Totenmarsch

Dämonisches Jahrtausend

Liebevoll legt der Einäugige den bewusstlosen Körper der siegreichen Sera auf die Steinsitzbank der Tribüne. Seine violette Robe ausgezogen und zusammengeknüllt, dient dabei als Kissenersatz, damit seine Ziehtochter es weich unter ihrem Kopf hat. Vorsichtig streicht Einauge ihr über die Haare.
„Ich bin so stolz auf dich, meine Kleine", flüstert der Anführer der Mondloge sanft und wendet sich um, nur um sich einer rothaarigen Forscherin gegenüberzusehen. Einige Augenblicke schauen sich die beiden schweigend an, nur um sich gleichzeitig zuzunicken. Ein stummes Zollen von Respekt gepaart mit einem wortlosen „Viel Glück". Bevor Liliana ihren Weg in die Arena fortsetzt, wirft sie einen letzten Blick zu der ruhig atmenden Sera.
Als sie die Treppen erreicht, erreicht sie der Ruf ihres weißhaarigen Partners:"DU SCHAFFST DAS!"
Liliana lächelt, als sie die letzten Schritte in die von Schlachten geprägte Arena setzt.

„Du packst das, Millennium"
„Yaas! Zeigs ihr!", sagen Hiko und Daichi lächelnd und nehmen den untoten Magier in ihre Arme, bevor er den selben Weg entlang schreitet, wie die Sichellogenforscherin. Vorbei an Saiko, der ihm einen drohenden Blick zuwirft. Sleepless stellt sich seinem Bruder in den Weg. Ehe Millennium zu Wort kommt, drückt Sleepless den Proxy an die Brust.
„Komm lebend wieder, Kleiner", sagt der heterochrome Serienmörder ungewohnt sanft.

„Du verwechselst da was"
„Das da wäre?", fragt Sleepless
„Ich lebe doch schon lange nicht mehr", erwidert Millennium breit grinsend und löst sich aus der Umarmung. Langsam schreitet er an seinem Bruder und Einauge vorbei, bevor er sich scheinbar in Luft aufzulösen scheint, nur um einen Augenblick später in der Arena zu erscheinen.
„Der Kampf eben war ziemlich erschreckend, nicht wahr?", bemerkt Millennium beiläufig zu seiner ankommenden Feindin. Liliana schaut, wie auf Kommando, in den wieder aufgeklarten Himmel und erinnert sich an den gigantischen Asteroiden, der bis vor kurzem die gesamte Szenerie verdunkelt hat.
„Der hatte es wohl nicht nur auf Sera abgesehen", erwidert die Forscherin knapp und richtet ihren stechenden Blick auf den Proxy. Der untote Gefolgsmann des Gesichtslosen zuckt unwissend mit den Schultern.

„Ist eine dieser Sachen, die wir wohl nie herausfinden werden. Im Gegensatz zu einer anderen Sache", sagt Millennium und mit jedem Wort wird sein Grinsen ein wenig breiter. Wie aufs Stichwort, erklingt die erhabene Stimme des Kaisers:"Nach einem wirklich... nun... nervenaufreibenden Geplänkel, begrüßen wir unser letztes Gefecht des heutigen Tages. Obacht für Millennum und Liliana! Legt los, grandiose Gladiatoren" Die Worte des ehrwürdig anmutenden Veranstalters sind noch nicht ganz verklungen, da schallt das bekannte Geräusch der Sirene über die Arena.

Beide Kontrahenten verharren stumm an Ort und Stelle. Darauf lauernd, dass der jeweils Andere den ersten Zug beginnt. Liliana weiß genug über ihren Gegner, um erahnen zu können, worauf dieser spezialisiert ist. In Gedanken sortiert sie die Fakten im Bruchteil einer Sekunde zusammen.
„Benutzt Magie". „Ist ein Illusionist". „Untot". „Sleepless' Bruder". „Wahrscheinlich kein Nahkämpfer" „Schwer zu tö- Was zur Hölle?", unterbricht sie sich selbst in Gedanken, als Liliana ein Gefühl wiederempfindet, welches auf ewig verloren geglaubt worden ist. Eine Bewegung von zwei Gliedmaßenteilen. Gleichmäßiges Schwingen. Liliana lässt ihren Blick seitlich wandern und ein Gefühl grenzenloser Glückseligkeit umfängt ihren Geist. Die schwarzgefiederten engelsarigen Flügel, die der Halbdämonin barbarisch beraubt worden sind, befinden sich wieder an Ort und Stelle. Berauscht von dem Gefühl erhebt sich das komplettierte Wesen in die Lüfte, nur um kurze Zeit später auf einen sie lediglich anstarrenden Millennium hinabzuschießen. Die Wucht ihrer fledermausähnlichen Krallen, die samt ihrer Flügel zurückgekehrt sind scheinen den Leib des Magiers förmlich zu zerreißen. Ein beinahe hysterisches Lachen entfährt der rothaarigen Halbdämonin, die zwar ihre Gliedmaßen zurückbekommen hat, jedoch noch immer die menschliche Restgestalt behält.
„Das ging schnell!", ruft Liliana euphorisiert und kreist noch einige Runden in der wohltuenden Luft, ehe eine eiskalte Stimme sie abrupt stoppen lässt:"Noch nicht ganz"