Erwachen

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Auch in Togra stieg das heiße Gefühl des Triumphes auf. Anerkennend hatte sie verfolgt wie der Zwerg Burod die Magier ausgeschaltet hatte. Es verblüffte die Gehörnte, dass auch sie, die sie im Zuge ihrer Ausbildung soviel über die Zwerge gelernt hatte, dazu neigte das kleinwüchsige Volk zu unterschätzen. Sie waren trotz ihrer schweren Knochen flink und wussten ihre geringe Körpergröße zu ihrem Vorteil zu nutzen.
Nun der die Schutzwälle der feindlichen Krieger gefallen waren, drängten Togra und die Jäger begegnete ihnen gegenüberstanden unaufhaltsam zurück. Die Reiterin der Gehörnten kam nicht umhin einen gewissen Respekt für die Anhänger Maranteras zu empfinden. Obwohl die Entscheidung über Sieg und Niederlage in dieser Schlacht längst gefallen war leisteten sie mit großer Tapferkeit weiterhin Widerstand. Sie waren würdige Gegner doch die Urgal hatte nicht vor sich den Sieg widerlegen zu lassen. Gerade stürmte ein weiterer Anhänger des dunklen Kultes auf sie zu und schlug mit seinem Speer nach ihr. Togra parierte den Schlag, drückte die Waffe des Angreifers mit ihrem eigenen Schwert zu Boden und griff nach der Schulter des Zwergs. Mühelos schleuderte sie ihn zurück in die Reihen seiner Kameraden und der Aufprall warf fünf weiterer Anhänger Maranteras zu Boden. Die Zwerge deren Togras seite kämpften ließ ihren Feinden keine Gelegenheit wieder auf die Beine zu kommen. Ihre Helebarden machten kurzen Prozess mit den feindlichen Knurlan.
Es erfüllte die Gehörnte mit stolz und Anerkennung das ihre Mitstreiter keine Gnade zeigten. Ein wahrer Krieger kannte nur Härte wenn der Kampf begonnen hatte. Diese kleinwüchsigen Jäger bewiesen, dass sie es verdienten sich Krieger ihres Volkes zu nennen.
Togra parierte einen weiteren Angriff, ließ ihren Kopf vorschnellen und die scharfen Kanten ihrer Hörner fuhren durch die Kehle des Knurlan und ertränken die Flamme seines Lebens im ausströmenden Blut.
Togra spürte wie ihr eigener Lebenssaft heiß brannte als das Blut ihres Feindes über ihr Gesicht lief und von ihren Hörnern tropfte. Sie fühlte in sich das Erbe ihrer kriegerischen Ahnen. Die anderen Völker mochten das für barbarisch halten doch es gab keine andere Rasse die kämpfte wie die Urgalgra! Dafür waren sie geschaffen!
Einige Minuten später war der Sieg endgültig errungen. Keiner der feindlichen Zwerge hatte sich ergeben oder um Gnade gebeten. Dies befriedigten Togra. So konnte sie sich stets an dieser Schlacht erinnern mit dem Gefühl gegen würdige Feinde angetreten zu sein. Nichts verdarb den süßen Geschmack des Siegers mehr, als wenn der Gegner ein unwürdiges Gewinsel anstimmte. Sicher hatte die Urgal von Meister Feuerschwert gelernt, dass manchmal Pardon gegeben werden musste. Sie akzeptierte dies als eine Weisung des älteren Reiters und eine Eigenart der anderen zweibeinigen Völker. Sie war jedoch klar, dass sie nie um Gnade bitten würde. Weder für sich noch für ihre Seelenschwester Aragna. Sie hatte mit ihrer Drachendame über dieses Thema gesprochen als sie noch in der Ostmark ausgebildet wurden. Freudig hatte die Gehörnte erkannt, dass ihre Drachendame genauso dachte wie sie. Was für ein Leben war das denn, dass man dann führte. Wertlos! Der Gedanke nur noch zu existieren weil ein Feind das eigene Leben verschont hatte widersteht den beiden Seelenschwestern. Bewies man damit nicht, dass das eigene Leben nicht wert war von einem Feind genommen zu werden? Mit so einer Schande wollte Togra nicht existieren.
Die Drachenreiterin der Gehörnten blickte sich auf dem Schlachtfeld um und bewertete die Situation. Der eigene Blutzoll war gering gewesen. Einige Jäger waren durch die Magier gefallen andere waren Verletzungen durch Pfeile oder Klingen erlegen. Insgesamt waren 10 Jäger aus ihrer Gruppe gefallen. Dunkward, ihr kleinwüchsige Anführer, teilte eine Gruppe seiner Männer ein die Leichen ihrer Mitstreiter in mitgebrachte Decken zu wickeln und zur Statue der Göttin Kíff zurückzubringen. Man würde sie später, wie es die Sitte verlangte, angemessen in Stein bestatten. Togra wusste, dass es für die Knurlan wichtig war, dass ihr Grab aus Stein bestand. Sie war sich sicher einmal gelernt zu haben warum dies so war aber im Laufe der Jahre hatte sie es vergessen. Im Grunde spielt es auch keine Rolle warum es für diese kleinwüchsigen Krieger wichtig war. Sie hatten tapfer gekämpft und verdienten es, geehrt zu werden. Wenn dies dadurch geschah, dass man sie auf eine bestimmte Weise zur letzten Ruhe bettete, dann war dies nur recht und billig.
Togra konnte nicht ganz nachvollziehen warum Dunkward, der durchaus ein ehrenwerter Kämpfer war, den gefallenen Anhänger Maranteras diese Ehrenbezeugung verweigerte. Er spuckt auf den Boden als in einer seiner Männer darauf ansprach und befahl keinen der getöteten Anhänger auch nur anzurühren. Sie hatten schließlich ihr Leben einer Gottheit versprochen, die bei den Zwergen geächtet war.
Togra akzeptierte das und half lieber mit ihren magischen Fähigkeiten die Verwundeten der Jäger zu versorgen.
Als die Verletzten versorgt waren formierte sich der Zug der Krieger neu und setzte seinen Weg fort. Es war ein guter Kampf gewesen entschied Togra im Stillen. Das Blut ihrer Feinde würde den Strom nähren an dessen gegenüberliegendem Ufer die Halle der Gebeine auf neue Bewohner wartete.
Der Blick der Gehörnten wanderte über den Kanal und einen Augenblick lang hätte man glauben können, dass die Drachenreiterin und ihre Gefährten bereits am Ufer eben dieses Stroms entlangschritten. Das Blut der gefallenen Zwerge war über die gepflasterte Straße gelaufen und rann nun in den künstlich angelegten Wasserlauf des Kanals. Das vorbeiströmenden Wasser hatte sich rot gefärbt.
Hinter einer Biegung erreichten sie die breite Freitreppe, die in den Haupttempel hinab führte. In der Tat war die Treppe breit genug, dass Beoram und Togra bequem nebeneinander gehen und sogar aufrecht stehen konnten. Die Treppe bestand aus demselben weißen Marmor wie die gewaltige Statue der Göttin Kíff und schien fast von innen heraus zu leuchten.
Togra versuchte zu erspähen was sie am Fuß der Treppe erwartete doch sie sah nur einen langen Gang der sich im Zwielicht verlor.
"Barzûl!" der wütende Ausruf Dunkwards durchbrach die Stille die sich über die Gruppe von Kriegern gelegt hatte nachdem sie ihren Weg fortgesetzt hatten. Togra Blick suchte den Anführer der Zwerge und fand ihn vor einer Statue stehen die in eine Nische eingelassen war und gemeinsam mit anderen Statuen die Treppe flankierte.
Dunkward bot einen Anblick, der Togra zunächst verwirrte. Der alte Zwerg bebte vor Wut, heiße Tränen rannen über sein Gesicht und er hatte seine mit Stahl verstärkten Hände zu Fäusten geballt.
Als andere Zwerge den Blick ihres Anführers folgten erhob sich erst ein aufgebrachtes Flüstern das schnell zu einem wütenden Heulen wurde. Erst auf den zweiten Blick erkannte Togra was die Zwerge so in Aufregung versetzte. Die Statuen, die die Treppe flankierten stellten andere Gottheiten der Zwerge da die sich das Pantheon mit Kíff teilten. Die Gesichter dieser Statuen waren jedoch zerschlagen worden. Die Marmorbruchstücke die zu Füßen der Statuen lagen machte deutlich, dass dieser Schaden erst vor kurzem zugefügt worden war.
"Ketzer! Verräter!" zischte Dunkward voller Hass. "Der so eine Schandtat, so eine Entweihung gegenüber den Göttern begeht hat kein Recht sich Knurlan zu nennen! Ein solcher Frevler verdient den Tod!"
"Tod den Verrätern! Tod den Ketzern!" donnerten die Umstehenden Zwerge wie aus einem Mund und schüttelten bedrohlich ihre Waffen.
"Ihr seid es die den Tod verdient haben!"
Eine unbekannte Stimme durchschnitt die wütenden Schlachtrufe. Togra konnte den Tonfall nicht ohne weiteres einordnen. Auf der einen Seite klang die Stimme eiskalt aber da war noch etwas anderes was den Worten innewohnte.
Suchend blickte die Reiterin sich um und erkannte, dass ein einzelner Zwerg aus dem Zwielicht des Ganges getreten war.
"Borien!" knurrte Burod. Togra Aufmerksamkeit jedoch galt weniger den Zwerg als mehr dem Tunnel aus dem er getreten war. Auch dort hatte eine Veränderung stattgefunden. Ein schwaches rotes Leuchten erhellte in regelmäßigen Intervallen das halbdunkel indem der Zwerg sie scheinbar erwartete. Ein Geräusch war zu hören das zunächst unterging als der Zwerg wieder das Wort ergriff:
"Ihr wollt mir und meinen Glaubensbrüdern das Recht absprechen uns Knurlan zu nennen?! Ihr seid es doch, die unser Volk beschmutzt haben und daher ihren Status als Zwerge verwirkt haben. Doch das spielt jetzt alles keine Rolle mehr. Ihr kommt zu spät! Das Feuer ist entfacht und ihr werdet darin vergehen!"
Endlich begriff Togra was da noch in der Stimme des Zwerges mitschwang. Arroganz! Die Art von Arroganz die man empfindet, wenn man sich seiner Überlegenheit vollkommen sicher ist.
Nun da Borien wieder schwieg und auch das Kampfgeschrei der Jäger verstummt war konnte Togra hören was aus der Tiefe des Tempels zu ihnen heraufdrang. Ein dumpfes Pochen welches im Gleichklang mit dem immer wieder aufflammenden Licht zu sein schien. Die Reiterin der Gehörnten fühlte einen Schauer über ihren Rücken laufen als sie erkannte woran sie sich durch das dumpfe Pochen erinnert fühlte. An das Geräusch eines schlagenden Herzens.


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Selena stürmte in die Wohnstube ihrer Lehrmeisterin Angela. Die Kräuterhexe stand scheinbar unbeteiligt am Fenster und blickte in den Himmel empor.
"Du hast es auch gespürt?" erkundigte sie sich und trat neben Angela.
Diese nickte nur ohne Selena dabei anzusehen.
"Sie konnten einfach nicht warten." nun richtete sich doch ein intensiver Blick auf die junge Frau. "Jetzt geht es erst richtig los."

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt