Kapitel 5

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Jane wachte von einem wackelnden Bett auf und als sie die Augen öffnete, entdeckte sie ihren Bruder Frankie der am Fußende der Matratze saß. Mit jeder Sekunde, die sie wacher wurde, nahm sie das Gebrüll im Erdgeschoss wahr. Sie klopfte neben sich, rückte an die Wand und Frankie legte sich neben sie. „Wo ist Tommy?", fragte sie. Frankie zuckte mit den Schultern und erwiderte:„Schläft noch, denke ich." Keiner der beiden sprach ein Wort, dafür schaltete Jane ihren Fernseher an, um den Streit ihrer Eltern auszublenden. Immer öfters krabbelte ihr 14 Jahre alter Bruder zu ihr ins Bett, nur um diesen Alptraum zu entkommen. Tommy litt auch, doch er wollte das niemanden wissen lassen. Frankie liebte seine Schwester abgöttisch und sie war für ihn das beste Heilmittel, um dieser Misere zu entkommen. Jane nahm es ihm nicht übel und kümmerte sich gerne um ihn, sie war für ihn da, immerhin war sie die große Schwester. Nach einer Weile durchbrach Frankie die Stille und fragte: „Meinst du, sie hören auch mal auf zu streiten?" Jane blickte ihn nachdenklich an, sie wünschte sich nichts mehr als eine harmonische Atmosphäre zu Hause. Doch sie wusste die Chance darauf schwand jeden Tag mehr: „Ich weiß es nicht, Frankie. Ich hoffe es, aber wie viele Tage in der Woche kannst du zählen, in denen sie nicht streiten?" Er schüttelte den Kopf und starrte dann wieder den TV an, er hasste es darüber nachzudenken, wie sehr sich seine Eltern stritten. Eine halbe Stunde später, das Gebrüll immer noch deutlich im Haus zu hören, klopfte es an der Tür. Ein blonder Strubbelkopf schob sich durch die Tür und blickte Frankie und Jane traurig an. „Janie?", Tommys Stimme klang niedergeschlagen. „Komm her, T." Er kuschelte sich zwischen seine Geschwister und schloss die Augen. Er versuchte so den Streit seiner Eltern auszublenden. Jane musterte ihre Brüder und bekam Tränen in den Augen, wie gerne würde sie ihnen diesen Schmerz nehmen? Sie erhöhte die Lautstärke, legte die Arme um ihre Brüder und verweilte so mit ihnen. Als ihr Blick auf die Uhr an der Wand fiel, sprang sie aus dem Bett: „T! Frankie! Ihr müsst euch für die Schule fertig machen! Der Bus kommt in zwanzig Minuten! Scheiße!" Ihr selbst blieb nur noch eine Stunde, in der sie duschen und sich fertig machen musste, essen fiel wohl wieder flach. Außerdem holte sie heute Frost ab, das könnte alles verdammt knapp werden. Jane schob die Jungs in ihre Zimmer, damit sie sich umziehen konnten, schnappte ihre Rucksäcke und polterte die Treppen nach unten, in der Hoffnung ihre Eltern würden endlich verstummen. Erst als Jane die Taschen auf den Boden knallte und die Tür zur Küche aufriss, hörten sie auf. Sie blickten Jane schuldbewusst an, doch sagten nichts. Angela wandte sich eilig dem Frühstück zu und Frank Sr. verließ das Haus ohne ein weiteres Wort. Angela packte das Essen in die Taschen und schwieg noch immer, Jane konnte die getrockneten Tränen auf ihren Wangen sehen. Doch Angela wollte nicht darüber reden, erst Recht nicht mit ihrer Tochter. Da ihre Mutter nichts zu ihr sagen wollte, ging Jane wieder nach oben und stieg unter die Dusche. Das heiße Wasser prasselte an ihr hinunter und spülte die Sorgen der Familie Rizzoli hinfort. Länger als geplant, verweilte sie dort, bis sie merkte wie ihre Hände schrumpelig wurden. Sie wickelte ihre Haare in ein Handtuch, putzte die Zähne und schminkte sich. Ihre verletzte Hand desinfizierte sie schnell und wickelte dann den alten Verband darum. Ihre Ma hatte bei dem ganzen Stress vergessen neues Verbandszeug mitzubringen, also musste Jane damit vorlieb nehmen. Sie rubbelte ihre Haare trocken, was sie leider wild auf ihrem Kopf umher fliegen ließ. Jane band sie sich zu einem Zopf, zog sich ein Khakifarbenes Shirt über, dazu eine graue Skinny Jeans. Mit Rucksack, Lederjacke und Sonnenbrille bewaffnet, ging sie nach unten. Frankie und Tommy schienen es noch rechtzeitig geschafft zu haben, in der Küche saß nur noch ihre Mutter mit einem Brot für Jane. Jane nahm es sich, sowie einen Kaffee to go und drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Schläfe. Angela schaute hoch, drückte ihre Tochter kurz an sich und blickte dann wieder starr auf ihr Kreuzworträtsel. Ihre Kinder sollten sie nicht weinen sehen, sie hasste es mit ihrem Mann zu streiten, doch in letzter Zeit lag das an der Tagesordnung. Sie wusste wie sehr ihre Kinder darunter litten, aber Frank wurde immer aufbrausender, er war kaum zu beruhigen. Manchmal stritten sie auch nachts, wenn Frank angetrunken nach Hause kam und das Wohnzimmer halb auseinander nahm. Angela betete, ihre Kinder würden wenigstens davon nichts mitbekommen, immerhin schliefen sie zu dieser Uhrzeit. Doch Angelas Gebete reichten nicht, in diesen Nächten schlich Jane sich oft zu ihren Brüdern um beruhigend auf sie einzureden. Oftmals machte sie ihnen ein Hörspiel an, oder erzählte von ihrem Tag, nur damit sie sich nicht auf das Gebrüll konzentrieren konnten. Jane selbst litt auch darunter, doch für ihre Brüder wollte sie stark sein. Ihr wäre es am liebsten, ihre Eltern würden sich trennen. Seit mehr als einem halben Jahr stritten sie tagtäglich, mal mehr Mal weniger schlimm und es raubte ihr den Schlaf.

From Elephants and Tortoises (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt