Erkentniss Teil 2

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Marlenas Enthüllungen hatten Ismira soweit überzeugt, dass die erfahrene Drachenreiterin die junge Halbling nicht daran hinderte sich anzukleiden und den Drachenhort zu verlassen. Alonvy bestand darauf, dass man lehne die geistige Verbindung aufrecht hielt da sie die anstehende Unterhaltung verfolgen wollte.
Ismira wusste, dass die übrigen Drachenreiter sowie Aylon und Altovan sich gerade in einer Konferenz mit König Orik und Abgesandten aller Clans des Zwergenvolkes befanden. Auch Marlenas Eltern, Eragon und Arya, nahmen an diesem Gespräch über einen magischen Spiegel teil.
Ismira hatte sich erboten Mann Marlenas Krankenbett zu bleiben, da Burod die Drachenreiter in Angelegenheiten der Knurlan ohnehin besser vertreten konnte.
Svenaja hatte man gestattet anwesend zu sein da sie als Schülerin des Ordens den Umgang mit anderen Völkern lernen musste. Gerade weil die junge Frau im Norden sehr isoliert gelebt hatte waren eben diese Erfahrungen unersetzlich für sie.
Während sie sich zum Konferenzraum begaben kehrte Ismira Marlena über die Situation auf. Der Priester Atalet vertrat die Dû gimst Quan aber er war bei weitem nicht der einzige Geistliche. Da die ganze Krise einen stark religiösen Kontext hatte waren die meisten Grimsborith zu dem Schluss gekommen, dass ihre geistlichen Berater ihre Interessen in dieser Angelegenheit am besten vertreten konnte. Jedes Clanoberhaupt hatte einen Priester aus den Reihen der Dû gimst Quan stets an seiner Seite da es die Priesterschaft als ihre Pflicht ansah über das seelische Wohl der höchsten Würdenträger ihres Volkes zu wachen.
" Bisher war die Konferenz leider nicht sehr ergiebig." murmelte Ismira. "Beoram ist zwar nicht in der Stimmung um einer politischen Debatte zu lauschen aber Kyra Rest ihrer Reiterin nicht aus dem Auge. Sie hat mich ab und zu über den Fortgang der Diskussion unterrichtet. Die gute Nachricht ist, dass praktisch das gesamte Zwergenvolk inzwischen in Tronjheim versammelt ist."
"Das sehe ich." murmelte Marlena und blickte über das Geländer der endlosen Wendeltreppe in die Haupthalle von Tronjheim hinab. "Dort herrscht ein wesentlich geschäftigeres Treiben als es sonst üblich war. Auch in den höher gelegenen Korridoren die normalerweise wie ausgestorben waren herrschte nun rege Betriebsamkeit.
Gleichzeitig war es aber recht still. Kaum jemand sprach ein Wort, alle hatten es eilig und alten wortlos durch die Gänge. Das war ungewöhnlich für das sonst so ausgelassenen Volk der Zwerge. Selbst die Anwesenheit der beiden hoch gewachsenen jungen Frauen die durch die Gänge schritten erregte kaum Aufmerksamkeit. Gelegentlich warf ein Zwerg ihnen einen Blick zu aber die meisten blieben still.
- "Sie fürchten sich." - murmelte Alonvy. - "Sie konzentrieren sich auf ihre Aufgaben weil sie so das Gefühl haben zumindest ein wenig zu Lösung der Krise beizusteuern." -
- "Du hast recht. Sie wollen das Boot nicht zum schwanken bringen und die Situation verschlimmern." -
Mit diesen Worten gab Marlena ihrer Drachendame Recht, konzentrierte sich aber dann wieder auf Ismira die inzwischen weiter sprach.
"Das Problem ist, dass die Diskussion auf der Stelle tritt. Im wesentlichen gibt es zwei Standpunkte. Die einen sehen es als die Pflicht des Volkes der Zwerge an zu kämpfen. Sie denken sogar darüber nach eine Armee zu mobilisieren und nach Orthíad zu marschieren. Dort vermuten sie immer noch das, was sie inzwischen das " Herz der dunklen Göttin" nennen. Orik ist zwar durchaus der Meinung, dass man sich dem Feind entgegenstellen muss aber er lehnt es strikt ab Truppen auszusehen. Du hast entdeckt, dass die Kreaturen durch Portale hindurch auch große Entfernungen überwinden können. Im Augenblick gibt es zwar eine Angriffspause aber Orik befürchtet, dass er die Verteidigung von Tronjheim entblößt wenn er eine Armee aus schickt. In diesem Punkt kommen die Beratungen nicht voran. Man ist sich im wesentlichen einig, dass man erst deine Befragung abwarten will. Solange man nicht versteht warum die Kreaturen ihre Angriffe eingestellt haben will man nicht aggressiv gegen sie vorgehen."
"Und was ist mit der anderen Fraktion?" erkundigte sich Marlena und beobachtete Ismiras Reaktion. Die Cousine der jungen Halbling ließ die Luft aus ihren Lungen in Form eines Stoßseufzers entweichen.
"Mit dem wirst du es nicht leicht haben Marlena." sagte die andere Reiterin schließlich. "Die sind der Meinung, dass man sich in die Tempel zurückziehen sollte und das Schicksal ganz und gar in die Hände der Götter legen sollte. Mit gebeten sollte man ihren Beistand erflehen."
Marlena blieb abrubd stehen, verschränkt die Arme vor der Brust und blickte Ismira an, als hätte diese soeben ihre feste Überzeugung bekundet, dass es am sinnvollsten wäre Schuhe auf den Kopf zu tragen.
Als sich Ismira des vorwurfsvollen Blickes bewusst wurde musste sie kichern.
"Jetzt guckst du genau wie deine Mutter als sie diesen Standpunkt gehört hat. Der ewige Kampf zwischen Tante Arya und den Priestern des Zwergenvolkes geht in eine ganz neue Runde."
"Na ja" murmelte Marlena leicht verlegen. "Ich bin normalerweise in diesem Punkt etwas umgänglicher als meine Mutter aber das scheint mir wirklich das dümmste zu sein was wir tun könnten."
"Da stimme ich dir ja zu Marlena." guckste Ismira. "Ich denke auch nicht, dass man alles den Göttern überlassen sollte aber ich kann verstehen, dass dieser Standpunkt im Augenblick einige Anhänger findet. Sich einfach zurückziehen und darauf hoffen, dass jemand anders die Probleme löst hat schon unter normalen Umständen einen gewissen Reiz aber jetzt ist dieser Reiz besonders groß. Du hast sicher schon gemerkt wie still alle Zwerge sind."
"Ja. Es ist Alonvy und mir aufgefallen. Wie heißt dieses alte Sprichwort? Sie wollen das Boot nicht zum schwanken bringen."
"Genau so ist es!" bestätigte Ismira. "Und sich einfach der höheren Macht der Götter anzuvertrauen scheint bei dieser Gefühlslage die beste Entscheidung zu sein."
Marlena nickte. Vor diesem Hintergrund war die Sache durchaus nachvollziehbar.
"Nun, dann weiß ich jetzt wenigstens womit ich es zu tun bekommen."
Die beiden Drachenreiterin hatten eine hohe Doppelflügeltür erreicht die von wachen der Knurlan flankiert wurde. Aufgeregte Stimmen erklangen aus dem Raum dahinter und auch wenn Marlena nicht jedes Wort verstand er kannte sie doch zwei Stimmen, die ihr ein warmes Gefühl bescherten und sie mit etwas Zuversicht für die vor ihr liegende Herausforderung ausstatteten. Die eine Stimme war deutlich heller als das tiefe Grollen welches für die Zwerge typisch war. Marlena ordnete diese Stimme ihren Vater zu während die andere, welche ihr vertraut schien, von einem unterschwelligen liebt durchzogen zu sein schien. Die junge Halbling erkannte eindeutig ihre Mutter.
"Ist schon komisch oder Mieri?" schmunzelte Marlena als sie über ihre Reaktion auf die Stimmen ihrer Eltern nachdachte. "Ganz gleich wie alt wir auch werden, wenn etwas schief geht freuen wir uns immer noch wie die kleinen Kinder wenn die Eltern uns unterstützen."
Ismira lachte und legte den Arm um ihre Cousine.
"Ist dir das auch schon aufgefallen Lenchen?"

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt