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Wir kullerten mit dem Koffer in die große Eingangshalle und ich hielt auf den Anzeigetafeln Ausschau nach dem Gate für meinen Flug nach Deutschland. Hand in Hand gingen wir zum Check – In. Samu hatte eine Cappy und eine leicht getönte Sonnenbrille aufgesetzt, damit man ihn nicht gleich erkannte, aber die Flugbegleiterin am Schalter erkannte ihn wohl, zumindest wurde sie ganz nervös, als sie mich um meine Papiere bat und mir einen Sitzplatz im Flieger zuteilte. „Sie reisen nicht mit?" wandte sie sich mit zuckersüßer Stimme an Samu. Der schüttelte nur den Kopf. Sprechen wollte er wohl nicht. Spätestens seine schöne tiefe Stimme hätte seine Identität zu 100% enthüllt. Er brachte mich dann zum Gate. Nun war der Moment unseres Abschieds gekommen. Ich wusste nicht wohin mit meinen Gefühlen. Erneut schossen mir die Tränen in die Augen und kullerte meine Wangen hinunter. Ich vergrub mein Gesicht an Samu's Brust. Ich hörte seinen Herzschlag, atmete seinen Duft ein und versuchte, ihn mir zu merken, ihn zu konservieren für die nächsten langen Wochen, in der Hoffnung, ich würde ihn nicht vergessen. Samu schlang seine Arme um mich und drückte mir einen warmen Kuss auf den Scheitel. Dann hob er meinen Kopf sanft an, damit er mir in die Augen schauen konnte. „Ich habe Angst, mein Engel", gestand er mir. Ich sah ihn erschrocken an. „Warum Samu?" schluchzte ich. Es brach mir das Herz. Wie konnte ich ihn so hier in Finnland zurücklassen? „Ich habe Angst, dass wieder etwas Unvorhergesehenes passiert, dass uns die räumliche Trennung nicht gut tut. Es ist nicht gut für uns, getrennt zu sein. Ich kann das nicht, Anna." Jetzt liefen auch ihm die Tränen über sein Gesicht und zog mich erneut fest an sich und schluchzte. „Ich liebe dich Samu, bitte vergiss das nicht." Ich hielt sein Gesicht in meinen Händen und zwang ihn, mich anzusehen. „Hörst du? Ich liebe dich, ich verspreche dir, keine Dummheiten zu machen. Wir telefonieren und schreiben jeden Tag, so gut es geht. Ich versuche, sobald wie möglich zurückzukommen. Ich spreche mit meinem Chef, ok? Wir schaffen das, Samu. Bitte verlier nicht die Hoffnung." 

„Rakastan sinua Anna, Ich liebe dich so sehr. Ich rede mit Mikko, ob es irgendwo zwischen den ganzen Tourdates eine Möglichkeit, uns zu sehen, ok? Ich will dich nicht schon wieder verlieren, ich kann das nicht nochmal." Wir drückten uns ein letztes Mal so fest wir konnten und verabschiedeten uns mit einem langen, zärtlichen Kuss. Samu drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Mach's gut, mein Engel", hauchte er. Er wischte sich mit dem Handrücken über sein Gesicht und verschwand in der Menge. Ich brauchte einen Moment, bis ich mich wieder berappelt hatte und mich am Sicherheitscheck anstellte. Anderthalb Stunden später stieg ich endlich in das Flugzeug nach Deutschland und kämpfte während es ganzen Fluges mit den Tränen. Ich saß zum Glück am Fenster und drehte meinen Kopf so, dass ich rausschaute und die Frau neben mir mich nicht ansehen konnte. Ich steckte mir die Kopfhörer in die Ohren und schon klang Samu's tiefe schöne Stimme in meinen Ohren. Ich schloss die Augen und hoffte, wenigstens ein bisschen schlafen zu können, was mir scheinbar auch gelang, denn ca. 2 Stunden später wachte ich auf, wir befanden uns schon im Landeanflug auf Deutschland. Als ich endlich meinen Koffer zurück hatte, sah ich Ria schon von weitem winkend am Gate stehen. Es tat gut, einen vertrauten und lieben Menschen zu sehen, der mich trösten würde in den nächsten Wochen, wenn die Sehnsucht zu Samu an mir nagen würde. Wir fielen uns regelrecht in die Arme. Sie merkte gleich, dass es mir nicht gut ging und drückte mich ganz fest an sich. „Hey Süße, alles ok?" Ich sah sie an und sie bemerkte gleich meine geröteten Augen. „Oh weh, ich sehe schon. Das wird eine harte Zeit, aber zusammen schaffen wir das ok? Ich bin für dich da." „Danke, Ria, ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen sollte. Ich stehe völlig neben mir, es ist, als wäre ich nicht vollständig. Mit meinem Herzen bin ich in Helsinki bei Samu geblieben." 

„Komm Anna, ich bring dich jetzt erstmal nach Hause und dann reden wir, ok?" Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Ok, lass uns fahren." Ria brachte mich direkt zu mir nach Hause. Mit vereinten Kräften trugen wir meinen Koffer nach oben. Schwer schnaufend standen wir vor meiner Wohnungstür. Wir mussten beide lachen, weil wir so atemlos waren. Ich kramte meinen Schlüssel hervor und betrat nach einer gefühlten Ewigkeit meine Wohnung. Ich war so froh, dass Ria da war, sonst hätte ich mich gleich so einsam hier gefühlt. Ich hob die Post vom Boden auf, die der Briefträger durch den Briefschlitz an der Wohnungstür geworfen hatte und legte sie erstmal beiseite. Ich öffnete das Wohnzimmerfenster, um ein bisschen frische Luft herein zu lassen. Dann erst zog ich mir die Jacke aus. Ria hatte es sich inzwischen schon am Esstisch bequem gemacht. Ich sah sie fragend an. „Erstmal Kaffee und dann quatschen?" „Das wäre großartig."

SAMU

Samu versuchte durch einen Schleier aus seinen tränennassen Augen die Straße im Blick zu behalten. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit fuhr er so langsam, dass die anderen Autos ihn teilweise schon anhupten. Er wollte nur nicht wieder einen Unfall bauen und heil zuhause ankommen. Für Anna. Damit er für sie da sein konnte. Er hoffte so sehr, sie bald wieder sehen zu können. Seine Sehnsucht nach ihr war bereits jetzt, eine halbe Stunde nach dem Abschied unerträglich. Er wusste nicht, wie er die nächsten Tage und Wochen überstehen sollte, ohne irgendeinen Mist zu bauen. Er überlegte, was er tun könnte. Allein zuhause würde er verrückt werden. Deshalb änderte er kurze Zeit später seinen Plan, direkt in sein Haus zu fahren, wo er nur allein sein würde und änderte seine Route in Richtung Riku und Helen. Seine Freunde wüssten bestimmt einen Rat, wie er mit dem Schmerz umgehen sollte. 

Samu wollte dieses Mal unbedingt alles richtig machen und seinen Kummer nicht mit Alkohol und Schlaftabletten betäuben, doch allein wäre er zu schwach dafür, das wusste er. Als er auf die Einfahrt fuhr, stellte er fest, dass zum Glück Riku's Auto vor dem Haus stand. Mit hängendem Kopf ging er die paar Stufen zur Haustür hoch und drückte auf die Klingel. Es dauerte nicht lang und die Tür öffnete sich. Vor ihm stand Riku und sah ihn mit großen Augen an. „Ach du scheiße, Hapa, was ist denn mit dir passiert?" Samu fiel Riku in die Arme. „Sie ist weg, Rik, zurück nach Deutschland geflogen und ich weiß nicht, wann ich sie wieder sehen kann", Samu schluchzte wieder laut auf und Riku tröstete ihn. „Komm erstmal rein." Er lotste Samu ins Wohnzimmer, wo dieser sich völlig fertig aufs Sofa fallen ließ. „Ich hole dir eine Kaffee", bestimmte Riku und verschwand kurz darauf in der Küche. 2 Minuten später kam er mit dem heißen Getränk zurück. „Wo ist deine Frau?", wollte Samu wissen. „Sie ist unterwegs, ein paar Sachen für heute Abend einkaufen. Sie kommt gleich wieder. Jetzt erzähl erstmal, man, wir müssen in ein paar Tagen auf Tour und morgen ist Meeting im Studio. Wenn Mikko dich so sieht, rastet er aus." „Ich weiß", sagte Samu mit belegter Stimme, „ich werde mich zusammenreißen, ich schaffe es, versprochen, Rik, wenn du mir nur hilfst. Ich habe Angst, allein zu sein. Ich weiß, dass ich wieder Mist mache, wenn ich allein bin." „Was hälst du davon, wenn du ein paar Tage bei uns wohnst, bis die Tour anfängt. Helen würde sich bestimmt freuen. Wir können zusammen Musik machen und wir kümmern uns um dich", schlug Riku vor. „Das wäre toll", ein Lächeln huschte über Samu's Gesicht. „Aber nur, wenn ich euch wirklich nicht störe." „Ach Hapa, du störst doch nicht, du gehörst zur Familie, das weißt du und ich weiß, dass Helen das genauso sieht." 

...save me once again... (Anna & Samu Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt