wegen des Geldes hast du dann Schicht um Schicht geschoben, damit wir ohne dein regelmäßiges Gehalt auskommen. Franco hat mir das schon gesagt. Und ich will es nicht nochmal von dir hören, sonst steigt mein schlechtes Gewissen nur noch mehr. Ich habe dich falsch behandelt und dir Sachen angehängt, die vorne und hinten nicht stimmen. Das tut mir unendlich leid." „Ach Süße, ist schon gut. Ich nehme es dir nicht übel. Aber damit du es weißt: ich würde dich niemals anlügen." Er zieht mich näher zu sich ran und gibt mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Kaum konnten wir diesen vertiefen, werden wir von einem Klopfen unterbrochen, keine Sekunde später wird die Tür geöffnet. „Ups, tut mir leid", ertönt Charlottes Stimme leicht belustigt. „Nichts passiert. Hast du die Ergebnisse?", erwidert Phil und setzt sich auf. „Ja, das habe ich, Herr Doktor. Die Diagnose ist eindeutig: Überanstrengung. Gut, so eindeutig ist sie nun vielleicht gar nicht, aber alles lässt darauf schließen. Außerdem hat keine Untersuchung etwas anderes ergeben. Du bist für die nächsten zwei Tage noch krankgeschrieben, darfst jetzt aber nach Hause. Danach möchte ich dich bitte nicht wieder so häufig hier sehen. Und Sofia, ist bei dir alles okay? Ich habe gehört, du warst gerade auf der Gyn?" „Also hier erreicht ja auch alles jeden wie ein Lauffeuer. Aber ja, es ist alles gut. Nur eine kleine Verletzung die geblutet hat." Charlotte atmet hörbar auf. „Was soll das heißen, du willst mich hier nicht mehr so oft sehen? Magst du mich etwa nicht?", angriffslustig und mit einem Schmunzeln auf den Lippen springt Phil aus dem Bett. „Oh, jetzt wird er sauer. Sofia, ich überlasse ihn ganz schnell in deine Obhut. Aber noch kurz, ich meinte damit einfach, dass du einen Gang herunterschalten solltest." Da war sie dann auch schon wieder weg.


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*Ich muss ehrlich sagen: Ich habe ehrlich keine Ahnung, ob das so wirklich sein kann. Jedoch habe ich länger recherchiert und etwas in dieser Art gefunden, dass so etwas passieren kann. Auch wenn ich mir unsicher bin, wollte ich die Idee mit den Blutungen nicht auslassen. Also hoffe ich, dass es euch nicht stört, wenn das jetzt nicht ganz der Realität entsprechen sollte. Ich bin keine Ärztin :) (Oh Wunder)



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