Kapitel 2

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"Fuck." Helena fluchte, während sie im Auto saß und ihren ersten Kaffee, beinahe über ihre Hose schüttete. Ein Blick auf ihre Uhr verriet ihr, dass sie verdammt spät dran war. Helena hasste ihren Job, wobei es weniger, um ihre Arbeit im Büro ging als um die Tatsache, dass Watson seine Finger nicht bei sich behalten konnte. Seitdem sie dort arbeitete und das tat sie inzwischen, seid immerhin zwei Jahren, versuchte er regelmäßig was mit ihr anzufangen. Helena traute sich nicht, ihm eine ordentliche Ansage zu machen, während Cat nicht verstehen konnte, wieso sie nicht einfach kündigte. Cat hat sich in ihrem Leben noch nie Sorgen um Geld machen müssen. Als Tochter zwei reicher Erben, hatte sie bis heute immer alles bekommen, was sie haben wollte. Cat konnte nicht begreifen, dass Helena das Geld brauchte und das Angebot, dass ihre Freundin sie für eine Weile durch füttern könnte, einfach nicht annehmen konnte. Ihre Eltern ließen sie sowieso schon spüren, dass sie nicht gut genug war, weil sie einen biligen Bürojob hatte, während ihr perfekter Bruder eine Karriere als Imobilienmarkler hin legte. Dean war schon immer der Vorzeigesohn gewesen, während Helena eher als das schwarze Schaf gesehen wurde. Wenn jetzt auch noch heraus kam, dass sie lesbisch war, konnte sie die Unterstützung ihrer Familie vergessen. Sie würden sie aus ihrem Leben verstoßen und Helena war sich sicher, dass sie nicht stark genug war, um das zu verkraften.

Helena zitterte leicht als sie ihren Wagen auf dem üblichen Parkplatz abstellte und das Bürogebäude betrat. Es war jeden Tag ein Kampf hier hin zu gehen und manchmal wusste Helena selbst nicht, wieso sie sich das antat. Doch egal wie krank Watson auch sein mochte, er zahlte gut und Helenas geräumige Dreizimmer Wohnung, war alles andere als günstig. "Guten Morgen", murmelte sie leise. Ihr Plan war es rasch an dem Büro ihres Chefs vorbei zu gehen doch natürlich hatte Watson mal wieder andere Pläne. Manchmal konnte Helena es gar nicht fassen, was für ein widerliches Schwein dieser Mensch war, der oberflächlich sogar wie ein netter Mensch wirkte. "Helena, ich möchte kurz mit ihnen sprechen." Helena erstarrte und versuchte sich dann zusammen zu reißen. Es war nicht klug, ihm auch noch zu vermitteln, wie viel Angst sie in solchen Situationen hatte. Flo saß im Büro gegenüber doch wie immer, war sie hervorragend darin, das Verhalten ihres Chefs einfach zu ignorieren. Helena schloss die Tür und fühlte sich direkt wie in einem Gefängnis. Sie guckte Watson fragend an und es war nicht zu übersehen, dass er ihr unnötig und bedrohlich nahe kam. Er hob die Hand so, als wollte er ihr über die Wange streichen doch im letzten Moment, schien er sich es anders zu überlegen und griff stattdessen nach einem Stapel Papier. "Ich habe hier Unterlagen, die sortiert und teilweise kopiert werden müssen", meinte er, während er Helena sehr offensichtlich auf die Brüste starrte. Diese schluckte und versuchte nicht auf die Beule in seiner Hose zu achten. Sie musste dringend hier raus! "Okay", murmelte sie und riss Watson, seine Unterlagen beinahe aus der Hand, bevor sie stürmisch sein Büro verließ.

Den Rest des Tages, war es für Helena sehr schwer, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Mehrfach schlichen sich kleine Fehler rein, weil sie mit ihren Gedanken komplett woanders war. Sie stellte nicht nur ihr gesamtes Leben, sondern vor allem auch sich selbst in Frage. Die Party, auf der sie vor zwei Tagen mit Cat gewesen war, hatte ihr nur erneut deutlich gemacht, wie verlogen ihr Leben war. Cat drängte sie dazu, sich erneut mit Shawn zu treffen, um ihn besser kennen zu lernen. Doch Helena empfand ihn nicht nur als unaktraktiv, sondern zusätzlich als entsetzlich langweilig. Ein Problem, welches die meisten Männer an sich hatten. Sie waren so durchschaubar, man konnte sich vorher meistens zurecht legen, was sie im Schilde führten. Der einzige Mann mit dem Helena ein halbwegs vernünftiges Gespräch zu stande brachte, war ihr bester Freund Phil. Cat stichelte öfters, dass Helena eines Tages noch bei ihm landen würde, wenn sie sich nicht ein bisschen mehr Mühe geben würde, ihr Single dasein zu beenden. Aber Phil war nie mehr als ein Bruder für sie gewesen, der sicherere Hafen, auf den sie sich verlassen konnte, wenn ihr Leben gerade im Bach unter ging. Phil war der Meinung, dass Helena ihren Seelenverwandten schon finden würde, während er selbst häufig so wirkte, als hätte er persönlich überhaupt kein Sexleben. Ein weiterer Punkt, über den Cat sich gerne lustig machte, doch Phil war zu harmonisch, um sich ernsthaft darüber aufzuregen.

Shadow of DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt