Prolog

7 1 0
                                    


Angestrengt recke ich meinen Hals, um über alle anderen hinwegsehen zu können und nicht aufzufallen. Würde ich aufstehen, müsste ich mit unzähligen beobachtenden Blicken rechnen.

Der Präsident der Uni ist der Einzige, der ganz vorne auf dem Podest hinter einem Pult steht, denn alle anderen sitzen artig und lauschen aufmerksam seinen Worten.

Nur ungern würde ich ihm die Show stehlen, wenngleich er auch so aussieht, als wäre er für jede Unterbrechung dankbar. Es ist allseits bekannt, wie sehr Bowen es hasst solche obligatorischen Reden halten zu müssen.

»Wenn du noch ein Stück weiter vorrutscht, kippst du gleich vorne über und landest in Gracies speckigen Nacken, Noah!«, ermahnt mich mein Freund und Teamkollege Ben und zwinkert belustigt. Um meinen missbilligenden Blick, den ich ihm wegen seinem deplatzierten Kommentar über Gracie zuwerfe, kümmert er sich nicht weiter.

»Sie ist bestimmt heute Abend auf der Party, also schone deinen Hals. Vielleicht küsst ihr euch sogar, was sich mit einer steifen Schulterpartie ziemlich unangenehm gestalten könnte und sie würde dich erst recht für einen Freak halten.« Hätte Ben auf mich gehört, wäre es mir erspart geblieben meinen Hals wie den von einer Giraffe zu strecken, denn wir würden drei Reihen weiter vorne sitzen und ich könnte direkt in ihren Rücken atmen.

Das zweite Studienjahr hat soeben offiziell begonnen und im Grunde verdanken es die Kansas University Panthers einer einzigen Studentin, dass ich spiele wie ein Gott. Was nicht heißen soll, dass ich nicht ohnehin göttlich spiele, doch um ihre Aufmerksamkeit bemüht, wachse ich über mich selbst hinaus.

Zusammen mit Ben, dem ultimativen Shooting Guard an meiner Seite, gelten wir als das Erfolgsduo schlechthin und trotzdem würdigt sie mich bisher keines Blickes.

Den Gerüchten zufolge, will Jill nichts mit einem Sportler wie mir zu tun haben, doch trotzdem muss ich versuchen, sie für mich zu gewinnen. Worin ich bisher kläglich gescheitert bin.

Dieses ganze Team Gebaren ist nicht ihre Welt. Den Hype, den die Uni um uns herum veranstaltet, ist nicht ihr Ding und sie hält uns alle für eingebildete Clowns, die nur den Ball, den nächsten Korb, Ruhm und Ehre, und jede Feier nach einem Sieg, im Kopf haben. Womit sie auch nicht falsch liegt, doch hätte ich mich in einem Bastelkurs einschreiben sollen, nur um ihr näherkommen zu dürfen?

Dass es mir natürlich keine Lorbeeren einbringen würde, mich zwischenzeitlich mit anderen Mädchen zu vergnügen, daran verschwendete ich keinen Gedanken. Bis ich eines nachts neben ihrer Freundin aufwachte und davonlief. Dieser Fauxpas macht mir wirklich schwer zu schaffen, denn das war wohl etwas übertrieben, wenn es doch Jill ist, die ich will.

Übermäßiger Alkoholkonsum ist seither definitiv gestrichen.

»Du hast mit Cynthia geschlafen? Wie dämlich muss man sein?«, waren Bens Worte am Tag nach der Party, nachdem ich ihm von meiner Nacht erzählt hatte. Anfangs dachte ich, der Neid würde aus ihm sprechen. Ben war doch immer schon scharf auf Jills Freundin gewesen und ich zog ihn damit auf, dass sie mehr Augen für mich, als für ihn hatte. Allerdings lachte er nicht, wie es sonst seine Art ist, sondern offenbarte mir, dass er lange vor mir schon neben Cy gelegen hatte. Seinen seltsamen Gesichtsausdruck dabei, vergaß ich rasch wieder, weil meine eigene Dummheit lauthals alle anderen Gedanken übertönte.

»Ich habe es echt vergeigt, oder?«, bemerkte ich rein rhetorisch, angewidert von mir selbst und fuhr mir mit einer Hand durch mein brünettes, kurz geschnittenes Haar.

»Oh ja, Noah. Das hast du. Selbst wenn davor auch nur eine winzige Chance bestand, dass du jemals deine Hände auf Jills Brüsten wiederfinden würdest, so sieht es jetzt danach aus, als würdest du dich ihnen nicht mal auf 20 Meter nähern dürfen. Bis an den Rest eures Lebens, versteht sich!«

Nur ein FehlerWhere stories live. Discover now