Kapitel 41

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Scheppernd ging das Glas neben Jane zu Bruch, panisch drehte sie sich um und versuchte sich zu beruhigen. Tief durchatmen, Jane. Konzentrier dich. Hinter sich sah sie nichts, nur schwarze Schatten und alte Holzkisten. Unter ihr knackte das Glas, zerbrach unter der Sohle ihrer schweren Schuhe. Sie duckte sich hinter einem Wasserfass und kontrollierte die Patronen in ihrer Pistole, sowie ob sie entsichert ist. Der Wind heulte um das Gebäude herum und verursachte Gänsehaut auf Janes Armen, sie biss sich auf die Lippe, sammelte ihre Kräfte und schlich geduckt vorwärts. Ein Knacken im Ohr brachte sie zurück in die Realität: „Rizzoli. Der Täter wird im Erdgeschoss vermutet, er bedroht das Opfer, du musst dich beeilen." Korsaks Stimme schallte in ihrem Kopf und brachte sie durcheinander, so hatte sie es sich nicht vorgestellt. Jane Rizzoli hatte nicht damit gerechnet Panik zu verspüren, doch nun saß sie hier und brachte es kaum über sich weiterzugehen. „Jane. Gehen Sie vorwärts, das Opfer braucht ihre Hilfe." Als wäre Hilfe das Stichwort gewesen eilte Jane nach vorne, lugte durch die Türen, kontrollierte sie, murmelte ein „Leer" und ging weiter. Nur noch drei Räume waren übrig, in einem würde sie den Täter sowie das Opfer vorfinden, sie musste die Situation schnell abschätzen um richtig zu handeln. Vor dem zweiten Raum stoppte sie, vernahm ein Murmeln hinter der Tür, weshalb sie sich besonders vorsichtig aufrichtete um durch das schmale Fenster in der Tür zu spähen. Dort stand er, eine dunkle Sturmhaube lag eng an seinem Kopf, die Pistole hielt er an den Kopf seines Opfers und er murmelte etwas. Jane sondierte die Lage, im Kopf ergaben sich Wege und Möglichkeiten, sie entschied sich, nachdem sie im Raum eine zweite verstecktere Tür entdeckt hatte, den anderen Eingang zu wählen. Sie schlich auf die andere Seite und öffnete die Tür so leise wie möglich, sie vernahm mittlerweile nur noch ihren eigenen Atem und das Rauschen in ihrem Ohr, eine unheimliche Stille lag über ihnen. Geduckt näherte sie sich dem Täter, das Opfer hatte sie schon per Zeichensprache auf sich aufmerksam gemacht. Der nächste Moment ereilte sich binnen Sekunden, das Opfer duckte sich auf Janes Zeichen hin nach unten, genau in dem Moment als eine Schale scheppernd in der anderen Ecke des Raumes aufkam. Der Täter drehte sich danach um und zielte mit seiner Pistole in die Richtung des Geräusches. Jane nutze ihre Chance und sprintete auf ihn zu, schlug mit ihrer äußeren Handkante auf die Armbeuge seines rechten Armes und entwaffnete ihn so. Sie riss seine Arme nach hinten und legte ihm Handschellen an.

Ein Applaudieren schallte durch den Raum, sowie durch das Headset in ihrem Ohr und wenige Sekunden später kam Korsak durch die Tür und gab ihr ein High Five. „Exzellente Leistung, Rizzoli." Sie strahlte über das ganze Gesicht und wartete geduldig ab, als Leutnant Cavanaugh Korsak zum Gespräch nach draußen zog. Der vermeintliche Täter wurde befreit und schüttelte Jane die Hand: „Sehr gute Arbeit, Detective. Ich habe mit allem gerechnet, aber nicht damit." Er strich sich dabei über die Armbeuge und verzog kurz das Gesicht, Jane hatte eine ganz schöne Power in ihrem zierlichen Körper. „Entschuldigen Sie, falls ich Ihnen wehgetan habe." Sie kratze sich verlegen am Kopf, doch der Officer schaute sie nur lächelnd an und schüttelte den Kopf: „Sie haben ihre Arbeit getan, entschuldigen Sie sich nicht. Ich denke die Chancen stehen sehr gut für Sie." Er zwinkerte ihr zu und ging zusammen mit dem Opfer, einem anderen Officer vom Revier, nach draußen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen Korsak und Cavanaugh zurück zu Jane, beide mit einem großen Lächeln im Gesicht. „Miss Rizzoli...wir freuen uns Ihnen mitteilen zu dürfen, Sie sind ab nun offiziell in unserem Ausbildungsprogramm zum Detective. Ihre theoretische Prüfung haben sie mit Bravur gemeistert, 99 von 100 Punkten, von der Sportprüfung fange ich gar nicht erst an und hier im Einsatz habe sie sehr gutes Denk- und Handlungsvermögen aufgezeigt. Herzlich Willkommen!" Cavanaugh schüttelte ihre Hand und mit der anderen klopfte er ihr herzlich auf die Schulter. Janes Gesicht schmerzte schon vom ganzen Lächeln, sie hat sich noch nie so gut gefühlt. Sie war noch nie so stolz etwas geschafft zu haben. Korsak gratulierte ihr ebenfalls und als die Beiden außer Reichweite waren, sprang Jane vor Freude in die Luft und riss die Arme nach oben. Die beiden Männer lächelten, die Reaktion haben sie sehr wohl mitbekommen, und Jane folgte ihnen kurz darauf. Sie gingen zusammen zurück zum Department wo Jane von ihren künftigen Kollegen in Empfang genommen wurde. Alles im Büro war geschmückt, darauf vorbereitet sie offiziell in ihrem Kreis aufzunehmen. Sie schüttelte viele Hände, nahm Glückwünsche entgegen und nahm zähneknirschend am Aufnahmeritual teil.

Jane öffnete die Tür des schwarzen Mercedes und plumpste erschöpft auf den Beifahrersitz. „Und?", fragte Maura ungeduldig. Jane schaute deprimiert und unglücklich aus, sie betete Jane möge die Prüfung geschafft haben. Jane schwieg, schaute sie traurig an. „Jane! Nein...das glaube ich nicht." Jetzt wurde das Grinsen immer breiter und Jane schaffte es nicht die Fassade aufrecht zu erhalten. Sauer darüber von Jane verarscht worden zu sein, schlug sie ihr leicht auf den Arm. „Jane! Das kannst du nicht machen! Ich habe gerade einen richtigen Schock bekommen! Erzähl schon!" Jane grinste und strich Maura dabei über den Oberschenkel: „Entschuldige Maur, ich konnte nicht anders. Bevor ich anfange zu erzählen, du solltest lieber in Richtung meines Hauses fahren." Maura schaute sie verständnislos an: „Aber ich dachte wir machen uns einen schönen Abend bei mir? Die Kinder sind doch nicht da." Sie zog dabei verführerisch eine Augenbraue nach oben und griff nach Janes Hand auf ihrem Oberschenkel um sie noch ein Stück weiter nach oben und somit unter den Rock zu schieben. Jane keuchte auf als sie merkte, dass Maura keine Unterwäsche trug. „Maur!" Maura schaute Jane mit einem frechen Grinsen an und drückte dann die Beine zusammen, sodass Jane ihre Hand nicht mehr entfernen konnte.

Eine Stunde zu spät kamen sie im Hause Rizzoli an, Jane eilte sofort ins Bad und zog Maura hinter sich her. Sie machten sich frisch und gingen dann in die Küche, wo Angela summend vor ihrem Herd stand. „Ma, da sind wir", nuschelte Jane. Maura neben ihr verspannte sich leicht, doch als Angela sich umdrehte und sie sofort herzlich in ihre Arme zog, war jegliche Angst verflogen. „Angela, vielen Dank für Ihre Einladung, ich weiß das wirklich sehr...", Angela schaute Maura strafend an als sie sie unterbrach: „Wenn Sie mögen, müssen wir nicht so förmlich sein. Immerhin sind Sie die Freundin meiner Tochter." Maura lächelte und auch Jane konnte ihres nicht unterdrücken, ihre Ma gab sich wirklich Mühe. „Sehr gerne...Angela." Kurze Zeit später tauchten Frankie und Tommy auf, welche sich ebenfalls bei Maura vorstellten und sie direkt ins Herz schlossen. Allein die Beiden zu beobachten wie sie miteinander umgingen, wie sie sich ansahen, zeigte allen sehr deutlich, wie glücklich sie einander machten. Maura, vertieft in ein Gespräch mit Frankie, sah nicht wie Jane sie aus der Küche heraus beobachtete, die wiederum merkte nicht, wie Angela ihre Tochter anschaute. „Ich habe dich noch nie so glücklich gesehen, Janie. Dich so zu sehen, erfüllt mich mit einer Freude, die ich nicht in Worte fassen kann. Ich habe mir immer einen Mann an deiner Seite gewünscht, doch zu sehen dass keiner dich zum Lächeln bringen konnte, zerbrach mir innerlich das Herz. Doch jetzt, jetzt sehe ich wahre Freude, wahre Liebe. Ich sehe sie dir sofort an und das macht mich glücklich. Jane, diese Frau ist herzlich in unserer Familie Willkommen, das ändert auch nicht dein Vater", sagte Angela. Jane wischte sich eine Träne aus den Augenwinkeln und zog ihre Mutter in eine liebevolle Umarmung: „Danke Ma. Du hast keine Ahnung wie viel mir das bedeutet. Ich habe gedacht...dass du das nicht akzeptieren kannst und das hat mich so sehr verletzt, ich wusste kaum wohin mit diesem Schmerz... Doch jetzt gerade? Da bin ich unheimlich glücklich... Ich habe meinen Traumjob realisiert, ihr steht hinter mir und meine Traumfrau...habe ich auch gefunden...", entgegnete Jane. Angela strich ihrer Tochter zärtlich über den Kopf und schob sie dann zu den anderen ins Esszimmer. Angela kehrte Minuten später mit dampfenden Töpfen zurück, stellte sie auf den Tisch und reichte das Essen umher. „Maura, nächstes Mal bring doch deine Kinder mit. Sie werden meine Pasta lieben!" Maura verschluckte sich an ihren Nudeln und schaute geschockt in die Runde, woraufhin die Rizzolis in ein ansteckendes Lachen verfielen. „Du hast es ihnen gesagt?!", fragte Maura aufgeregt und zugleich geschockt. „Natürlich Maura. Sie gehören genauso zur Familie wie du, Ma möchte sie kennenlernen", sagte Jane grinsend. Sie wusste diese Überraschung würde Maura auf eine emotionale Achterbahnfahrt schicken und wie auf Kommando kamen Maura die Tränen. Jane stand auf und schlang ihre Arme um Mauras Körper, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und sagte: „Du bist meine Familie Maura, ich liebe dich und ich liebe die Kinder. Sie gehören zu dir, also gehören sie auch zu mir, das wissen hier alle. Also beim nächsten Mal nehmen wir Scarlett und Mattheo mit." Mauras Tränen versiegten nur langsam, die warmen Worte der Rizzolis beruhigten sie und sie schaffte es endlich Worte zu finden, die dieser Situation halbwegs gerecht wurden: „Sehr sehr gerne würde ich meine Kindern mitbringen, ich kann es kaum fassen...ich... Bis vor kurzem habe ich nicht mal daran gedacht ich würde euch kennenlernen, aber eure Wärme möchte ich schon jetzt nicht mehr missen. Meine Kinder werden sich hier sehr wohl fühlen...so wie ich mich hier auch wohlfühle. Danke, dass ihr mich so herzlich bei euch aufgenommen habt." Für Maura handelte es sich dabei um große Worte, sie selbst hatte in ihrer Kindheit nie viel Liebe erfahren, was sie für ihre eigenen Kinder niemals wollte. Ihre Eltern waren auch keine guten Großeltern, sie verhielten sich genauso steif wie bei Maura und seit einigen Jahren ist der Kontakt so gut wie abgebrochen. Ein gelegentlicher Anruf, kleine Geschenke zu Weihnachten und Geburtstagen, zu mehr ließen sie sich nicht hinreißen. Aber diese Familie hier? Sie gaben mehr Liebe als Mauras und Ians Eltern zusammen, ihre Kinder würden sich hier wohl fühlen, eine großelterliche Liebe erfahren, dessen war sie sich sicher. „Danke", hauchte Maura noch einmal, bevor sie sich wieder dem Essen widmete.

Der Abend verlief harmonisch, nach dem Essen spielten sie gemeinsam Spiele, unterhielten sich über Gott und die Welt, bis Tommy und Frankie ins Bett gingen. Angela und Maura vertieften sich in ein Gespräch über Handtaschen, wo Jane sich seufzend ausklinkte. Jane ging auf die Terrasse und atmete die frische, regenverhangene Luft ein. Ihre Lunge füllte sich und sie atmete erleichtert aus. Dieser Abend ist besser verlaufen als geplant, der ganze Tag ist besser gelaufen als gedacht. Sie arbeitete nun offiziell fürs BPD, ging nun nur noch zu vereinzelten Vorlesungen, die wichtig für ihre Ausbildung sind. Weniger Zeit in der Uni zu verbringen zauberte Jane ein Lächeln aufs Gesicht. Zwar lernte sie dort Maura kennen und hatte dort auch sehr schöne und gute Momente, doch sie erinnerte sie auch an Personen und Umstände, denen sie nun aus dem Weg gehen konnte. Frost. Da fiel ihr wieder ihr bester Freund ein, der seit Stunden auf eine Rückmeldung wartete. Sie wählte seine Nummer und wartete darauf, dass er abnahm. „Und? Und und?", meldete sich Frost. „Ich bin ab heute offiziell beim BPD angestellt", jubelte Jane. Frost am anderen Ende der Leitung jubelte ebenfalls, gratulierte ihr und quetschte sie über die Prüfung aus. Erst am Ende, kurz bevor sie sich verabschiedeten, eröffnete er ihr etwas, womit sie nicht mehr gerechnet hatte. „Jane? Ich weiß ich habe es dir in der letzten Zeit nicht leicht gemacht und mir tut es noch immer leid, wie ich gehandelt habe. Es tut mir leid, dass ich dich in manch unangenehme Situationen gebracht habe..." Er stockte in seinem Monolog und holte tief Luft. „Ich habe mich nie richtig entschuldigt, deshalb mache ich es nun... Es tut mir leid dich bedrängt zu haben, dich geküsst zu haben, obwohl ich weiß, dass du auf Frauen stehst. Es war egoistisch zu denken, du könntest es erwidern...deine Meinung ändern... Umso mehr freue ich mich dir etwas zu sagen...ich habe ein Mädchen kennengelernt...in einer Vorlesung die ich neu belegt habe. Sie heißt Diana und studiert Jura." Frosts Entschuldigen schnürte ihr für einige Sekunden den Hals zu, sie glaubte fast er könnte es nochmal versuchen, doch als er dann anfing von Diana zu erzählen, hätte sie am liebsten Freudensprünge gemacht, zum zweiten Mal an diesem Tag. „Das heißt wir können jetzt wieder ganz normal miteinander umgehen?", fragte Jane hoffnungsvoll. Natürlich ist ihr bewusst, es könnte immer wieder durchkommen, doch die Hoffnung ihren besten Freund wiederzuhaben nahm sie vollkommen ein. „Ja", sagte Frost, „ganz normal, so wie früher. Ich möchte, dass du sie kennenlernst und würde auch gerne deine geheimnisvolle Flamme kennenlernen." Gerade als sie etwas erwidern, widersprechen wollte, tauchte Maura hinter ihr auf und sagte: „Jane...komm rein, wir gehen ins Bett und machen dort..." Jane drückte ihr die Hand auf den Mund und Frosts Lachen schallte ihr aus dem Hörer entgegen. „Bis Morgen, Jane. Wie gut, dass du noch nicht widersprochen hast. Ich wusste es doch." Sie legten auf und Jane schlug die Hand vors Gesicht, Maura schaute sie verständnislos an: „Ich wusste nicht, dass du telefonierst...ich...es tut mir leid..." „Maur, es muss dir nicht leid tun, alles gut. Irgendwann musste es ja soweit kommen. Ich muss mir irgendwas überlegen was ich Frost sagen kann. Ich kann ihm ja schlecht sagen, dass wir zusammen sind", seufzte Jane. Maura strich ihr über den Rücken und sie gingen zusammen in Janes Zimmer. Interessiert schaute Maura sich um, sie stand zum ersten Mal in Janes Jugendzimmer. Jane fühlte sich entblößt, peinlich berührt, doch Maura nahm ihr dieses Gefühl. „Ich mag es hier, es spiegelt dich sofort wieder...Jane? Ich würde gerne...dass du...bei mir wohnst..." Jane drehte sich ruckartig um: „Ehrlich?" Maura lächelte und zog Jane in ihre Arme: „Ehrlich. Ich würde mich freuen und die Kinder auch...und du sollst deine persönlichen Dinge bei mir haben, meinem Haus...unserem Haus deinen Charakter verleihen." Zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag kamen ihr die Tränen, die Freude überrollte sie wie eine gewaltvolle Welle aus dem Meer. „Maur...Ich weiß nicht was ich sagen soll..." Maura zog sie enger an sich und vergrub ihren Kopf in Janes Schulter: „Einfach ja." Sie küsste Janes Hals, während ihre Hand mit ihrem Haar spielte und Jane sank tiefer in Mauras Arme. „Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, Maura. Das ist ein JA." Sie hob Mauras Kinn an und hauchte ihr einen zarten Kuss auf ihre vollen Lippen, sog jedes Detail ihrer Freundin in sich auf, studierte sie und ihre Augen. Ein Blick in diese fühlte sich an wie ein Trip in das Innerste von Maura, sie sah so viel Liebe und Geborgenheit in ihnen und das alles galt ihr. „Ich liebe dich, Maur."

From Elephants and Tortoises (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt