Der Wecker klingelt. Mein Herz schlägt wie verrückt, denn es stresst mich. Es stresst mich zu wissen, dass ich mein Bett, mein kuscheliges, gemütliches, warmes Bett, indem ich mich so sicher und geborgen fühle, verlassen muss und mich stattdessen der grässlichen, gehässigen, so grausamen Welt, der Realität, wieder wie jeden Tag stellen muss. Und natürlich ist das nicht alles, denn es kommt noch so viel mehr dazu. Es wird so viel von einem verlangt und der tägliche Kampf etwas in meinem langweiligen, aber doch seltsamen und verrückten Leben zu verändern ist so anstrengend. So anstrengend, dass ich kaum die Kraft dazu habe, meinen Arm auszustrecken, den Wecker abzustellen und darauf zu warten bis der nächste ach so verhasste Ton, schrillend aus den Lautsprechern meines Smartphones dringt. Während ich auf das nächste Gepiepse warte, kalkuliere ich in Gedanken meinen Tag und stelle eine imaginäre To-Do-Liste auf, damit die nächsten 24 Stunden so durchgeplant wie möglich sind. Ich hasse Überraschungen und Spontanität, bin definitiv ein Fan von Listen und Plänen.
Als ich schließlich doch genügend Mut und Energie gesammelt habe, um aufzustehen, tragen mich meine Füße wie automatisch ins Bad. Ich nehme wie sonst auch immer meine Zahnbürste in die Hand und fange an über mein Kauwerk zu schrubben. Mit der anderen Hand öffne ich meinen unordentlichen Dutt, den ich mir gestern Abend gebunden habe, damit mir meine Haare nicht ständig während des Lesens ins Gesicht fallen. Mit den Fingern streiche ich durch meine verknoteten Haare und ziehe so fest daran, bis meine Kopfhaut anfängt zu schmerzen. Mein Ich spuckt die schaumige weiße Paste aus und spült seinen Mund mit Wasser durch. Ich sehe wieder in den Spiegel. Es langweilt mich. Es langweilt mich so sehr, immer das Gleiche zu sehen, aber trotz allem hätte ich nie den Mut dazu, irgendetwas in meinem Leben umzukrempeln.
Es soll alles so bleiben, wie es ist und doch will ich, dass sich so vieles verändert.
„Würden mir Stinfransen stehen?" Ich werfe einen Teil meiner immer noch verknoteten Haare so über meinen Kopf, dass es aussieht, als hätte ich einen Pony. Doch bevor ich den Haarschnitt richtig betrachten kann, streiche ich mein nicht wertgeschätztes Meisterwerk auch schon wieder nach hinten. „Bestimmt nicht." Ich schüttle den Kopf und bin genervt von mir selbst. Genervt von meiner Feigheit, der Unsicherheit und meinen Gedanken. Nachdem ich geduscht und mir schnell etwas Concealer unter die Augen geklatscht habe, damit die dunkelblauen Verfärbungen verschwinden und nicht allzu sehr auffallen, binde ich meine Haare wieder zu meiner gewöhnlichen Frisur. So wie jeden Tag.
So wie immer, so wie gewöhnlich, wie üblich. Bla bla bla. Es kotzt mich so an. Ich will, dass sich etwas ändert, doch ich bin zu feige. Zu feige, um aufzustehen und zu sagen „Hey, lass doch mal etwas anders machen. Etwas machen, das ich noch nie getan habe. Etwas machen, das mir Spaß macht, das ich liebe und mit so einer Leidenschaft ausübe, sodass ich ohnedem nicht mehr leben kann. Lass mal aus meiner Routine ausbrechen. Etwas machen, das vielleicht auch mal nicht so gut ist. Etwas zu tun, das vielleicht noch niemand zuvor getan hat und von dem ich jetzt schon weiß, dass ich es danach bereuen werde." Folge einmal, wenn auch nur ein einziges Mal, deinem Bauchgefühl. Und wenn du eine deiner Handlungen oder Entscheidungen bereust, dann tust du es eben. Denke immer daran: In diesem einen Augenblick hast du es für das Richtige gehalten. Für das gehalten, was du gerade brauchst und was dir guttut. Brich aus der Komfortzone aus. Trau dich. Denn die Bequemlichkeit ist dein Feind, wenn es darum geht, etwas Neues auszuprobieren, oder etwas zu erreichen. Warte nicht bis sich irgendetwas ändert. Tu es einfach. Mach, was auch immer dir Spaß macht.
Kleide dich anders, stell an, was du willst, es wird dir keiner nachtragen, denn so wie du bist ist es gut. Und wenn dich jemand nicht mag, so wie du bist, dann verstell dich nicht! Verstelle dich für niemanden!
Mach dir keine Gedanken darüber, was andere von dir denken. Sei du. Sei so, wie du bist. Denn wenn du so bist, wie du eben bist und versuchst aus diesem schrecklichen Hamsterrad auszubrechen, dann schaffst du es irgendwann. Und falls du dich jemals einsam, allein oder im Stich gelassen fühlen solltest, denk daran, dass es irgendwo auf dieser unfairen Welt einen Menschen gibt, dessen Leidenschaft DU bist. Und dieser Jemand wird dir dabei helfen, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Egal wie viel Kraft es euch auch kostet.
Trau dich. Du bist großartig.
YOU ARE READING
Kurzgeschichten
Short StoryNa du? :) Hier werde ich einige Kurzgeschichten zu ganz verschiedenen Themen posten/veröffentlichen. Eine zusammenhängende Geschichte mit mehreren Kapiteln wird es nicht, da ich denke, dass dies zu stressig wird und ich meine Gedanken gerne sortiere...