Nur wenige Tage später wurde ich mit Grace aus dem Krankenhaus entlassen und durfte wieder zurück in meine Wohnung, wo ich in den Tagen vor der Geburt bereits alles vorbereitet hatte.
Wie er bereits angekündigt hatte, wollte Simon den Vaterschaftstest so bald und so geheim wie nur irgendwie möglich durchführen lassen. Überraschenderweise ließ das Ergebnis gar nicht sonderlich lange auf sich warten: Nur wenige Tage später, in denen ich keine Ruhe gehabt hatte, bestellte Alyson mich erneut in ihr Büro.
Dieses Mal allerdings, hatte sie mir am Telefon gesagt, worum es ging. „Das Ergebnis des Vaterschaftstests ist da“, hatte sie gesagt.
Sie hatte mir auch gesagt, dass Simon und Niall anwesend sein würden, da der Brief Simon zugesendet wurde.
Und während wir alle im Kreis saßen, und die Nerven aller Beteiligten, vor allem die von Simon, wohl zum Zerreißen gespannt zu sein schienen, schaukelte ich Grace in ihrer Trage sanft hin- und wieder her.
Ich wusste nicht, weshalb ich so aufgeregt war, denn eigentlich kam niemand außer Niall als Vater infrage. Vielleicht lag es daran, dass ich bereits festgestellt hatte, dass Niall's Management unberechenbar war und dass ihnen eigentlich so Einiges zuzutrauen war.
„Tatsächlich“, gab Simon plötzlich von sich, „Niall ist ihr Vater.“
Während Niall nicht überrascht und erleichtert gleichzeitig zu sein schien, wirkte Simon ziemlich bestürzt.
„Das kann doch nicht wahr sein“, zischte er und warf Niall einen vernichtenden Blick zu. „Habt ihr eine Ahnung davon, was das bedeutet?“
Niall nickte, ich schüttelte ahnungslos meinen Kopf.
„Das ist eine Katastrophe“, fluchte Simon, „Wir können uns das unmöglich leisten, davon darf niemand erfahren.“
„Und wie wollen Sie das anstellen?“, fauchte ich ebenso unfreundlich zurück.
Er schien völlig außer sich zu sein, als hätte er unter keinen Umständen mit diesem Ergebnis gerechnet.
„Das kann ich dir ganz genau sagen“, plötzlich klebte sein Blick auf mir, als wäre es tatsächlich unmöglich, ihn auf etwas Anderes zu richten. „Du wirst der Presse erzählen, dass Niall nicht der Vater ist.“
„Wie bitte?“, die Fassungslosigkeit über das, was er eben gesagt hatte, war grenzenlos. Wie konnte ein Mensch so dreist sein?
„Du wirst der Presse erzählen, dass Niall nicht der Vater ist“, wiederholte Simon und warf mir einen Blick zu, den ich noch nicht wirklich deuten konnte.
Entschlossen schüttelte ich meinen Kopf. „Nein“, gab ich zurück, „Nein, das werde ich mit Sicherheit nicht tun.“
„Bist du dir da sicher?“, langsam begann er, mir unheimlich zu werden. Was hatte er vor?
„Irgendwie schon“, zischte ich und bemerkte, dass auch Niall ziemlich fassungslos zu sein schien.
„Es gibt genau zwei Möglichkeiten“, erklärte Simon. „Entweder zu du behältst das Ganze für dich und erzählst der Presse, dass Niall nicht der Vater ist – innerhalb von ein paar Wochen ist Gras über die Sache gewachsen und niemand wird mehr darüber sprechen. Oder du teilst der Presse das tatsächliche Ergebnis des Vaterschaftstestes mit, und du kannst mir glauben, dass die Presse niemanden von euch mehr zufrieden lassen wird. Die Frage ist nur, ob du Grace das für den Rest ihres Lebens antun willst“, ein triumphierendes Grinsen umspielte seine Lippen, als er abwechselnd zwischen Niall und mir hin- und her blickte.
„Grace wird es schwer haben, echte Freunde zu finden wenn jeder weiß wer ihr leiblicher Vater ist“, fuhr er fort. „Ich zwinge dich zu nichts. Ich zeige dir lediglich, dass das für beide Seiten nur Vorteile haben würde. Eigentlich wäre es doch ziemlich egoistisch Grace gegenüber, anders zu handeln. Oder etwa nicht?“
Ich spürte, wie mir vor Frust Tränen in die Augen stiegen. Er wusste genau, dass ich Grace's Glück niemals auf's Spiel setzen würde, für nichts und niemanden auf dieser Welt. Und er wusste auch, dass das die einzige Karte war, die er in der Hand hatte. Die einzige Karte, die er jetzt noch ausspielen konnte. Leider wurde ich das Gefühl nicht los, dass er das Spiel auf diese Art und Weise gewinnen würde.
Normalerweise bildete ich mir immer eine eigene Meinung, von der ich mich nicht abbringen leiß. Aber sein Vortrag eben hatte mich extrem verunsichert – plötzlich dachte ich wirklich, ich würde nur in meinem eigenen Interesse handeln, sollte ich der Presse die Wahrheit erzählen. Ich dachte wirklich, ich würde Grace's Glücklichkeit auf's Spiel setzen. Als wäre es wirklich selbstsüchtig, die Wahrheit zu erzählen.
„Gut“, seufzte ich auf, während ich innerlich aufgab. „Sie haben gewonnen.“
Ein triumphierendes Lächeln schlich sich plötzlich auf sein Gesicht. Noch bevor er etwas erwidern konnte, richtete ich meinen Blick auf Niall, der versteift auf seinem Stuhl saß und ganz offensichtlich nicht wusste, wie er reagieren sollte.
„Hast du eigentlich gar nichts dazu zu sagen?“, fragte ich in seine Richtung. Es dauerte eine Weile, bis er mich ansah und antwortete.
„Er hat recht“, meinte er, „Wir dürfen die Wahrheit niemandem erzählen.“
„Wir?“, ein spöttisches Lachen drängte sich aus meiner Brust. „Die Einzige, die diese Lügen irgendwem erzählen muss, bin ich.“
Mit diesen Worten erhob ich mich, griff vorsichtig nach Grace's Trage und machte mich auf den Weg nach draußen, aus dem Büro, auf die Straßen Londons.
Tränen flossen wasserfallartig über meine Wangen, während ich noch immer nicht fassen konnte, was sich da oben eben abgespielt hatte. Ich konnte nicht wirklich glauben, dass ein Mensch so manipulierend sein konnte. Dass ein Mensch so herzlos sein konnte.
Aber scheinbar musste Simon Übung darin haben, Menschen zu manipulieren und sie genau dort anzugreifen, wo sie am verletzbarsten waren.
Gerade als ich die Lobby betrat und den richtigen Knopf am Aufzug drückte, drang das Wimmern meiner Tochter an mein Ohr, das innerhalb weniger Sekunden zu einem Weinen heranwuchs.
Noch während ich den Aufzug betrat, beugte ich mich zu ihr nach unten und versuchte, sie zu beruhigen. Es war fast Mittag, vermutlich hatte sie einfach nur Hunger.
Oder sie spürte die Aufregung, die sich in mir anstaute.
Oder Beides.
Als ich mein Apartment betrat, schlüpfte ich aus meinen Schuhen und dem Mantel, streifte mir meinen Schal über den Kopf und holte Grace aus ihrer Trage.
Ich hatte auch nach dem Stillen das Gefühl, sie nicht beruhigen zu können. Und zum ersten Mal fragte ich mich wirklich, ob Simon vielleicht nicht doch recht gehabt hatte und es gar keine so schlechte Idee war, die Wahrheit für mich zu behalten.
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Sharing the secret (Niall Horan FF)
FanfictionWas passiert, wenn man ein Geheimnis hat, von dem zwangsläufig die ganze Welt erfährt? Und was passiert, wenn es trotzdem ein Geheimnis bleiben muss? Rose Alvin befindet sich in genau dieser Situation. Als sie erfährt, dass sie ein Kind von Niall Ho...