Erkenntniss Teil 5

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"Eine Freundin meiner Familie hat es mir zur Verfügung gestellt da sie der Auffassung ist, dass ich es in den Tagen die vor uns liegen brauchen werde."
Marlenas Antwort an Atalet war noch nicht ganz verklungen als Angela aus dem Spiegel heraus laut zu pfeifen begann und sich geradezu demonstrativ ihrer Strickarbeit widmete.
Für einige Augenblicke rückte die Kräuterhexe im Zentrum des allgemeinen Interesses doch da sie keine Anstalten machte irgendwelche Erklärungen abzugeben ergriff Eragon schließlich wieder das Wort.
"Ihr scheint diese Waffe zu kennen ehrenwerter Atalet. Gibt es etwas das ihr uns darüber berichten könnt was in der augenblicklichen Situation von Bedeutung sein könnte?"
"In der Tat Schattentöter, in der Tat aber bevor ich mich dazu äußere....."
der Zwergenpriester unterbrach seine Erklärungen, verließ die Konferenztafel und trat zu der Tür die Einlass in den Raum gewährte. Er öffnete einen der frühere einen Spalt breit und begann sich mit einem der Wächter die vor dem Raum Posten bezogen hatten zu unterhalten. Selbst für Marlenas feine Ohren waren die Geflüsterworte zu leise. Sie verstand nur Bruchstücke und konnte aus ihnen schließen, dass Atalet den Wächter damit beauftragte etwas für ihn aus seinem Quartier zu holen. Der Wächter bestätigte den Befehl und die Tür wurde wieder geschlossen.
Mit bedächtigen Schritten kehrte Atalet an den Konferenztisch zurück, setzte sich und starrte einen Augenblick nur auf seine Hände die er auf der polierten Holzplatte des Tisches abgelegt hatte. Offenbar ordnete er seine Gedanken.
Schließlich begann er zu sprechen:
"König Orik, wie ihr wisst bin ich von der Dûr gimst Quan damit beauftragt worden euch in der Krise um Marantera zu beraten und dafür zu sorgen, dass weder ihr noch unser Volk Schaden an seiner Seele nimmt. Ich bin nicht ohne Grund mit dieser Aufgabe betraut worden. Auch wenn unsere spitzohrigen Verbündeten aus den Wäldern des Nordens anderer Meinung sein mögen, so sind wir Priester keine Narren und uns liegt sehr wohl etwas am Wohl des Volkes der Knurlan."
"Etwas anderes habe ich auch nie behauptet." stellte Arya aus dem Spiegel heraus fest, denn Marlenas Mutter war durchaus nicht entgangen dass sich die letzten Bemerkungen des Zwerges primär an sie und ihr Volk richteten.
Atalet blickte das Abbild der Elfe im Spiegel kurz an, dann nickte er aber mit respektvoller Zustimmung und setzte seine Ausführungen fort:
"Die Priesterschaft war stets der Meinung, dass es zu gefährlich sei die Informationen die unsere heiligen Schriften über Marantera enthalten der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Wenn wir die gegenwärtige Krise betrachten die, was das betrifft besteht der zwischen uns allen Konsens, in den Aufzeichnungen über Marantera fußt, wird deutlich dass es bei weitem nicht die dümmste Entscheidung war die wir je getroffen haben."
Für diese Feststellung erntete der Zwerg allgemeine Zustimmung, ersetzt aber seine Ausführungen ungerührt fort.
"Natürlich wissen wir, dass schriftliche Aufzeichnungen nicht immer die Gesamtheit dessen erfassen können was man Wissen nennt. Erfahrungswerte, persönliche Einschätzungen.... All dies kann man nur schwer in einem Text festhalten der wohl möglich von jemandem gelesen und verstanden werden muss der dem Verfasser niemals kennen gelernt hat. Deswegen wurde einer aus jeder Generation von Priestern ausgewählt um sich mit dem Wissen um die dunkle Göttin vertraut zu machen. Der gegenwärtige Bewahrer des Wissens hat die Pflicht seinen Nachfolger auszubilden und auch die Dinge an ihn weiterzugeben, die sich nicht so einfach im geschriebenen Wort einfangen lassen. Ich bin gegenwärtig mit dieser Aufgabe betraut und aus diesem Grund wurde ich selbstverständlich ausersehen um unseren König in dieser Sache zu beraten. Wie ihr schon richtig vermutet habe Eragon Schattentöter ist mir das Schwert das eure Tochter zurzeit mit sich führt bekannt. Es ist in der Tat im Zusammenhang mit Marantera von Bedeutung. Ihr alle, die er in dieser Beratung teilnimmt bereits einige allgemeine Informationen über die dunkle Göttin und verblendeten Zwerge erhalten die ihren Namen preisen. Ihr wisst, dass Marantera bereits vor einer unendlich langen Zeitspanne versucht hat die Welt nach ihren Vorstellungen von dem waren der rechten Weg abzubringen den Helzvog und Gûntera unserem Volk vorgegeben haben. Unser Volk leistete damals heldenhaften Widerstand doch es war die Gnade Morgothals der uns schließlich den Sieg schenkte. Die heißen Tränen des Gottes des Feuers begruben das verdorbene Fleisch von Marantera und stellten damit den Frieden zwischen den Gipfeln und den Tälern wieder her. Ich weiß, das einige der Anwesenden dies unter Umständen als Mythos abtun werden."
Erneut richtete sich der Blick des Priesters auf Arya die jedoch nur den Kopf schüttelte.
"Priester Atalet, nur eine Närrin könnte bezweifeln, dass sich eure Schriften in diesem Punkt nicht auf wahre Begebenheiten beziehen. Ich ziehe in Zweifel, das alle Vorgänge exakt so verlaufen sind wie es in euren Schriften steht doch ganz sicher liegt ein wahrer Hintergrund vor. Selbst die Beobachtungen, die Argetlan Burod an uns übermittelt hat stützen das was in euren Schriften festgehalten wurde. Uns allen wurde gestattet die Erinnerungen des Reiters von Beoram zu betrachten. Was auch immer der verräterische Zwerge Borien in dem alten Tempel wiederbelebt hat wies deutliche Spuren von Gestein an seiner äußeren Struktur auf. Offensichtlich war die Kreatur begraben und wurde von den Anhängern Marantera aus der Erde geborgen. Die heißen Tränen eures Gottes des Feuers könnten sich also auf die Lava eines Vulkanausbruchs beziehen. Es ist überliefert dass es der artige Naturgewalten im Beor-Gebirge gibt und es ist durchaus denkbar, dass ein solcher den Feind den wir nun bekämpfen unter sich begraben hat. Ob man darin nun einen glücklichen Zufall oder eine göttliche Fügung sehen will überlasse ich jedem einzelnen in dieser Runde. Ich wäre aber nun dankbar, wenn ihr Atalet und erklären könntet warum wir diese Informationen nun entscheidend haltet."
Atalet nickte und auch die anderen Zwerge schien sich mit dieser Erklärung Aryas zufriedenzugeben.
"Eure Einschätzung ist in der Tat sehr und gerecht Argetlan Arya. Eure Frage zu beantworten: Nachdem die heißen Tränen ihr gerechtes Werk vollbracht hatten, kehrte Ruhe ein auf dem Feld wo die epische Schlacht zwischen unserem Volk und den Abkömmlingen Marantera es geschlagen worden war. Schrecklich viele Krieger unseres Volkes waren gefallen. Den Überlieferungen unseres Volkes nach hatte der damalige Feldherr die Überlebenden in Sicherheit gebracht und lediglich ein einzelner Priester kehrte auf das Schlachtfeld zurück um die Toten angemessen zu bestatten und den Hinterbliebenen Gründe von heldenhaften Ableben ihrer Söhne, Brüder und Ehepartner zu überbringen. Sein Name ist nicht überliefert aber er hinterließ unserem Volk eine Prophezeiung. Angeblich traf dieser Priester auf dem Schlachtfeld ein Wesen wie er es noch nie gesehen hatte. Es war nicht so aus dem Stein gehauen wie es der Wille von Helzvog gewesen war als er unser Volk schuf. Doch zweifellos war er auch nicht von der Brut Maranteras. Er sprach zu dem Priester und sagte, dass er unserem Volke wohlgesonnen sei. Er warnte dem Zwerg, dass sich eines Tages Marantera erneut erheben würde und zwei Wesen, die er nur sehr vage beschrieb, unserem Volk Erlösung bringen würden und die Bedrohung durch die dunkle Göttin ein für alle Mal beenden würden. Eines dieser Wesen würden wir daran erkennen, dass es ein Kind ohne Volk sei und ein außergewöhnlicher Waffe führen würde. Ein Schwert aus reinstem Kristall welches inbegriff der Schärfe wäre. Es gibt Aufzeichnungen die diese Waffe noch genauer beschreiben und es scheint mir, dass es sich dabei um eben das Schwert handelt was eure Tochter führt. Ich möchte euch selbstverständlich nicht beleidigen Eragon Schattentöter Bezwinger von Galbatorix und auch euch nicht Arya aber man könnte eure Tochter doch als Kind ohne eigenes Volk beschreiben. Ihr Eragon wurde im Volk der Menschen geboren und eure Gefährtin entstammt dem Blut der Elfen. Ihr Argetlan Marlena tragt das Erbe von zwei Völkern in euch und doch gehört ihr vollständig keinem an. "
Ein aufgeregtes Murmeln ging jetzt durch die Reihen der Zwerge und Marlena sah selbst bei den Priestern die ihren Vorschlägen bisher skeptisch gegenübergestanden hatten Anzeichen von Neugier und Hoffnung. Den Klerikern der Knurlan schien die Vorstellung zu gefallen, dass sie möglicherweise auf den Spuren ihrer Götter wandelten.
"Ich glaube ich kann es wagen auch für meine Gefährtin zu sprechen wenn ich sage das ihr weder uns noch unsere Tochter beleidigt Atalet," Eragon ergriff aus dem Spiegel heraus wieder das Wort. "Soweit es mich betrifft stellt ihr nur auf respektvolle Weise die Fakten da. Eine Frage hätte ich jedoch. Ist über denjenigen, der diese Prophezeiung gemacht hat etwas überliefert?"
"Nicht viel Schattentöter." räumte Atalet ein. "In unseren heiligen Schriften ist nur überliefert, dass er sich selbst als einen Pilger bezeichnet hat. Daher nennt man seine Voraussage auch die Prophezeiung des Pilgers"
Die Stille die sich ausgebreitet hatte nach dem Atalet seiner Ausführungen beendet hatte wurde durch ein Geräusch unterbrochen, dass Marlena als ebenso deplatziert emfand wie ein Kleid aus aprikosenfarbener Seide am Körper eines männlichen Kull. Ein leises Kichern. Es dauerte einige Augenblicke bis alle Anwesenden erkannt hatten, wer der Ursprung des leisen Lachens war.
Angela hatte die Hand vor den Mund gepresst und ihre Augen glänzten schelmisch.
"So, so," sagte Eragon und ließ dabei den Blick nicht von der Kräuterhexe. Auch ihm steht irgend etwas zu amüsieren. "Ein Pilger als so. Sehr interessant."

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt