Kapitel 39

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Sie sah die Fotos durch und Sarah musterte sie dabei, was Astoria absichtlich ignorierte. „Sie gefallen mir alle." „Ja, hab ich unseren Fotographen auch schon gesagt. Fabian sagt es dürfen nicht mehr als vier Fotos sein. Sonst wird es zu viel" erwiderte die Blondine und Astoria seufzte „Und wer würde schon unseren Fabian wiedersprechen?" „Die Praktikantin hat es getan." warf Sarah ein und Astoria blinzelte überrascht auf „Was?" Das konnte sie kaum glauben. „Ja. Aber das wird sie nie wieder tun." grinste Sarah breit und Astorias Blick wurde mitleidig. Himmel das Arme Ding. Fabian war vermutlich dramatisch aufbrausend geworden. Wie immer. „Will ich wissen was letzte Woche passiert ist?" fragte sie leicht genervt und Sarah lachte leise „Nein. Das wichtigste weißt du bereits. Mehr brauchst du nicht zu wissen."

Sie nahm vier Fotos raus und legte sie in die schwarze Mappe. „Hier. Wir nehmen die Vier und keine Diskussion mehr mit Fabian. Er soll einfach die vier Fotos nehmen." „Ich werde es unser Dramaqueen sagen." versprach Sarah. Sarah wollte gehen und Astoria blickte auf, als die Blondine in der Tür stehen blieb. „Du solltest mehr Zeit mit Draco verbringen." Astoria runzelte die Stirn „Wie kommst du jetzt darauf?" Sie hatte mit keinem Wort Draco heute erwähnt. Nicht einmal ihr einen Vorwurf gemacht, dass Sarah mit Draco sie reingelegt hatte, um diese wunderbaren Bilder zu sehen. Sarah grinste breit „Du wirkst glücklich und... ich weiß auch nicht, strahlst so." Astoria rollte leicht mit den Augen „Ich denke, das kommt von der Auszeit." „Klar." meinte Sarah wenig überzeugend und nickte Richtung Blumenstrauß der vor einer Stunde mit einem Kurier gekommen war. „Und die Blumen sind ein Werbegeschenk. Belüg dich nur selbst, Süße."

Sie sagte nichts und sah Sarah nach, die Richtung Fabian davonstapfte. Ihre Hand streckte sich aus und fuhr über eine der vielen bunten Gerbera, bevor sie sich in ihrem Schreibtischstuhl zurücklehnte und sich zu der großen Fensterfront wandte. Es war schön gewesen. Nicht nur die Nacht nach der Ausstellung. Die ganze restliche Woche war entspannt und einfach schön gewesen. Sie schloss die Augen und dachte darüber nach. Über seine Berührungen. Seinen Küssen. Den Sex. Aber auch über die Gespräche. Sie hatten viel gesprochen. Viel beredet. Belangloses. Ernstes. Trauriges. Nur ein Thema hatten sie strikt vermieden. Die Zukunft. Es lag ein paar Mal in der Luft. Ein paar Mal war es greifbar gewesen und ein paar Mal hatte Astoria das Gefühl gehabt, dass Draco auch darüber sprechen wollte und zögerte wegen ihr. Denn das waren doch ihre Bedingungen gewesen. Keine Beziehung. Sie brauchte Zeit. Wollte Zeit.

Wollte sie das noch? Ja. Ja es fühlte sich richtig an und doch stand es irgendwie zwischen ihnen. Sie öffnete die Augen und legte den Kopf leicht schief. Sie würde jetzt gerne mit jemanden darüber reden. Niemanden Parteiischen. Niemand der für sie als Paar war oder dagegen. Ihr Vater konnte das gut, auch wenn er offenbar parteiisch war. Weshalb sonst hätte er Draco dieses Büchlein hinterlassen? Seltsam. Was hatte er sich dabei nur gedacht? Sie drehte ich leicht mit dem Stuhl hin und her. Was ließ sie zögern? Das Ende. Das Ende vor drei Jahren. Das ließ sie zögern. Das und die Erwartungen die wieder da sein würden, wenn sie wieder offiziell ein Paar sein würden. Er hatte sich verändert. Versprach Besserung und das alles anders sein würde. Aber das hatte er damals auch gesagt und es war in einer Katastrophe geendet und das wollte sie nicht mehr. Nie wieder diesen Schmerz.

Sie betrachtete wieder den Blumenstrauß. Und wenn sie damit das Glück von sich stoßen würde? Die Liebe die sie nie wieder so finden würde? Liebe. Merlin wie sie dieses Wort hasste. Liebe. Was war schon Liebe? Es tat weh, das war Liebe. Liebe hatte sie fast zerstört. Hatte sie kaputt gemacht und an den Rand der Verzweiflung getrieben. Aber Liebe war auch wunderbar und gab ihr Kraft und Draco liebte sie. Liebe war hinterhältig. Eine Medaille mit zwei Seiten. Sie fuhr sich über die Unterlippe. Wie oft er diese Worte ihr schon ins Ohr gesäuselt hatte oder auch so. Ganz offen und ehrlich. Verrückt. Sie mussten eine Lösung finden, denn so ging es nicht weiter und das sagten alle. Ihre Schwester, Kate, Sarah, Blaise, Dracos Eltern und bestimmt ein Dutzend anderer Leute. Die Presse. Die englische und französische Presse hatte wunderbare Bilder aus Versailles veröffentlicht. Nichts Weltbewegendes. Zusammensteckende Köpfe im Park. Händchen halten. Ein Kuss Foto war nicht dabei und doch spekulierte die Presse. Was war da los zwischen Astoria Greengrass und Draco Malfoy.

Ja, dass wenn sie selbst wüsste, wären viele Fragen geklärt. Ihr Handy klingelte und riss sie somit aus ihren Gedanken. Sie erkannte die Nummer und schnaufte hämisch aus, bevor sie abhob. „James." sagte sie kühl „Was kann ich für dich tun?" Sie würde den Teufel für ihn tun. Aber man musste ja Höflichkeitsfloskeln nicht vergessen. Es kam eine Weile nichts, weshalb sie fragte „Hallo?" „Du wirst offenbar nicht schlauer." hörte sie James sagen und Astoria runzelte die Stirn. „Du bist mit Malfoy wieder zusammen?" „Sagt wer?" fragte sie kühl. „Einige Zeitungen." Sie schnaubte „Spekulationen. Nicht mehr und nicht weniger." „Mmh." machte er und fügte hinzu „Das kannst du der Presse sagen, aber nicht mir." Und wenn schon. „Du lernst nicht aus deinen Fehlern." wiederholte er sich und sie spürte Wut in sich aufsteigen.

Sie stand auf und starrte böse aus dem Fenster. „Das sagst ausgerechnet du mir? Ein Mann der schon wie viele male verheiratet war? Wie oft geschieden ist? An wie vielen Frauen Unterhalt zahlen muss?" Und er wollte ihr etwas über Fehler erklären? War das ein Witz? Er lachte auf. „Nicht meine Fehler. Die Idee mit dem Heiraten kam nie von mir." „Oh wie wunderbar praktisch für deine Ausrede." antwortete sie sarkastisch, bevor ihre Stimme wieder hart wurde „Was willst du James? Ich bin eine beschäftigte Frau." Er wirkte gelangweilt „Ja, ja, ja. Ich weiß Bescheid wie schwer es ist ein Unternehmen zu führen." Arschloch. Verdammtes Arschloch. Warum war sie so schnell wütend auf diesen verdammten Sack. „Ich will mit dir reden." „Wozu?" fragte sie aufbrausend. „Was gibt es noch zu reden?" Sie hatte mit ihm nichts mehr zu besprechen und sie wollte mit ihm auch nichts besprechen. Sie wollte mit ihm nichts mehr zu tun haben.

„Ich will es einfach." verlangte er und sie wurde richtig wütend. „Ich aber nicht und ich bin kein verdammtes kleines Kind mehr, dass das tut was du willst! Das springt wenn du es verlangst." Verdammte Scheiße sie war Fünfundzwanzig und keine sechzehn mehr. Nicht mehr das naive kleine Mädchen, dass es faszinierend gefunden hatte, dass sich ein Mann für sie interessierte. James war einfach nur ein Schwein. „Astoria." knurrte er ihren Namen und sie unterbrach ihn sofort. „Nein James. Es gibt nichts zu reden. Lass mich in Ruhe und Misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein. Hast du verstanden?!" Sie legte auf und feuerte ärgerlich ihr Handy auf den Schreibtisch. War das sein verdammter Ernst? Was sollte der Mist? Sie brauchte zehn Minuten bevor sie einigermaßen konzertiert weiterarbeiten konnte und trotzdem dachte sie immer wieder: Scheiß James. Vermutlich war er der größte Fehler in ihrem Leben. Viel, viel größer als das mit Draco damals.

Das wurde ihr auch bewusst, als sie am späten Nachmittag ihre Wohnung betrat und eigentlich gerade überlegte Draco anzurufen oder hochzugehen um ihn zu fragen, ob sie nicht hierbleiben konnten. Sie hatte keine Lust auszugehen. James hatte ihr die Laune verdorben. Idiot. Wobei sie eigentlich nicht wusste, ob es überhaupt gut war schon wieder so viel mit Draco zu machen. Sie stellte ihre Tasche im Flur ab und schmunzelte bei den Gedanken an Draco. Vielleicht hatte Sarah Recht. Sie wollte in die Küche treten und blieb beim Wohnraum stehen. Sie versteifte sich augenblicklich „Ist das ein Witz?" fragte sie und James stand auf. Eine Tasse Tee stand auf dem kleinen Wohnzimmertisch. „Zum Teufel." schimpfte Astoria weiter und trat weiter in ihren Raum „Wie zur Hölle bist du hier reingekommen?!" „Könntest du deine Stimme etwas senken?" fragte er und sie war kurz davor, dass ihr der Mund aufklappte. „Du hattest nicht einmal einen Schutzzauber über deine Wohnung gelegt."

„Wie bitte?!" sagte sie laut. „Du willst mir meinen Mund, in meiner Wohnung verbieten, in der du eingedrungen bist, ohne meine Erlaubnis!" Sie würde ihn niederhexen und recht dafür bekommen. „Du warst unerreichbar heute den ganzen Tag und ich habe gesagt, dass ich mit dir reden will." Sie schnaubte „Fick dich, James und verschwinde aus meiner Wohnung." Aus ihrem Leben. Er rührte sich nicht und sie schüttelte den Kopf und ging zum Telefon, das auf einem kleinen Beistelltisch stand. „Was tust du da?" „Die Security anrufen." Die offenbar nicht ihren Job machten. Sie funkelte böse zu ihm auf, als er ihr das Telefon aus der Hand nahm. „Das wirst du nicht tun. Ich will reden." „Ich aber nicht." zischte Astoria ärgerlich und ging an ihm vorbei. Abstand. Sie wollte Abstand von ihm. Er war Angsteinflößend. Bei ihm kam sie sich viel zu oft wie ein verdammtes Kind vor und das war sie nicht mehr.

„Sag endlich was du willst und dann verschwinde." knurrte sie. Er legte das Telefon zur Seite „Mit dir reden. Jemand muss dich ja zur Vernunft bringen." Ihre Brauen zogen sich nach oben. Zur Vernunft? Er musste sie zur Vernunft bringen? Sie gab es nicht gerne zu und würde es sicherlich nie vor jemanden anderen zugeben, aber Kate hatte Recht. James hatte ihre kindliche Naivität damals ausgenutzt. Sie verführt. Früher hatte sie es abgetan. Doch in ihren finstersten Zeiten hatte sie viel Zeit gehabt, darüber nachzudenken. „Du kannst nicht mit diesen Kerl zusammen sein." fing James an. „Ich kann nicht?" wiederholte sie nach Luft schnappend. „Ja." sagte er streng und kam näher. „Wie kannst du dich überhaupt wieder auf diesen Idioten einlassen." Ihr Kopf wurde vor Wut rot „James, das geht dich einen verdammten Scheiß an!" War er verrückt? Hatte er den Verstand verloren? „Er kann dir nichts bieten. Nicht was du brauchst für deine Karriere." Ihre Augen funkelten auf „Ich brauche keinen Mann, für meine Karriere. Verdammt ich diskutier das nicht mit dir. Verschwinde endlich!" Sie kam sich wie in einem verdammten eingeübten tragischen Theaterstück vor. Es fühlte sich bizarr an.

„Ich versteh dein Verhalten nicht. Wir hätten beide etwas von einer Verbindung." sprach er weiter und sie verschränkte die Hände vor der Brust. „Verbindung? Hast du eigentlich noch alle Teeblätter zusammen? Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mit dir noch einmal zusammen komme." „Ach komm schon." fing er höhnisch an. „Tu nicht so, als hätten wir keinen Spaß gehabt. Dir hat es gefallen." „Du hast mich verführt und ganz ehrlich James, es ist ziemlich leicht eine sechzehnjährige zu beeindrucken." Sie wich nicht vor ihm zurück, als er vor ihr stehen blieb und das obwohl sie sich unwohl fühlte. Sie schlug seine Hand weg, als er sie berühren wollte und er grinste dabei unverschämt. „Sag mir eins, fickt er wirklich besser? Oder liegt es an dem Alter?" Sie zog scharf die Luft ein. Er war widerlich. „Geh einfach, James. Mach die Sache nicht noch peinlicher für dich, uns beide, als es ohnehin schon ist." erklärte sie so ruhig wie möglich und wandte sich zu den Fenstern. Sie sah hoch zu den Malfoys. Ob jemand von ihnen da war?

„Er ist nicht der richtige für dich." warf er ein und sie wandte sich zu ihm. „Astoria, er ist dein Verderben. Er ist ein Fehler. Glaub mir." Sie lächelte kühl „Nein. Nein du warst mein größter Fehler. Mich auf dich einzulassen. Auf deine Spielchen. Das war ein Fehler." James atmete böse aus. „Ich? Ich hab dir gezeigt wie man in dieser Welt besteht." „Nein. Das hat mein Vater gemacht. Du hast nur jemanden zum ficken gebraucht." Sie war nicht dumm. Nicht mehr. James Stimme war laut „Und er braucht nur ein Frauchen neben sich, für seine Familie und seinen zukünftigen Erben. Er benutzt dich nur. Himmel Mädchen, hast du vergessen wie das vor drei Jahren geendet hat?" Doch das wusste sie, aber das ging James nichts an. Selbst wenn Draco sie nur benutzen sollte, was sie nicht mehr glaubt, dann ging es ihn ebenfalls einen Scheiß an. „Ich hab dir damals geholfen." „Du hast mir was geschuldet." unterbrach sie ihn und es schien ihn nicht im Geringsten zu beeindrucken.

„Und wie dankst du es mir? Indem du mir in den Rücken fällst? Mich schneidest?" schimpfte er weiter. „Ich hab keine halbnackte Blondine aus meinen Appartment geschickt vor deinen Augen, nachdem ich sie gevögelt habe. Und statt dich von dem Kerl fernzuhalten, kriechst du zurück in sein Bett." Sie wollte etwas erwidern und hielt inne. Er zog fragend eine Braue nach oben, als sie nichts sagte. „Was?" fuhr er sie an und sie sah ihm ins Gesicht. „Woher weißt du, dass eine halbnackte Blondine aus seiner Wohnung gestürmt ist." Er schien innezuhalten und darüber nachzudenken. „Ich... du hast es erzählt." sagte er schnell und sie schüttelte den Kopf. Nein hatte sie nicht. Sie hatte es Daphne erzählt. Aber nicht James. „Dann ist es eben in der Zeitung gestanden." warf er unwirsch ein. Sie schüttelte erneut den Kopf. „Nein. Nein es stand nirgends." Sicher die Presse hatte spekuliert. Hatte eine Blondine ins Rennen gebracht, aber die Presse wusste nichts von dieser Geschichte. Dieser Nacht.

Und plötzlich wurde ihr etwas klar. Sie wich noch ein Stück zurück und berührte fast das Fenster. „Du warst das." James tat nichts. Sprach nicht. Rührte sich nicht. „Du hast... diese Frau... Merlin, du hast sie auf Draco angesetzt." Jetzt ergab das Sinn. Erst im Club und dann plötzlich in der Wohnung. Es hörte sich eigentlich immer noch bizarr an. Eine angeblich wildfremde Frau die praktisch Draco anspringt. Doch wenn es so war, dann würde es Sinn ergeben. Konnte das wirklich wahr sein? „Du hast diese Frau auf ihn angesetzt." James zuckte die Schultern „Und wenn schon?" Sie suchte nach Worten und brachte nur ein „Wieso?" hervor. „Weil dieser Kerl nicht gut für dich ist. Keiner dieser Kerle. Sie haben kein Recht auf dich." Kein Recht auf sie? War sie ein verdammter Gegenstand? „Ich habe das Beste für dich getan. Ich habe..."

„Was!" unterbrach sie ihn laut, dass ihre Ohren klingelten. „Was hast du? Mein Leben zerstört! Wozu? Weil du es nicht erträgst, dass ich dich nicht brauche? Weil du es nicht erträgst, dass mich andere Männer anfassen? Weil du es nicht erträgst, dass mich auch andere Kerle ficken können? Du hast kein verdammtes Recht auf mich, nur weil du der Erste warst. Kein einziges Recht." Sie atmete heftig „Was glaubst du, dass ich die dumme kleine Tussi bin, die bereit steht, wenn du mal keine neue Frau zum Vögeln findest?" „Astoria..." Sie unterbrach ihn erneut „Du bist so ein Arschloch. Hast du das mit meinen anderen Beziehungen auch gemacht? Sie manipuliert?" Wie lange tat er das schon? Er lachte falsch auf „Ich bitte dich? Dieser Flachwichser von Malfoy hätte es ohnehin nicht ausgehalten dir treu zu sein. Jeder kennt doch seine Frauengeschichten." Sie schlug zu, so fest sie konnte und er rührte sich einen Augenblick nicht, während seine Wange feuerrot leuchtete. „Verschwinde und trete mir nie wieder unter die Augen oder ich erzähl der Presse was du damals mit mir als Sechzehnjährige gemacht hast." drohte sie ihm und wollte an ihm vorbeigehen. Sie wirbelte herum, als er nach ihrer Hand griff und dachte für einen Augenblick, ihr Kopf würde wegfliegen als sie das Gleichgewicht verlor. Aber nur für einen Moment bis ihre Sinne alle auf Warnung einschalteten und sie nur noch instinktiv reagierte.

Sie will nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt