Kapitel 30

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Ein regelmäßiges Piepen störte Janes Schlaf, entnervt schlug sie auf ihren Nachtisch, welcher bei der Wucht ihres Schlages schepperte. Ihren Wecker verfehlte sie. Aber Moment, ihr Nachttisch schepperte nicht, wo befand sie sich? Jane öffnete die Augen und nahm sofort ihre geschwollene Nase wahr, die knallrot aus ihrem Gesicht hervorstach. Vorsichtig hob sie ihre Hand, taste ihren Nasenrücken ab und bemerkte den Zugang an ihrer Handfläche. Seufzend richtete sie sich auf und schaute sich im Raum um. Das Krankenhauszimmer wirkte nüchtern und steril, kein Ort an dem sie sich wohlfühlen würde, niemals. Ein verblasstes Bild, eines längst vergessenen Künstlers, hing schief an der Wand gegenüber, darunter stand ein hölzerner Schrank, der von der Höhe nur bis zu ihrem Bett reichte. Er schien nicht viel Stauraum zu bieten, aber einen anderen Schrank entdeckte sie nicht. Auf dem Tisch stand ein alter Röhrenfernsehr, der seine beste Zeit schon hinter sich hatte. Das Fenster, verdeckt durch graue Vorhänge, ließ kaum Licht hindurch, ob mit oder ohne Vorhänge. Es war kaum größer als der Fernseher im Zimmer. Auf dem Boden neben sich entdeckte sie ihren Rucksack aus der Universität, ihre Sachen schienen eilig hineingestopft worden zu sein. Jane schwang ihre Beine aus dem Bett und kämpfte für einige Sekunden gegen Schwindel und Übelkeit an, riss sich zusammen und stellte ihre Füße auf dem kalten Fliesenboden ab. Kälte durchschoss ihre unteren Extremitäten, am liebsten wäre sie sofort zurück ins Bett gekrabbelt, doch ihre Gedanken galten Frost, Frost der schwer verletzt auch in dieses Krankenhaus eingeliefert wurde. Sie dachte an die letzten Stunden zurück, was die Übelkeit nur noch verstärkte und sie schaffte es gerade noch so in den Mülleimer rechts von sich zu brechen. Dabei hastete sie so schnell in dessen Richtung, dass ihr Zugang aus ihrer Hand riss, was sie erst bemerkte als das Blut an ihrer Hand hinunterlief. Fluchend presste sie die Hand gegen ihren Kittel, der sofort blutrote Farbe annahm. Jane eilte zu einer Tür im Raum, dort vermutete sie das Bad und behielt Recht. Am Waschbecken drehte sie den Wasserhahn auf und eiskaltes Wasser lief über ihre Hand, wusch das Blut von ihr, doch nicht ihre Gedanken. Sie wickelte Klopapier um ihre Hand, mehrere Lagen damit es nicht tropfte, zog sich ihre Schuhe mit einer Hand an und verließ das Zimmer ohne zurückzuschauen. Sie fragte sich nicht wo Maura, oder ihre Familie war, sie vermutete dass sie noch arbeiteten. Jane stapfte den Flur hinab, begegnete nur einem alten Mann im Rollstuhl und einer aufgebrachten Frau, die nervös auf und ab ging. Ihre feuerroten Haare wehten dabei wirr um sie herum, was sie ein wenig wie eine Furie aussehen ließ. Wortfetzen drangen an Janes Ohr, die ihr Interesse weckten, sie jedoch nicht von ihrer Mission abbrachten. „Ich habe keine Ahnung wo der Junge liegt. Der Anruf kam unerwartet! Ich muss doch wissen wie es ihm geht! Ich hätte nie gedacht, dass Joey so etwas tun könnte." Joey. Bei dem Namen kehrte Jane um und ging auf die Frau zu. Jane schätzte sie auf knapp 48 Jahre, nach ihrer Nase und Augen zu urteilen konnte es sich dabei tatsächlich um Grants Mutter handeln. „Sind Sie Grants Mutter? Wissen Sie etwas über Frosts Zustand?" Die Frau riss die Augen auf, wisperte etwas ins Telefon, legte auf und musterte Jane von oben bis unten. „Oh Gott, bitte sag mir Jane, dass nicht er dir das angetan hat!?" Jane wunderte sich woher sie ihren Namen kannte, aber eigentlich spielte das auch gerade keine Rolle. „Wissen Sie wo Frost ist? Wie es ihm geht?" Grants Mutter wirkte blass, reagierte nicht auf Janes Fragen, sondern stützte sich an der Wand ab. Nervös wippte ihr Bein auf und ab. „Sie wollen mir nichts sagen", presste sie schließlich hervor.

Jane raufte sich die Haare, verzerrte ihr Gesicht vor Wut und ließ Grants Mutter stehen. Sie musste unbedingt mehr erfahren, weswegen sie sich auf zur Schwesternstation machte. Die Krankenschwestern saßen hinter ihren Schreibtischen, zwei schrieben etwas nieder, eine Andere kontrollierte auf ihrem Monitor irgendwelche Werte. Keiner bemerkte das aufgelöste Mädchen, welches am Eingang stehen blieb und kein Wort herausbekam. Erst eine Stimme riss sie aus ihrer Arbeit und ließ sie aufschauen. „Entschuldigung? Könnten Sie wenigstens Miss Rizzoli Auskunft über den Zustand von Mister Frost geben? Sie ist seine beste Freundin, sie...war dabei...wurde auch verletzt." Grants Mutter blickte verlegen nach unten, ihre Hand ruhte dabei auf Janes Schulter, welche sich unter der Berührung anspannte. Sie wand sich nicht heraus, doch fühlte sich auch nicht wohl. „Miss Rizzoli? Sie bluten. Lassen Sie mich das kurz versorgen, dann bringe ich Sie zu ihrem Freund", sagte die Dienstälteste im Raum. Jane schüttelte den Kopf, wollte keine Zeit verlieren für eine kleine Wunde. „Brauchen Sie nicht. Ich möchte einfach zu Frost. Es tut auch nicht weh, danach können Sie es versorgen wenn Sie es für nötig halten." Die Dame stand auf, nickte nur und führte Jane nach draußen. Grants Mutter blieb zurück, wagte es nicht ihnen zu folgen. Jane wusste, dass sie nichts dafür konnte was passiert ist, sie fand es sogar ziemlich stark von ihr hier aufzutauchen, aber trotzdem wollte sie sie nicht dabei haben wenn sie Frost besuchte. Die Stationsschwester sagte nichts, bugsierte sie zum Aufzug, schob sie hinein und drückte den Knopf für die Intensivstation. Jane schaute sie geschockt an, all ihre Hoffnung ging gerade über Bord. „Keine Sorge, Miss Rizzoli. Es geht ihm schon wieder besser. Er liegt dort nur zur Überwachung. Mister Frost wird heute Abend noch verlegt auf unsere Station." Erleichtert atmete Jane auf. „Sie haben mir einen Schrecken eingejagt. Hat er ernste Verletzungen davongetragen?" Mit einem Ruck blieben sie stehen und die Türen öffneten sich. „Schauen Sie einfach selbst."

Sie gingen zu dem dritten Zimmer auf der rechten Seite des Flures, wo die Stationsschwester die Tür öffnete und Jane den Vortritt ließ. Frost lag schlafend auf seinem Bett, die Bettdecke reichte nur bis zu seiner Hüfte und ein dicker Verband schlang sich um seinen Bauch. Trotz des Verbands zeichneten sich deutlich seine Muskeln darunter ab, verbarg aber nicht seine verfärbte Haut. Die Blutergüsse mussten sich über seinen kompletten Bauchraum ziehen, ansonsten hätte Jane sie nicht an den Rändern des Verbandes erkennen können. Sie verzog ihren Mund, versuchte sich nicht anmerken zu lassen wie sehr sie es verunsicherte Frost so zu sehen. Sie stand mittlerweile neben seinem Bett, unschlüssig darüber was sie tun sollte, strich sie mit ihrem Finger über seine Hand. Er regte sich nicht, nur sein leiser Atem war zu vernehmen. „Frost?", flüsterte Jane. Wieder keine Reaktion. Seufzend ließ Jane sich auf einen Stuhl nieder, schob ihn so leise es ging näher und machte es sich gemütlich. Minuten später ereilte sie eine Müdigkeit die sie einschlafen ließ, erst ein Rascheln weckte sie wieder auf. Sie hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen sein muss, doch Frost schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Und ich dachte schon du bist in dem Stuhl gestorben, Rizzoli. Dich weckt ja nichts!", lachte Frost. Froh darüber ihn schon wieder witzeln zu hören, knuffte sie ihn in seinen Arm, bedachte nicht, dass die Erschütterung ihm Schmerzen bereiten könnte. Er verzog sein Gesicht und Jane schlug sich die Hände vors Gesicht. „Oh Gott, es tut mir so leid Frost! Das wollte ich nicht!" Er lachte leise und tätschelte ihre Hand. „Alles gut. Gewöhn dich schon mal an diesen Anblick. Später auf dem Dezernat wird es bestimmt öfters vorkommen, gute Übung also." „Hör auf solche Witze zu reißen, Frost. Das ist ernst!", ermahnte ihn Jane. Nie gehörte sie zu den ernsten Personen, doch bei für sie wichtigen Menschen schon, sie wollte gar nicht darüber nachdenken was alles hätte passieren können. „Ich hätte ihn fertig gemacht, Jane." „Psst! Hör auf das zu sagen. Er ist es nicht Wert. Ich hoffe er bekommt seine gerechte Strafe. Dr. Isles kümmert sich darum!", mutmaßte sie. Frost schaute Jane an, seine Blicke durchbohrten sie fast. „Was?!", giftete Jane. Sie hasste diesen Blick, Frost würde später ebenfalls einen großen Erfolg bei Verhören verbuchen, genau wie sie. Ein gutes Team. „Dr. Isles also", Frost strich sich über sein Kinn, grübelte und schaute dann wieder Jane an, „Du magst sie, oder?" Jane biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, versuchte die aufsteigende Röte in ihrem Gesicht aufzuhalten, doch zu spät, die Hitze erreichte sie immer schneller als ihr lieb ist. Bevor sie reagierte und was Falsches sagen konnte, redete Frost weiter. „Sie scheint dir eine große Unterstützung zu sein was deine Familie betrifft. Hast du mit ihr darüber geredet?" Erleichterung machte sich in Jane breit, fast glaubte sie entlarvt worden zu sein. „Ehm. Ja, wir haben darüber geredet, mehr durch Zufall, aber ja. Sie hat meine...sie hat was gesehen und mich dann darauf angesprochen", entgegnete Jane. Jane hatte keine Lust darauf alte Geschichten rauszuholen, Frost alles zu erzählen. Je mehr Lügen sie erzählen würde, desto mehr verstrickte sie sich in diesem verhängnisvollem Netz. Es bereitete ihr Bauchschmerzen ihren besten Freund überhaupt anlügen zu müssen, doch diese Wahrheit konnte sie ihm einfach nicht anvertrauen, auch wenn sie ihm zu 100 Prozent vertraute. Es klang bescheuert. Sie vertraute ihm, und doch vertraute sie ihm nicht in dieser Hinsicht. „Sie weiß also von euren Problemen? Deswegen sieht Sie manchmal so besorgt aus. Und was ist mit Chloe? Läuft da wieder was?", Frost hörte nicht auf zu Fragen, er musste nur lang genug bohren, er brauchte einfach Gewissheit. Jane schlürfte gerade eine Cola, die ihr die Krankenschwester der Station heimlich überreichte und verschluckte sich. Hustend stand sie auf, was Frost dazu veranlasste ebenfalls aufzustehen, wenn auch unter Schmerzen. Er klopfte ihr auf den Rücken, musste jedoch schnell wieder aufhören, da es ihm Tränen in die Augen trieb. „Seheetz...dich", keuchte Jane. Langsam beruhigte sie sich und nahm wieder neben Frost Platz. „Dr. Isles weiß es ja, vor ihr kann man nicht lange etwas verheimlichen, sie beobachtet alles ganz genau. Auch egal. Chloe? Wie kommst du darauf?" Sie versuchte nicht es auszuschmücken, Frost Angriffsflächen zu bieten, Jane wartete seine Fragen ab und kalkulierte dann ihre Antworten. „Ich sehe doch wie du sie anschaust. Läuft da wieder was bei euch? Ist Becca deswegen so sauer auf dich?", es nervte ihn so bohren zu müssen, wieso rückte sie nicht einfach damit raus? Es tat ihm so weh ihr Interesse für andere Menschen zu sehen, doch das sagte er Jane nicht. „Hat Becca das behauptet? Zwischen Chloe und mir läuft nichts, Frost. Was soll ich sonst noch sagen? Ich bin einfach lieber alleine, zumindest im Moment." Frost ballte seine Fäuste, versteckte sie schnell unter die Bettdecke, doch Jane entging das nicht. „Frost? Warum bist du so wütend? Was habe ich falsch gemacht?" Sie wollte doch nur für ihn da sein, ihn unterstützen, schauen wie es ihm geht. Und jetzt diskutierten sie schon wieder. Es zehrte an ihren Nerven und Kräften.

