《4》

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"Hast du wirklich alles mit?",fragte Julian mich jetzt schon zum dritten Mal und ich schüttelte einfach lachend den Kopf. Er war so aufgeregt wegen des Arztbesuches, dass er fast schon hyperaktiv wirkte, er konnte nämlich noch nicht mal auf einer Stelle stehen bleiben während ich mir meine Schuhe und Jacke anzog, sondern rannte durch die Wohnung.
Laut Image der hart trinkende, immer verkorkste und asoziale Kerl, der sich deine Freundin schnappt, aber wenn es um diesen Arzttermin ging wurde er zum Kleinkind.
Als ich dann fertig angezogen war, nahm ich noch meine Handtasche und wir machten uns auf den Weg zu der Arztpraxis.

Im Wartezimmer saß Julian dann mit tief ins Gesicht gezogener Cap, während ich mit meiner besten Freundin schrieb. Ich hatte ihr von meiner Vermutung erklärt, weshalb sie jetzt unbedingt auf dem Laufendem gehalten werden wollte. "Schade, dass ich Jessica noch nicht kennenlernen konnte, sie scheint ja echt nett zu sein.",flüsterte Julian, um die Ruhe im Wartezimmer nicht zu stören. "Du warst nach dem Soundclash ja zu beschäftigt, aber bei Volkan war es auch schön, Jessie hat zwar fast nichts gesagt, aber sie war immerhin anwesend." "Eigentlich hätte ich euch auch noch in meine Garderobe einladen sollen, schließlich wart ihr von mir handschriftlich eingeladen und somit meine exklusiven Gäste, aber es wollten so viele Leute was von mir an dem Abend. Tut mir echt leid, sonst wären wir nämlich schon längst zusammen."  Ich schmunzelte und legte meine Hand auf seinen Oberschenkel. Gefühlt alle Augen im Wartezimmer waren auf uns gerichtet, was wahrscheinlich daran lag, dass die meisten Julian kannten oder ihn merkwürdig fanden, da er so vermummt dort saß.
"Frau Brosowski, Zimmer 3, bitte.",sagte eine Arzthelferin, die ihren Kopf durch die von ihr geöffnete Tür steckte und mich ansah.
Wir standen also auf und gingen in das uns zugewiesene Behandlungszimmer.
Die Arzthelferin folgte uns und erklärte:" Dann setzten sie sich einmal bitte auf die Behandlungsliege, wir müssten Ihnen einmal Blut abnehmen und danach brauchen wir noch eine Urinprobe." Ich zog also meine Jacke aus und machte mich bereit für die Blutabnahme, wovor ich schon seit meiner Kindheit extremst Angst hatte, weshalb ich zu Julian schaute. Dieser hatte seine Cap abgenommen und saß gute zwei Meter von mir entfernt auf einem Stuhl. "Haben Sie Angst vor der Blutabnahme, Frau Brosowski?",fragte die Dame, die vor mir auf einem Hocker saß und mich skeptisch beäugte. Ich sah wieder zu ihr und nickte leicht beschämt. "Sonst lenken Sie sich am besten ab. Holen sie Ihre Begleitung zu sich und fangen an zu reden, zu rätseln, zu singen oder sonst was. Hauptsache sie denken nicht daran, was ich hier mache.",schlug sie vor und ich sah wieder zu Baui, welcher bereits aufstand und sich neben mich auf die Liege setzte. Er nahm meine freie Hand in seine, sah mir in die Augen und fragte:"Willst du singen?" Ich nickte und verfestigte meinen Griff um seine Hand. Ich konzentrierte mich darauf nicht auf meinen freien Arm zu schauen und versuchte nur in Julian's Augen zu sehen. Er begann einfach irgendein Lied zu singen, dass gerade noch im Wartezimmer gelaufen hatte und ich stieg irgendwann mit ein.
"So, Sie haben es geschafft! Wie wars?",wollte die Arzthelferin wissen und drückte mir ein Tupferchen auf die Einstichstelle. "Alles gut, hab tatsächlich fast nichts gemerkt. Danke für den Tipp!",sagte ich und begann selbst die Stelle mit meinen Fingern abzurücken.

Nachdem ich noch eine Urinprobe eingereicht hatte, mussten wir wieder im Wartezimmer warten und ich musste einen Fragebogen ausfüllen,  danach kamen wir zu einem der Ärzte ins Zimmer und es wurde noch ein Ultraschall gemacht.

"So...da haben wir das kleine Ding. Herzlichen Glückwunsch, sie sind in der sechsten Schwangerschaftswoche, Frau Brosowski! Es ist jetzt ungefähr so groß wie eine Heidelbeere, das Herz schlägt schon und schauen sie mal hier, das wird später der Kopf und das hier ist die Nabelschnurr. Es wundert mich, dass sie angegeben haben, dass sie bis jetzt keinerlei Symptome hatten außer das Ausbleiben ihrer Menstruation. Vielleicht haben sie die Symptome auch während ihres Alltags einfach nicht wahrgenommen wegen Stress oder sonstigem.", erklärte die Ärztin und zeigte uns alles auf dem Monitor des Ultraschallgeräts.
Ich hörte aber ab dem zweiten Satz schon gar nicht mehr richtig zu und starrte auf den kleinen Umriss auf dem Bildschirm, während ich Julian's Hand wieder in meine nahm und unsere Finger miteinander verschränkte. Es war also wirklich wahr, da schwamm ein kleines Wesen in meinem Unterleib, dass sogar schon seinen eigenen Herzschlag hatte. Ich drehte meinen Kopf kurz zu Julian rüber, welcher mit strahlenden Augen auf den Monitor blickte und mir einen Kuss auf meinen Handrücken gab, als er meinen Blick auf sich merkte.

Nach der Sonographie musste ich noch ein paar Fragen für meinen Mutterpass beantworten und bekam ein paar Lektüren zu speziellen Themen, sowie einen neuen Termin in vier Wochen.

Als wir aus der Praxis kamen, nahm Julian mein Gesicht in die Hände und küsste mich ganz stürmisch. "Oh man Lina! Ein Baby! Ich freu mich so!",sagte er anschließend und nahm mich fest in die Arme. Ich erwiderte die Umarmung, gab ihm ein paar Küsse auf die Wange und flüsterte in sein Ohr:"Ich bin auch so happy! Die nächsten Monate werden anstrengend, aber am Ende wird es sich voll und ganz lohnen."

🖤The New🖤 A Bausa StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt