Jeanne'
Ich binde mir meine Haare zu einem wilden Zopf zusammen. Im Großen und Ganzen bin ich heute deutlich legerer unterwegs als sonst. Eine dünne schwarze Strumpfhose bedeckt meine Beine, während der Rest meines Körpers von einem schwarzen Oversize-Shirt verhüllt wird. Ein paar silberne Kreolen dazu, dunkelroter Lippenstift und fertig. Das ist mein heutiger Look. Hoffentlich erkennt ein gewisser Herr meine Anwesenheit an.Etwas träge und unmotiviert verlasse ich das stinkende Klo, um mich geradewegs zur Bar durchzuschlagen. Doch etwas an meinem Arm hält mich zurück.
»Wohin des Weges, dunkle Schönheit?«
Automatisch verdrehe ich die Augen, kann mein Lächeln allerdings nicht verbergen.
Der verruchte Unterton in Blaines Stimme verrät mir, dass er eindeutig zu schätzen weiß, dass ich seiner Aufforderung vom heutigen Nachmittag nachgekommen bin.»Also, was ist dein Plan?«, frage ich mit dem immer stärker werdenden Drang, endlich etwas Hochprozentiges meinen Rachen runterzukippen. Nach kurzer Überlegung und einem Blick an mir herunter verkündet Blaine, dass er uns etwas zu Trinken holt und ich in der Zeit ein ruhiges Plätzchen suchen soll.
Wenig später befinde ich mich schließlich in der Ecke eines anderen Raumes mit mehreren Sitzgelegenheiten. Die sonst laute Musik gleicht hier einem Flüstern. Nur die Vibration des Basses ist und bleibt allgegenwärtig. Mein Körper sinkt auf das rote Leder. Kurz darauf lasse ich meinen Rücken gegen die bemalte Wand fallen.
Abwartend mustere ich die Mitanwesenden in diesem Raum. Etwas weiter links von mir sitzt eine kleine gemischte Gruppe, welche sich angeregt unterhält. Vermutlich über äußerst belanglose Dinge, denn mit 'angeregt' meine ich - sie tippen wild auf ihren Handys rum, während einer spricht. Etwas amüsierter, aber immer noch deutlich zu nüchtern, lasse ich meinen Blick weiter schweifen.
Schräg gegenüber von mir sitzt ein Mädchen mit dem Kopf gegen die Wand gelehnt. Ihre Augen sind halboffen. Genauso wie ihr Mund.»Danke übrigens für die Flasche Whisky.«
Etwas Großes drängt sich mir in die Sicht, weshalb ich mich von dem Mädchen abwenden muss. Blaine setzt sich zu mir auf das knatschende Leder und lehnt sich gegen die Wand hinter uns. Da ich in der Ecke sitze, drehe ich mich zu ihm und nehme dankbar mein Getränk entgegen. Endlich etwas Flüssiges für meinen trockenen Hals.»Wir hätten auch bei mir zu Hause trinken und rumsitzen können.« Bringe ich an. Auf den absichtlich vergessenen Whisky gehe ich dabei nicht weiter ein. Immerhin ist Blaine dafür verantwortlich, dass meine letzte Flasche frühzeitig ablebte. Er zündet sich eine Zigarette an und ignoriert meinen kleinen Hinweis genauso gekonnt. Gelangweilt stoße ich Luft aus, weshalb er mir einen mahnenden Blick zu wirft.
»Und wie geht es dir?«
Sein Blick ruht forschend auf mir. Sofort weiß ich, dass er wieder auf den Vorfall in der einen Nacht anspielt. Irgendwie scheint er einen Faible dafür zu haben, mir im Club die Stimmung zu vermiesen. Doch statt mich weiter über meine aufkommende schlechte Laune zu ärgern, gehe ich auf seinen kleinen Smalltalk ein.»Ganz gut, denke ich. Letztes Wochenende jedenfalls habe ich nach langer Zeit mal wieder was mitgehen lassen. Ich war höllisch betrunken, aber an Angstschübe kann ich mich nicht erinnern. Wobei ich fairerweise sagen muss, dass ich nichtmal weiß, ob ich was mit 'ner Frau oder 'nem Typen hatte. Die Wohnung in der ich aufgewacht bin, war jedenfalls sehr filigran eingerichtet. Und bei dir so?« Die überschwängliche Fröhlichkeit in meiner viel zu hohen Stimme, bringt mich währenddessen selbst auf die Palme. Interessiert mustere ich ihn, als er anfängt, breit zu grinsen und leicht den Kopf schüttelt. Definitiv nicht die gewünschte Reaktion, aber auch ganz okay.
»Klingt eher so, als wurdest du abgeschleppt.«
Ich zucke nur gleichgültig mit den Schultern, weshalb er mir schließlich auf meine Frage antwortet.
»Ein paar Nächte um die Ohren geschlagen. Hier und da mal was kurzes Unkompliziertes, aber nichts wirklich Befriedigendes.«
Er mustert das komatöse Mädchen gegenüber von uns.
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INSANITY - Dark Mind
Action»Dunkelheit ist nicht einfach da. Ihre Entstehung ist ein schleichender Prozess.« Blaine lebt sein Leben, als wäre es ein Spiel, in dem er nicht verlieren kann. Als wäre er unbesiegbar, streift er durch die Stadt, lässt dabei den ein oder anderen Au...