..so hard, to say no..

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Nach der dritten Zigarette, die ich einsam auf der Ledercouch sitzend, in mich hineingesogen habe, beschließe ich nun doch endlich mal aufzustehen und an die Bar zu gehen. Ich brauche dringend was zu trinken, denn mein Hals ist unglaublich trocken und es dürstet mich nach etwas alkoholischem. "2 Vodka-Cola, bitte.", sage ich nachdem ich meinen Hintern auf einen der Barhocker geschwungen habe. Mein Wunsch wird mir erfüllt und das erste Glas fließt direkt mit einem Zug meine Kehle hinab, woraufhin ich mir von der anderen Seite der Bar unverständnisvolle Blicke einfange. "Schau' nicht so vorwurfsvoll!", meckere ich den Typen an, der mich so komisch anblickt und nuschel noch ein: "Arschloch..", hinterher. Es folgt das zweite Glas und gleich darauf noch 3 Tequila-Shots. Es dauert nur wenige Minuten, bis sich der Alkoholgehalt in meinem Körper bemerkbar macht, denn mit einem Mal fällt es mir schwer, mich gerade auf dem Hocker zu halten.

Betrübt starre ich in eines der leeren Gläser und hadere damit, mir nicht noch ein Getränk zu bestellen. Obwohl.. eigentlich. "Noch 'n Te-", beginne ich, aber werde unterbrochen. "Die Dame hat genug.", höre ich Wil's Stimme sagen und im gleichen Moment spüre ich seine warme Hand auf meiner Schulter. "Ach, und das haass' du zu entschaaidn. Jaaa?!", frage ich aufgebracht und bin selbst erschrocken, dass ich so lalle. "Du scheinst ja nicht mehr sonderlich entscheidungsfähig zu sein.", antwortet er ohne eine Miene zu verziehen und hilft mir vom Hocker. "Ich bring dich nachhause. Wo wohnst du?" - "Das geht dich 'n Schaaißdreck aaan!", motze ich ihn an. "Du solltest wirklich lernen, wo deine Grenzen liegen, Kleines.", meint er und legt nun beide Hände auf meine Schultern, um mich eindringlich zu mustern. Ist das sein verdammter Ernst? Ich weiß exakt, wo meine Grenzen liegen und auch, wenn ich gerade rede, als ob ich nicht mehr ganz Herrin meiner Sinne wäre, sind meine Gedanken noch mehr als klar.

"Also, wohin soll ich dich bringen?" - "Nirgendwohin!", sage ich und löse mich aus seinem Griff. Ich muss hier raus. Schnell laufe ich die Treppe nach oben und lasse mir meine Jacke geben, die ich mir etwas unbeholfen überwerfe. Draußen angekommen erschlägt mich die frische Luft beinahe und in mir steigt eine gnadenlose Übelkeit auf. "Rebecca." - "Wil..", sage ich schwach, als er auf mich zukommt. Schützend legt er einen Arm um mich und unsere Blicke treffen sich. Er ist so nah mit seinem Gesicht an meinem und ich muss sofort an den Moment in der Raucherlounge denken. Wenn er mich doch eigentlich gar nicht will, warum ist er denn dann jetzt hier? Hier.. bei mir..? Meine Gedanken fahren Karussell, mein Magen jedoch auch. Ich schubse Wil unsanft von mir weg und renne in Richtung eines Maschendahtzauns, wo mich mein Brechreiz in die Knie zwingt. Wie ich da so im Dreck sitze und mir die Seele aus dem Leib kotze, kann ich im Schall wahrnehmen, dass Wil zu telefonieren scheint. Danach kommt er zu mir.

"Sieh' mich nicht an. Ich bin so -" - Erneut sagt mir etwas, was ich zuvor in mir aufgenommen hatte 'Hallo' und ich kann meinen Satz erst nach dem nächsten Schwall von Kotze beenden. "-widerlich." - "Ist wohl einfach nicht dein Abend, nicht wahr?", meint er gelassen und am liebsten würde ich noch irgendeinen Vorwurf an seinen Kopf schleudern, aber mir kommt nur ein: "Uhuum.", über die Lippen. Endlich, hat der Würgereiz ein Ende gefunden und ich habe mich offensichtlich von meinem kompletten Mageninhalt verabschiedet, denn außer Spucke kommt nichts mehr. Dafür fühle ich mich jetzt absolut beschissen und kraftlos. "Komm' kleine Schnapsdrossel. Das Taxi wartet." - Er hat ein Taxi gerufen? Hat er deswegen telefoniert? Wow.. wie aufmerksam von ihm. Und absolut erstaunlich, dass der Wagen so schnell hier war oder hab ich etwa so lange zum kotzen benötigt? Egal. Ich bin einfach nur froh, hier weg zu kommen.

Ein wenig unbeholfen nehme ich auf der Rückbank des PKW Platz und sinke erschöpft in den Sitz. Wil steigt vorn auf der Beifahrerseite ein und gibt eine Adresse an, die ich gar nicht mehr richtig mitbekomme, da ich viel zu müde bin. Der Taxifahrer nickt und dann fahren wir los und schon nach wenigen Minuten fallen mir die Augen zu. Trotz geschlossener Lider versuche ich nicht einzunicken, kann jedoch dem Bedürfnis nach Schlaf schon recht bald nicht mehr widerstehen und ergebe mich.

"Wir sind da. Komm' steh' auf, Kleines.", spricht Wil zu mir und ich schaue ihn völlig fertig an. Er hat die Hintertür des Taxis bereits geöffnet und blickt von oben auf mich herab. "Wo sind wir hier?", frage ich mit kratziger Stimme. "Zuhause. Bei mir. Und jetzt komm'." - Etwas unsanft befördert er mich aus dem Wagen und führt mich in Richtung Hauseingang. Ich fühle mich unwohl bei dem Gedanken bei einem mir mir ja doch noch fremden Mann ins Haus einzutreten und am Ende wohl dort auch zu nächtigen. Gleichzeitig bin ich allerdings auch so kaputt, dass ich gar nicht weiß, ob ich es überhaupt heil bis zu mir schaffen würde. Zumal ich keinen Schimmer habe, wo ich mich gerade befinde und ob mein Bargeld noch für eine weitere Taxifahrt reichen würde. Also beuge ich mich meinem Widerwillen und lasse mich durch die Eingangstür führen.

Es ist unsagbar dunkel in dem doch sehr großen Haus. Kein Wunder, schließlich ist es mitten in der Nacht und die schweren, weinroten Vorhänge vor den Fenstern tun ihr Übriges. Somit sieht man die eigene Hand vor Augen kaum. Doch noch bevor ich irgendetwas erwähnen kann, klickt es leise neben mir und Wil flutet das Haus mit hellem Licht. Sofort muss ich ein paar Mal blinzeln, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen. Endlich kann ich mir ein Bild davon machen, wo ich mich überhaupt befinde und erst jetzt wird mir tatsächlich bewusst, dass ich eindeutig nicht bei mir daheim bin. "Du bist hübsch eingerichtet.", meine ich wirklich erstaunt und sehe mich um. Das Wohnzimmer, in dem wir uns offensichtlich gerade befinden, ist riesengroß und sowohl prachtvoll, als auch antiquarisch eingerichtet, was mir besonders gut gefällt. Dunkle, prunkvolle Möbel und zwischendrin sind bunte Akzente gesetzt. Die Tiffanylampe auf dem alten Sekretär zum Beispiel passt einfach wunderbar ins Ambiente. "Danke. Ist mein kleines Reich.", meint Wil leichtfertig, läuft an einen der Schränke und kramt aus diesem eine Decke hervor.

"Ich werde mich dann gleich in mein Bett begeben und würde dir für diese Nacht die Couch überlassen." - Er legt die Decke auf die Kante der gemusterten Sitzgarnitur und wendet sich mir zu. "Aber bitte.. zieh' die verqualmten Klamotten aus. Ich werde dir etwas frisches für die Nacht rauslegen." - Hat er gerade gesagt, dass ich mich ausziehen soll? Hab ich was verpasst? Also nicht, dass ich mich dagegen wehren will, oder so, schließlich mag ich es auch nicht, mich in Alltagskleidung in meine Schlafstätte zu legen, aber.. Hallo?! Ohne irgendwelche Worte von mir abzuwarten verschwindet Wil die Wendeltreppe nach oben und kommt nur wenige Augenblicke später mit einem weißen Hemd zurück. "Hier. Für die Nacht." - "Äh.. Danke." - Er wirft mir das Hemd in die Arme und endlich lächelt er für einen kurzen Moment. "Schlaf gut, Kleines.", meint er und geht dann wieder die Treppe hoch. Offensichtlich in sein Schlafgemach, denn ich höre nur noch das Öffnen und Schließen einer einzelnen Tür.

Ein tiefer Seufzer dehnt meine Brust und ich starre unbeholfen auf das Hemd in meinen Händen. Wer hätte schon damit gerechnet, dass ich diese Nacht außerhalb meiner eigenen vier Wände verbringen würde? Also ich nicht. Ich entledige mich schwerfällig meiner stinkenden Klamotten, die ich sorgfältig zusammengelegt auf einem der beiden Sessel, die das selbe Muster, wie die Couch haben, niederlege und werfe mir das weiße Kleidungsstück über, welches ich Stück für Stück zuknöpfe. Danach begebe ich mich auf die Suche nach dem Badezimmer. Ich werde recht schnell fündig und tapse leise auf dem gefliesten Boden entlang in Richtung Spiegel. Es ist ein kleines Bad, aber schick eingerichtet, mit einer trotzdem recht geräumigen Dusche. Am liebsten würde ich mich da jetzt drunter stellen, aber vermutlich würde ich eher darunter einschlafen, statt mich wirklich zu waschen.

Ich verwerfe also den Wunsch und versuche mir stattdessen das verwischte Make-Up aus dem Gesicht zu schrubben, was mir eher semi gelingt. Denn schon nach wenigen Sekunden habe ich keine Lust mehr weiter an meinen Augen herumzurubbeln, da es wohl eh nichts bringen würde und lasse es einfach bleiben. Noch schnell ein Gang zur Toilette, Hände waschen und dann zurück zur Couch. Ich lege mich also auf den kühlen Stoff und breite die Decke, die Wil mir zuvor herausgegeben hatte, über mir aus, um mich hineinzukuscheln. Damit ich nicht noch auf die Idee komme einen Gedanken daran zu verschwenden, in was für einer Situation ich mich hier eigentlich befinde, schließe ich schnell die Augen und finde wenig später auch meine dringend benötigte Nachtruhe.

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