„Ich habe doch gesehen wie verliebt du sie angesehen hast! Oder was war das heute Morgen im Raum? Du wirst rot und nervös sobald wir den Saal auch nur betreten, nein was sage ich! Sobald wir auch nur in der Nähe davon sind! Du lügst mich an verdammt!" „Aber Frost. Ich...ich...Chloe...", doch Frost ließ sie gar nicht weiterreden. „Verdammt warum erwiderst du nicht einfach meine Gefühle! Aber nein, anstatt dessen vergnügst du dich mit verschiedenen Frauen. Selbst Grant hast du mal kurzzeitig eine Chance gegeben! Warum nicht mir, Jane?! Warum versuchen wir es nicht!? Bitte!" Frosts Augen quollen hervor und Jane schaute ihn ängstlich an, nicht weil sie Angst verspürte, sondern wegen seiner Worte, seiner Bitte. Es passierte gerade dass wovon sie immer gehofft hatte, es würde niemals eintreten. Die Bitte um das Unmögliche, die Worte die ihre Freundschaft zerstörten. Dabei dachte Jane wirklich, das Thema habe sich erledigt. „Frost...es tut mir leid...", mehr brachte sie nicht über ihre Lippen. Der dicke Kloß in ihrem Hals fühlte sich tonnenschwer an, Tränen stiegen in ihre Augen, sie zitterte. Ihr bester Freund liebte sie, eine Tatsache die sie jahrelang ignorierte und nun ins Gesicht geknallt bekam. „Ich kann nicht...wir können nicht. Du bist doch mein bester Freund und ich...ich bin nicht in dich verliebt, Frost...ich mag dich...Das weißt du, aber nicht so. Ich..." Doch Frosts Hand schloss sich um ihre und er starrte ihr in die Augen. „Sag mir, dass du mich nicht liebst, Jane. Das ist alles was ich will...und ich will wissen wer dein Herz in Anspruch genommen hat. Ich spüre das, also lüg mich nicht an." Tränen liefen ihr nun über ihre Wangen, verlegen strich sie mit ihrem Kittel darüber, hasste es so vor Frost zu sitzen. „Ich kann nicht Frost. Beides. Ich kann es nicht sagen." Frost lächelte. „Also liebst du mich wohl." Jane seufzte. „Natürlich liebe ich dich Frost...aber so wie meinen Bruder." Es fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube, Frost verzog das Gesicht und ließ ihre Hand ruckartig los, so als hätte er sich an Jane verbrannt. Schmerzhafter als alles was ihm heute passiert war. „Bruder?", seine Stimme zitterte und Jane rückte ein Stück von ihm weg. Verletzt schaute er sie an. „Das ist nicht dein Ernst?! Jane. Bitte!" Er setzte sich auf, legte seine Hand an ihre Wange. Es passierte schneller als gedacht, noch bevor sie sich wegdrehen konnte näherte sich Frost ihrem Gesicht. „Versuch es doch erst einmal. Du musst die Gefühle zulassen Jane, über die Brudersache hinwegsehen. Schau." Und mit diesen Worten legte er seine Lippen auf ihre, zum zweiten Mal. Janes Kopf explodierte, wenn sie sich dem Kuss entziehen würde, verletzte sie seine Gefühle noch mehr als sie eh schon waren. Erwiderte sie den Kuss, fühlte er sich bestätigt, dabei gab es nichts was sie für ihn empfand, außer Bruderliebe. Der Kuss fühlte sich falsch und fremd an und genau im falschen Moment ging die Tür auf, gerade als Jane ihre Hände gegen seine Schultern drückte und ihn so von sich weisen wollte, und Maura kam herein. Ausgerechnet Maura. Sie blieb wie angewurzelt stehen, Frost schaute Jane an, würdigte Maura keines Blickes, doch Jane schaute entsetzt zwischen Frost und Maura hin und her. „Ich...", doch Maura ging schon aus der Tür heraus, ohne überhaupt gesagt zu haben warum sie hier ist und Frost hielt Jane fest. „Jane. Ich liebe dich. Bitte gib uns diese eine Chance! Der Kuss war doch schön!" Frost flehte Jane an, was ihr fast das Herz zerbrach, sie verlor gerade ihren besten Freund. Zum zweiten Mal. Wie naiv ist sie gewesen zu glauben, er könne darüber hinwegkommen. Über sie hinwegkommen, wenn sie doch so viel Zeit miteinander verbrachten. Kopfschüttelnd löste sie sich von ihm. „Das hättest du nicht tun sollen, Frost. Ich kann nichts tun als dich zu verletzen. Ich habe keine Gefühle für dich, der Kuss hat sich angefühlt als hätte ich meinen Bruder geküsst, Frost. Ich...es tut mir wirklich leid! Ich kann einfach nicht, Frost. Ich kann einfach nicht."

Die Tränen liefen einfach nur noch runter, der Schmerz ihn verloren zu haben und vielleicht auch Maura, machte sie fertig. Zu viele Dinge gingen im Moment schief, sie verlor am laufenden Band Menschen, Menschen die ihr so verdammt wichtig waren. Sie tapste auf den Flur hinaus, sah kaum wohin sie ging und schleppte sich zur nächsten Toilette. Heulend und krampfend schloss sie sich auf der Toilette ein, Gefühle übermannten sie und gaben ihr keine Chance auf ihre Sinne zu achten. Sie bemerkte nicht die Schritte auf dem Flur, das Klopfen an ihrer Tür. Erst diese vertraute Stimme riss sie aus ihrer Trance. „Jane? Mach auf." Jane zögerte, glaubte nicht Maura in die Augen sehen zu können, doch ihre Hände erledigten die Arbeit bevor sie weiter darüber nachdenken konnte. Arme griffen nach Jane und zogen sie in eine herzliche Umarmung, Wärme und Liebe ummantelte sie, ergriff sie so unerwartet, dass sie noch mehr weinen musste. „Es...tut...mir leid..." Worte die sie heute so oft von sich geben musste, die sie aus dem tiefsten Herzen so meinte, doch Maura wollte sie nicht hören. „Es ist in Ordnung, du musst dich nicht entschuldigen." „Aber...", entgegnete Jane. Doch Maura schüttelte den Kopf und brachte sie mit einem Kuss auf den Kopf zum Schweigen. Es war Maura nicht egal was sie gesehen hatte, doch sie wusste Jane betraf keine Schuld. Trotzdem brachte sie es nicht übers Herz ihre Studentin auf den Mund zu küssen, den Mund den eben noch Barry Frost küsste. Alles in ihr zog sich zusammen, doch wie immer mimte sie die starke, erwachsene Frau, die Dozentin die sie eigentlich sein sollte. Sie zog Jane nach oben, unterstützte sie beim Laufen und brachte sie zurück zu ihrer Station. Während Jane sich ins Bett legte, bemerkte sie ihre blutige Hand. „Das sollte sich jemand anschauen", murmelte Maura und setzte dazu an das Zimmer zu verlassen. „Maura, warte", Jane griff nach ihrer Hand, zog sie zurück zu sich, doch Maura entzog sich ihrer Berührung. Der Schock stand Jane ins Gesicht geschrieben, auch wenn sie es im Innersten verstand, verletzte es sie doch zutiefst. „Ich hole eine Schwester." Mehr sagte Maura nicht, sondern eilte aus dem Zimmer hinaus. Jane bekam sie an diesem Tag nicht mehr zu Gesicht, wer wäre sie auch wenn sie das von ihr verlangte. Jedoch tat alles gerade einfach nur weh und dabei redete sie nicht von ihrer Nase. Ihre Hand wurde versorgt, Schmerzmittel sollten ihr helfen zu entspannen, doch sie linderten nicht ihren seelischen Schmerz den sie verspürte. Ihr Handy klingelte einige Male, immer handelte es sich um Frost, den Jane ignorierte, sie dagegen wurde von Maura ignoriert. Sie erhielt keine Antwort auf ihre Texte, ihre Anrufe. Sie verstand Mauras Schock, auch ihre Reaktion, immerhin ist es ihr mit Ian nie anders ergangen, aber gerade jetzt brauchte sie Maura...jemanden zum reden... Doch nun hatte sie niemanden mehr. Jane weinte sich in den Schlaf, bemerkte nicht einmal den Besuch ihrer Mutter, die sie genau erwischte während sie schlief. Auch ihre Mutter könnte ihr diesen Schmerz nicht nehmen, die Lücke in ihrem Herzen schließen. Alpträume plagten Jane die ganze Nacht, doch lieber wollte sie träumen als in ihrem persönlichen Alptraum des Lebens zurückzukehren. Jane wünschte sich einfach nur endlich glücklich sein zu dürfen, in ihrem Leben vorwärts zu kommen und mit ihrer Liebe des Lebens eine Zukunft führen zu dürfen. Mehr wollte sie gar nicht, oder war das schon zu viel verlangt?

From Elephants and Tortoises (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt