Auf den ersten Blick bestätigte sich mein Verdacht. Der schwarze Anzug, die dunklen Haare, die blauen Augen und das unwiderstehliche Lächeln. Wer hätte es auch sonst sein sollen. Warum hatte sich das Leben ausgerechnet in diesem Augenblick gegen mich gewandt? Es hatte doch alles so gut angefangen. Das durfte einfach nicht wahr sein!
Für eine Millisekunde verwandelte sich sein Lächeln in einen erschreckten Gesichtsausdruck, der eindeutig zeigte, dass er Dasselbe dachte wie ich. Doch nach einer Sekunde war das altbekannte Lächeln wiederhergestellt.
„Oh, was für eine Überraschung!" Das konnte er laut sagen.
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite." Diese Mal war ich ein wenig gefasster als auf der Silvesterparty. Ein schneller Blick auf das Namensschild, welches auf seinem Schreibtisch prangte und ich ergänzte zögernd: „Herr Kistner." Ich hätte schließlich schlecht Nicolas sagen können.
„Was soll das Natalie? Ich bin's, Nicolas? Oder hast du das etwa schon wieder vergessen?" Ich merkte, wie er leicht gekränkt wirkte. Um ein Lächeln bemüht, blickte ich zu Boden, in dem ich am liebsten versunken wäre. Gerne auch samt Nicolas. Nur bitte ohne Alina.
„Ihr kennt euch?" Alina wirkte beinahe glücklich bei dieser Feststellung.
„Äh, nein!", erwiderte ich sofort zu ihr gewandt.
Hinter mir hörte ich, wie Nicolas mir bestimmt wiedersprach: „Doch!" Klasse! Nun wussten alle Bescheid. „Wir kennen uns sogar sehr gut."
„Wie schön!", säuselte Alina. „Entschuldigt mich bitte, ich bin gleich wieder da." Mit diesen Worten hatte sie auch schon das Zimmer verlassen.
„Und ich muss auch dringend noch was erledigen." So weit ich mich erinnern kann, hatte ich das Büro meines Vorgesetzten noch nie so schnell verlassen.
Was sollte ich nur tun?
Im Gang hörte ich schon, wie die anderen tuschelten. Bestimmt hatten sie in diesem Moment die Neuigkeit des Tages erfahren. Die Neue hat was mit dem Chef. Super! Wie gut mein erster Arbeitstag doch anfing. Ich sah es schon vor mir, wie alle immer, wenn ich gute Ergebnisse liefern würde, dies auf meine angebliche Affäre mit Nicolas schieben würden. Was ich mir einbilden würde, was mit ihm angefangen zu haben. Konnte ich denn wissen, dass das mein zukünftiger Chef sein würde? So was hätte doch niemand geahnt. Die Arbeit war gestern echt kein Thema gewesen. Ich erinnerte mich daran, wie wir angestoßen und uns ein frohes, neues Jahr gewünscht hatten. Danach hatten wir uns geküsst, ganz still und heimlich auf dem Balkon, und hatten dem Feuerwerk zugesehen, wie Farbe für Farbe im Himmel aufgegangen war. Das alles sollte nun vorbei sein. Wenn ich hier weiterhin arbeiten wollte, konnte das zwischen uns auf gar keinen Fall weitergehen.
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Froher Neuanfang!
Short StoryWie froh Natalie ist, endlich ihren Ex und die alte, lästige Arbeitsstelle hinter sich gelassen zu haben. Endlich steht die langersehnte Silvesterparty ihrer besten Freundin Lucie vor der Tür. Noch ahnt sie nicht, dass sie dort jemandem begegnen wir...