Kapitel 9

1.2K 66 0
                                    

„Ian", Maura stand wie angewurzelt in der Tür, Scarlett quietschte erfreut auf. Ian schlang seine Arme um seine Frau, atmete ihr Shampoo ein, fasste ihr an den Hintern. Mattheo wandte sich aus Janes Armen heraus und blickte zu Scarlett und dann zu Maura. Ian hob seine Tochter nach oben als wäre sie nicht schon 6 Jahre alt und warf sie in die Luft. Lachend schlang sie ihre Arme um seinen Hals, Ian drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Danach küsste er seine Frau auf den Mund und blickte zu seinem Sohn. Mattheo stand noch immer wie angewurzelt neben dem Mädchen, welches er nicht kannte. Sie schaute ihn mit einem Blick an, den er selbst nicht deuten konnte. „Mattheo Baby. Komm zu Daddy!", versuchte es Ian nun, der einfach nur seinen Sohn im Arm halten wollte. Mattheo rührte sich nicht, sondern griff nach Janes Hand. Er versteckte sich hinter ihrem Bein und schielte zu seiner Mutter herüber. Maura dagegen hatte nur Augen für Jane, welche empört und verletzt zugleich aussah. Sie starrte Maura an, vorbei an Ian und Scarlett. Maura sah, wie sich ihr Kiefer verkrampfte, deutlicher aus dem Gesicht hervorstach. Ihr Gesicht wirkte mit einem Mal härter und kälter als jemals zuvor. Ian legte seinen Arm um Mauras Hüfte und zog sie an sich: „Wer ist das, Liebling?" Jane schaffte es sich zu sammeln, schob Mattheo ein Stück nach vorne und stellte sich gerad hin: „Sir, mein Name ist Jane Rizzoli. Ich bin das Kindermädchen." Ian musterte Jane, irgendetwas an ihr gefiel ihm nicht. Sie war hübsch, aber sie versteckte ihre Weiblichkeit zu sehr, jedenfalls würde es ihm besser gefallen, mehr von ihr zu sehen. Ihr roter Pullover zeigte kein Stückchen Haut und sie schien nicht geschminkt zu sein. „Ian. Ian Faulkner", erwiderter er und ging auf Jane zu, streckte ihr seine Hand entgegen und wartete ab. Für eine Sekunde schien es so als würde sie nicht nach seiner Hand greifen, doch nach einem kurzen Zögern schüttelte sie seine Hand. „Freut mich Sie kennenzulernen", Jane biss sich auf ihre Unterlippe, um nicht ihre wahren Gedanken preiszugeben. Maura wich ihrem Blick aus und Ian schien nichts davon mitzubekommen. Er kniete sich unterdessen auf den Boden, um mit seinem Sohn auf Augenhöhe zu sein: „Mattheo. Ich bin's. Komm zu Daddy." Ian breitete seine Arme aus und beobachtete seinen Sohn ganz genau. Mattheo blickte nicht ihn an, auch nicht seine Frau, sondern Jane. Er blickte ängstlich zu seinem Vater und versteckte sich nur noch mehr hinter Jane, letztendlich zupfte er an ihrem Pullover, um hochgenommen zu werden. Jane beugte sich zu ihm und nahm ihn in ihre Arme, Mattheo vergrub sein Gesicht in Janes schwarzen Locken. Verärgert schnaubte Ian auf und ging ohne ein weiteres Wort in die Küche. Alle folgten ihm, auch wenn Jane am liebsten verschwinden würde. Ian stand mit verschränkten Armen vor dem Kühlschrank, scannte den Inhalt und knallte ihn verärgert zu. Scarlett und Mattheo zuckten zusammen, auch Maura konnte es nicht unterdrücken zusammenzufahren. Jane behielt als Einzige die Nerven, Ian zeigte ähnliche Reaktionen wie ihr Vater, also warum sollte es sie erschüttern. „Kein Bier?! Nicht mal Wodka oder etwas anderes? Nur dein dummer Wein!", er redete nicht normal, nein er schrie. Mattheo fing an zu weinen und Scarlett lief zurück in den Flur die Treppen hinauf. Jane wiegte Mattheo auf ihrem Arm, damit er sich beruhigte, doch er wollte nicht aufhören zu weinen. „Jane. Kannst du die beiden bitte ins Bett bringen?", fragte Maura und Jane ahnte warum sie das tun sollte und verschwand ohne Widerrede. Diesen Stress hatte sie zu Hause schon genug, das brauchte sie nicht auch noch bei ihrer Arbeit. Auf der Treppe hörte sie Mauras wütende Stimme: „Was ist nur in dich gefahren? Du kannst doch nicht einfach so rumbrüllen und nach Alkohol verlangen? Und wieso zur Hölle tauchst du hier einfach auf, ohne dich vorher zu melden?! Ich habe fünf verdammte Monate nichts von dir gehört, außer drei Mails! Und jetzt kommst du hier hin und schreist rum? Erwartest, dass dein Sohn sich auf dich stürzt und alles ist wie vorher?" Stille. Jane horchte auf, Mattheo in ihren Armen längst eingedöst. „Sag mir nicht, was ich in meinem Haus zu tun und zu lassen habe! Ich komme dann wieder, wenn es mir passt und gerade war ein super Zeitpunkt..." Plötzlich wurden die Stimmen leiser, Ian schloss die Tür der Küche und zog seine Frau ins Wohnzimmer.
Jane seufzte auf und brachte Mattheo in sein Zimmer. Sie half ihm beim umziehen und Zähne putzen, las ihm eine Geschichte vor und knipste sein Nachtlicht ein. In Scarletts Zimmer herrschte vollkommene Dunkelheit, doch Jane hörte ihr Schluchzen aus der hintersten Ecke des Zimmers. „Scarlett. Hey", Jane strich ihr über den Rücken, kraulte sie eine Weile bis sie aufhörte zu weinen. „Warum hat Daddy geschrien?", fragte sie mit schniefender Nase. „Honey. Alles ist gut, dein Vater ist bestimmt nur erledigt von der Reise. Komm wir ziehen dich um und dann lese ich dir etwas vor, okay?", schlug sie beruhigend vor. Scarletts verweinte Augen suchten Janes Blick, sie nickte und kuschelte sich kurz an Jane, bevor sie aufstand und sich umzog. Jane musste zwei Kapitel vorlesen, damit Scarlett einschlief, ihre Gedanken schienen zu eingenommen von dem Auftritt ihrs Vaters. Mit hängenden Schultern verließ Jane das Zimmer und ging in ihr eigenes, um ihre Klamotten zu holen. Sie wollte nicht noch länger hier sein als nötig. Sie konnte nicht. Jane stand schon vor der Haustür, bereit zu gehen, als Maura hinter ihr auftauchte: „Jane? Wohin gehst du?" „Ich sollte gehen", Jane drehte sich nicht um, denn Maura sollte nicht ihre Tränen sehen. „Du musst nicht gehen Jane. Du bist hier immer Willkommen, das weißt du doch", sagte Maura und runzelte leicht die Stirn. „Ich möchte euch nicht stören, immerhin ist dein Mann wieder zu Hause. Ihr wollt bestimmt Zeit miteinander verbringen", Jane betonte diese Worte besonders stark und Maura konnte die Verletzung in Janes Stimme heraushören, es tat ihr unendlich leid. Maura setzte zu einer Antwort an, doch da tauchte Ian hinter ihr auf. „Jane hat Recht. Ich möchte meine Zeit ganz besonders mit dir nutzen...im Bett", er hauchte die letzten Worte, riss seine Frau an sich und küsste ihren Nacken. Jane durchfuhr ein Schauer, sie drehte sich schnell um und rannte nach Draußen, die Tränen liefen mittlerweile in Strömen an ihren Wangen hinunter. Sie hörte noch wie Maura nach ihr rief, doch da saß sie schon im Auto und drückte auf das Gaspedal. Jane wollte nur noch hier weg. Ihre Sicht vernebelt, Lichter zogen in Punkten an ihr vorbei, raste Jane los. Ohne Ziel, einfach nur raus aus der Stadt. Sie hielt an einem verlassen Parkplatz, der zu einem Hang führte, der einen Blick über die ganze Stadt beherbergte. Jane kollabiert mitten auf dem Rasen, die Tränen brannten mittlerweile auf ihrer Haut, ihr ganzer Körper zitterte. Sie hätte damit rechnen müssen, immerhin hatte Maura zwei Kinder. Und trotzdem erwischte es Jane ganz unerwartet, es erwischte sie auch unerwartet so einen Gefühlsausbruch zu haben. Sie mochte Maura, ja, aber nicht so, oder? Jane schlug mit ihrer Hand in den Boden, kleine Steine bohrten sich in ihre Haut, aber es war ihr egal. Ein kehliger Schrei entrann ihr, dann ebbte ihr Schluchzen langsam ab. Zwei Stunden später lag sie in ihrem Bett, ausgelaugt und verwirrt. Jane konnte ihren Ausbruch nicht deuten, sie konnte nichts mehr deuten. Was bedeutete das alles? Sie war zu schwach um weiter über Maura nachzudenken und textete Chloe.

From Elephants and Tortoises (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt