Kapitel 15

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Der Zigarettenstummel in ihrer Hand glühte nur noch merklich, sie schnippte ihn verärgert auf die Straße und zündete sich die nächste Zigarette an. „Rauchen ist ungesund, Jane", durch glasige Augen starrte sie Becca an. Für eine Weile hatte sie vergessen, zusammen mit ihr hier zu sein, seit der Autofahrt hatten sie kein Wort mehr miteinander gesprochen. Becca wusste genau, wie sie mit Jane umgehen musste, vor allem schien sie zu wissen Jane drängen zu wollen, endete meist nur in einer Katastrophe. Seufzend stopfte sie sich die Zigarette in den Mund, inhalierte den beißenden Rauch, solange bis alles in ihr brannte und sie ein Husten nicht mehr unterdrücken konnte. Sie antwortete Becca nicht, doch hielt ihr eine Zigarette hin. Sie schüttelte den Kopf, reichte ihr dafür ein Bier. Dankend nahm sie es an, kippte ein Viertel einfach hinunter, die Kälte des Bieres breitete sich in ihr aus und ließ sie leicht schütteln. Becca lehnte sich auf die Motorhaube, zog die Decke enger an sich und starrte in den Himmel. Jane konnte nicht anders als sie zu beobachten, das Mondlicht spiegelte sich auf ihrer Haut wider und verlieh ihr einen magischen Anblick. Ihre roten Haare wirkten in diesem Licht fast rosa, mit dunkel schimmernden roten Akzenten. Ihre grünen Augen sahen grau aus, ihre Wangenknochen waren kaum sichtbar. Anders als bei Maura. Jane biss sich auf die Innenseite ihrer Wange. Konnte sie nicht mal an eine andere Frau denken, ohne dass Maura darin auftauchte? Als sie Becca an der Hand aus dem Apartment gezogen hatte, wollte sie eigentlich mit ihr nach Hause, doch im Endeffekt landeten sie hier. Auf Janes Lieblingsbank, auf dem Parkplatz, mit der besten Aussicht Bostons. Becca schien es hier zu gefallen, sie sah zufrieden aus. Ihr Gesichtsausdruck zeigte keine Spur von Wut oder Enttäuschung, bei Chloe hätte sie diesen Ausdruck schon auf der Party gesehen. „Ist dir kalt?", fragte Jane und Becca starrte sie an, schüttelte den Kopf und schaute wieder gen Himmel. „Schau dort Jane. Siehst du diese Sterne die aussehen wie ein W? Das ist die Kassiopeia", erklärte Becca und nahm einen weiteren Schluck Bier.  Jane liebte es in die Sterne zu schauen, doch wirklich damit beschäftigt hatte sie sich bisher nie. Sie legte sich neben Becca, zog die Decke über ihre Körper und schaute nach oben: „Ich sehe nichts."
Becca rückte ein Stück näher, sodass sich die Köpfe der beiden berührten und hob ihren rechten Arm nach oben. Sie deutete nach oben und zeichnete mit ihrem Finger das Sternbild nach. Jane folgte ihrem Blick, drückte ihren Kopf noch enger an Beccas, um die gleiche Sicht zu haben und sah das Sternbild der Kassiopeia. Beeindruckt davon es überhaupt gefunden zu haben, starrte sie es drei Minuten lang an, Becca sagte die ganze Zeit über kein Wort. Erst als sie merkte, wie Jane sich neben ihr entspannte und den Sternhimmel weiter musterte, fing sie an zu sprechen: „Wusstest du, dass Kassiopeia nach der griechischen Mythologie, die Gemahlin des äthiopischen Königs Kepheus war und Mutter der Andromeda? Sie soll eine eitle Frau gewesen sein, die sogar behauptete, schöner als die Nereiden zu sein. Die Nereiden, waren die 50 bezaubernden Töchter des Nereus, dem König des Meeres. Sie fühlten sich von Kassiopeia beleidigt und klagten ihr Leid ihrem Beschützer Poseidon, dem Gott des Meeres. Voller Zorn schlug Poseidon mit seinem Dreizack aufs Wasser, durch die Wucht des Schlages wurde die Küste Palästinas überschwemmt und das Meeresungeheur Ketos geweckt. Kepheus wollte sein Königreich retten und fragte das Orakel nach einer Lösung, dieses sagte ihm, er müsse seine Tochter Andromeda opfern. Das Volk, so voller Wut, übte Druck aus und Andromeda wurde bei Ioppa an einen Felsen gekettet. Ketos näherte sich ihr, aber Perseus erblickte die Szenerie und bot an das Ungeheuer zu besiegen, aber nur wenn er Andromeda zur Frau bekam. Kassiopeia und Kepheus stimmten freudig zu, doch es hielt nicht lange. Bei der Hochzeit führte Phineus, ich glaube er war ein eifersüchtiger Freier Andromedas, mit Hilfe ihrer Mutter, Kassiopeia, zweihundert Krieger gegen das glückliche Paar. Perseus zog den Kopf der Medusa aus seinem Beutel, alle erstarrten zu Stein. Poseidon bestrafte Kassiopeia für ihre Eitelkeit, ich meine hallo? Sie opferte ihre eigene Tochter...nun ja, er setzte sie an den Himmel, kopfüber und mit gespreizten Beinen, wie einen Taucher. Manche behaupten sie wäre also im Wasser, durch die Wellen auf- und abgetrieben, andere sagen wiederrum, Kassiopeia sei in einen Korb gepresst worden, in dem sie als Strafe kopfüber sitzen muss. Gott, tut mir leid. Ich muss dich zu Tode gelangweilt haben! Manchmal...da kann ich mich nicht stoppen und rede und rede..."

From Elephants and Tortoises (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt