Dich

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lasse ich nun wirklich nie wieder in die Nähe von meinem Gesicht, denke ich und bestaune das Endergebnis. Noch eine kleine zusätzliche Brise vom Lidschatten auf meinen Augen und ich könnte an einem Maskenball teilnehmen. Warum muss sie nur immer so übertreiben?

»Du weißt, dass Whice auch da sein wird?«, säuselt Cynthia und ihr lieblicher Augenaufschlag bringt mich beinahe dazu, meinen Chai über den Schminktisch zu spucken.

»Und das soll mir jetzt was genau verraten? Dass du dich ihm wieder an den Hals werfen wirst und er dich vielleicht nach seiner zehnten Flasche Bier mit auf sein Zimmer nimmt?«

Dieses anbiedernde Verhalten von meiner Freundin nervt mich total und offensichtlich will sie mich mit ihrer Schminkattacke ins Aus befördern. Was wirklich nicht notwendig ist, denn der Kerl samt seinem ganzen Basketball Kollegium, kann mir getrost fernbleiben und das sollte sie längst verinnerlicht haben.

Manchmal denke ich, dass einige meiner Freundinnen ohnehin nur studieren, um die geilsten Partys feiern zu können, mit den geilsten Kerlen am Start, die sie dann sowieso am nächsten Tag vergessen haben, weil es genügend neue Erfahrungen zu machen gilt. Mit anderen willigen jungen Frauen, die nichts auf diesen Wegwerfruf geben, den jeder einzelne von ihnen sich schon nach wenigen Monaten mehr als verdient hat.

Egal ob es einer der Kansas Panthers Spieler ist, einer aus dem Uni Football-, oder dem Leichtathletik Team, sie sammeln Frauen wie Sieges Trophäen und die meisten meiner Artgenossinnen scheint das nicht zu kümmern.

»Hey, wieso bist du so kratzbürstig, sobald ich mit dir über Männer sprechen möchte, Chili?«

»Nenn mich nicht so, Cynthia!«, blaffe ich sie an und kralle mir die Wimperntusche von der Ablage. Ich kann das selbst und wundere mich ohnehin über meine Gelassenheit, sie immer wieder an mein Gesicht ranzulassen. Andererseits kann man ihrem Dackelblick, wenn es darum geht jemanden schminken zu dürfen, nur schwerlich widerstehen.

Bei ihrem Faible für Make-up und den Kursen die sie in Rechtswissenschaften belegt, frage ich mich allerdings ernsthaft, wo ihr Weg hinführen soll. Hat sie vor einen der führenden Kosmetikhersteller im Kampf um profitgesteuerte Zulassungen zu unterstützen, nur um an die neuesten Beauty Geheimnisse heranzukommen, bevor eben diese die Welt noch verrückter machen, als sie es ohnehin schon ist?

»Wenn du mit Rasierklingen scharfen Bemerkungen um dich wirfst, gibt es keinen passenderen Namen für dich.«

Schmollend zieht sie ihren knallroten Lipliner nach und dreht mir beleidigt den Rücken zu.

»Entschuldige, Cy! Du weißt wie sehr ich diese Studentenpartys hasse und dass ich nur deinetwegen mitkomme. Dementsprechend ist auch meine Laune am Nullpunkt.«

Es ist nicht fair meine Freundin darunter leiden zu lassen, wobei... Würde sie mich von dieser dummen Wettschuld befreien, könnte ich einfach hierbleiben und damit wäre uns allen geholfen. Also hat sie es doch irgendwie verdient.

»Es ist nicht mein Problem, dass du mich falsch eingeschätzt hast, Süße. Du hast verloren und ich hätte nicht gedacht, explizit erwähnen zu müssen, dass gute Laune eine Teilnahmebedingung wäre.«

Seit wann kann sie meine Gedanken lesen?

Schon bald nach Beginn des ersten Semesters, hatten Cy und ich gewettet, dass sie ihre Leistungspunkte nicht bis zum Ende des Zweiten, auf mindestens 60 LP würde steigern können, weil sie zunehmend anderes im Kopf hatte, während ich in meinen Büchern zu ertrinken drohte.

Ich war so siegessicher. Und so geliefert.

Als wir unsere Punkte danach verglichen hatten, lag Cynthia sogar mit 75 LP gleich auf und ich werde nie wieder den Fehler begehen, sie zu unterschätzen. Keine Ahnung, wann sie zwischen den vielen freizeitlichen Verpflichtungen auch noch zum Lernen kam, doch vielleicht liegt es einfach daran, dass sie leichter büffelt als ich.

Nur ein FehlerWhere stories live. Discover now