Auf hoher See

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„Jedes große Unterfangen hat einen Anfang, doch wahrer Ruhm gebührt jenen, die den Mut haben, eine Sache gänzlich zu Ende zu führen." -Sir Francis Drake, 1587

„Wir befinden uns hier vor der Küste Panamas und haben vermutlich soeben den Sarg des Entdeckers Sir Francis Drake geborgen, der vor über 400 Jahren im Meer bestattet wurde." Bella seufzte genervt und schlug gemeinsam mit ihrem Bruder Nathan die Brecheisen in die Seiten des Sarges. Die Journalistin senkte die Kamera und legte fragend den Kopf schief. „Haben Sie denn überhaupt keine Skrupel, die Gebeine Ihres Vorfahren zu schänden?" Nate lachte und kam auf Bellas Seite. „Schänden ist kein schönes Wort. Und überhaupt- Sie glauben uns doch nicht." Ächzend half er seiner Schwester beim Aufhebeln des Sarges. „Na ja, ich habe mich informiert.", antwortete Elena Fisher und richtete ihre Kamera wieder auf die Geschwister. „Und soweit ich herausgefunden habe, hatte Francis Drake keine Kinder." „Auch Historiker liegen mal falsch.", entgegnete Bella und warf ihr Brecheisen zur Seite. „Zum Beispiel..." Sie legte eine Kunstpause ein und packte den Sargdeckel. „...kann man einen leeren Sarg nicht schänden." Nate folgte ihrem Beispiel und gemeinsam schoben sie den Deckel des Sargs zur Seite. „Was zur Hölle.", murmelte Elena erstaunt und kam näher, die Kamera in der Hand haltend. Nate kniete sich nieder und holte eine rostige Kiste aus dem Sarg. Erwartungsvoll beugte sich Bella zu ihm und beobachtete, wie ihr Bruder die Kiste öffnete. Ein kleines Buch kam zum Vorschein, dass Nate sofort herausnahm und anfing darin zu blättern. „So ein Teufel...", murmelte Bella grinsend und musterte die Zeichnungen. „Was ist das? Los, zeigen Sie mal.", mischte sich plötzlich Elena ein und kam mit ihrer Kamera noch näher. Sofort drückte Nate seiner Schwester das Buch in die Hand und schirmte sie vor der Journalistin ab. „Nein, nein, nein- Was soll das?", stoppte er sie mit strenger Stimme. „Der Deal war für den Sarg, mehr nicht." „Warten Sie mal! Wenn mein Sender diese Expedition nicht bezahlt hätte, dann..." „Hey, Sie haben Ihre Story, Lady.", sagte Bella bestimmt und kam hinter ihrem Bruder hervor. Das Buch versteckte sie hinter ihrem Rücken. „Mr. Drake, wir haben einen Vertrag abgeschlossen. Ich habe das Recht, alles zu sehen, was wir..." „Wow...", murmelte Nate auf einmal und Bella sah zu ihm hinauf. Sie bemerkte, wie er etwas am Horizont fokussierte und sie folgte seinem Blick. „Halten Sie mal...die Luft an!" Ein heißer Schreck durchfuhr Bella, als sie den Grund seines Erstarrens erkannte und sofort rannte sie zu ihrem Funkgerät. „Sully? Wir haben ein Problem. Beeil dich.", funkte sie ihren Freund an. „Hey, warten Sie! Was ist hier los?" Die Journalistin horchte auf und legte ihre Kamera zur Seite. „Äh...Piraten.", antwortete Bella und fing die Pistole auf, die ihr Nate geschickt zuwarf. „Piraten?!", wiederholte Elena geschockt und schaute ungläubig zwischen den Geschwistern hin und her. „Ja, und die Jungs machen keine Gefangenen. Naja, keine männlichen.", fügte Nate gelassen hinzu und nahm sich eine weitere Pistole aus seinem Koffer. „Hä? Was reden Sie denn da?" Elena blickte zum ersten Mal Richtung Horizont und ihr Gesicht wurde bleich, als sie die kleinen Boote der Piraten erblickte. „Äh, so...sollten wir nicht die Marine um Hilfe rufen?" Bella schob sie ein wenig zur Seite und entsicherte ihre Waffe. „Tolle Idee, nur haben wir leider keine Genehmigung, um hier zu suchen." „Was?!" Elena wurde noch bleicher und sah zu Nate, der ihr eine Waffe in die Hand drückte. „Ja. Wenn Sie also in Panama nicht im Knast landen wollen, sollten wir uns selbst darum kümmern." „Was ist schlimmer?" „Sie waren offensichtlich noch nie in Panama im Knast. Also...können Sie damit umgehen?" Er deutete auf die Pistole in ihrer Hand und Elena hielt sie vorsichtig hoch. Bella schmunzelte, als sie merkte, wie die vorlaute Journalistin plötzlich klein und ängstlich wurde. „Äh, klar, wie mit einer Kamera...man hält einfach drauf und drückt ab.", meinte Elena und versuchte schief zu grinsen. „Sehr gut.", lobte Nate gelassen und schloss seinen Koffer. Dann sah er zu Bella und die beiden nickten sich entschlossen zu. „Los geht's.", rief Bella und hob ihre Waffe. Schon kamen die ersten Piraten an Bord und sie ging in Deckung, als diese das Feuer eröffneten. Bella war eine gute Schützin und schaltete mehrere Piraten in kürzester Zeit aus. Als es bei ihr ruhiger wurde drehte sie sich zu ihrem Bruder um und erschrak, als sie sah wie sich ein Pirat von hinten an ihm heranschlich. Sofort sprang sie aus ihrer Deckung und schoss auf den Piraten...und traf ihn auch. „Danke.", keuchte Nate und grinste schief. Ein Brummen ertönte plötzlich über ihnen und Bella atmete erleichtert auf. „Sully!" „Na endlich." Elena kam zu ihnen gerannt und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Haben wir es geschafft?", fragte sie und Bella drehte sich zu ihr. Als sie das Feuer hinter Elena erkannte reagierte sie sofort und schob ihren Bruder und Elena zum Schiffsrand. „Schnell! Das Schiff fliegt gleich in die Luft! Ins Wasser!" „Ja...Moment!" Elena befreite sich aus ihrem Griff und rannte zurück. „Was soll das denn?!", fluchte Nate und sprang ins Wasser. Bella wartete auf Elena und winkte ihr hektisch zu, denn die Flammen kamen näher und das Schiff begann bedrohlich zu beben. „Okay...okay..." Elena kam zurück und sprang über die Reling...mit ihrer Kamera in der Hand. Kopfschüttelnd folgte Bella den beiden und landete keuchend im Wasser. „Los!" Die drei schwammen los und als das Schiff hinter ihnen explodierte zuckte Bella unwillkürlich zusammen.  Das Flugzeug war nah am Boot gelandet und so mussten die drei nicht weit schwimmen. Sully öffnete die Tür und winkte ihnen zu. „Euch kann man wohl keine fünf Minuten alleine lassen, was?", fragte er grinsend und steckte sich eine Zigarre zwischen die Lippen. „Eigentlich lief es ganz gut, bis das Boot in die Luft geflogen ist.", erwiderte Bella grinsend und drehte sich zu Elena. „Alles okay?" „Ach, eine Therapie wird's schon richten.", schnaubte Elena und hielt ihre Kamera aus dem Wasser. Sully nahm sie entgegen und reichte Elena die Hand, um ihr in das Flugzeug zu helfen. „Na, wenn das mal nicht die hübsche, begabte Elena Fisher ist!" Bella wechselte einen Blick mit ihrem Bruder, der den Kopf schüttelte und dabei die Augen verdrehte. „Oh! Dafür kommen Sie in den Bericht.", erwiderte Elena lächelnd. „Ach, ich wirke lieber hinter den Kulissen. Victor Sullivan, sehr erfreut." Sully umgarnte Elena so sehr, dass er die beiden Geschwister einfach im Wasser zurückließ. „Oh! Ist das zu fassen?", fluchte Bella und schwamm mühselig zur Leiter. „Das gibt's doch nicht! Warte, ich helfe dir." Nate kletterte schnell die Leiter hinauf und zog Bella dann ins Flugzeug. Keuchend setzte sich Bella auf den Boden und zwang sich aus dem Taucheranzug. „Wie wär's mit Abhauen...bevor es hier noch mehr Ärger gibt?", fragte Nate und öffnete ebenfalls seinen Anzug. Sully nickte, ließ endlich von Elena ab und brachte das Flugzeug in die Luft. Bevor Nate zu Sully in die Führerkabine kletterte reichte er Bella ein Handtuch und ihren Rucksack. „Hier. Falls du noch etwas brauchst, ich bin vorne bei Sully." „Danke." Bella nahm ihm die Sachen ab und begann sich in dem Handtuch einzuwickeln. Sie setzte sich auf einen der Sitze und sah auf das endlose blaue Meer hinaus.

Die Sonne ging bereits unter, als Bella das kleine Motorboot betrat, dass Sully gemietet hatte. Er und Nate standen um einen Tisch herum und musterten das kleine Buch von Sir Francis Drake. Bella stellte sich zu ihnen und warf ebenfalls einen kurzen Blick auf das Buch. „Schon etwas herausgefunden?", fragte sie neugierig. „Also. Als Drake im Pazifik aufkreuzte, hat er die Spanier überrumpelt. Er kaperte ihre Schiffe und alle Karten, Briefe, Tagebücher...und notierte alles hier drin. Und dann..." Nathan schien zu überlegen. Wie gebannt beobachtete Bella ihren Bruder, der sehr aufmerksam das kleine Buch studierte. „Genau. Bei seiner Rückkehr nach England beschlagnahmte die Krone all seine Karten und Logbücher, so wie dieses hier, und verpflichtete die Besatzung zum Schweigen." „Ja.", mischte sich Sully ein und deutete auf das Buch. „Und das..." „Verstehst du?", unterbrach ihn Nate aufgeregt. „Drake hat damals etwas entdeckt, Sully, etwas so Geheimes und Kostbares, dass es keinesfalls rauskommen durfte." „Schon gut, Nate. Tu mal einen Moment so, als wäre mir dieser Quatsch egal..." „Sully!", schnaubte Bella spielerisch empört und gab ihm einen leichten Klaps gegen die Schulter. „...aber komm auf den Punkt, okay?", beendete Sully seinen Satz und grinste Bella frech an. „Kommst du immer gleich zur Sache? Da stehen die Frauen bestimmt total drauf.", erwiderte Nate neckend. „Es hat sich noch keine beschwert." Bella verdrehte die Augen und seufzte. Männer. „Bitte, wie du willst. Dann kommt jetzt der gute Teil- nur für euch." Nathan legte das Buch auf den Tisch und drehte es so, dass Bella und Sully die Landkarte, die darin gezeichnet war, gut sehen konnten. El Dorado stand in geschwungener Schrift auf der Karte und Bella runzelte verwirrt die Stirn. „Wartet mal...ist das etwa..." „Das echte El Dorado?", beendete Sully ihre Frage und sah zu Nathan, der zufrieden grinste. „Der hatte wirklich große Pläne. Steht da sonst noch etwas?" „Ach, auf einmal interessiert es dich, was?" Nathan zog das Buch wieder zurück und blätterte weiter darin herum. „Nein, leider nicht. Die letzte Seite fehlt. Aber wie auch immer...das ist es- wir haben endlich Glück!" „Ja, fast...", murmelte Bella und sah nach draußen. Elena telefonierte noch immer und lief den Steg auf und ab, den Rücken zu ihnen gekehrt. „Wir haben nur ein kleines Problem, was wir noch lösen müssen." Nate seufzte. „Bella, das Mädchen ist knallhart! Sie ist fast schon so dickköpfig wie...". Er stoppte abrupt ab als er ihren Blick sah. „Egal, du hast sie doch gesehen!" „Toll! Dann geh doch und sag ihr, dass wir die goldene Stadt gefunden haben! Vielleicht bringen sie's heute Abend noch im Fernsehen!" „Ach, komm schon..." „Nathan!" Bella packte ihren Bruder am Arm und zwang ihn ihr in die Augen zu sehen. „Vertraust du mir?" „Natürlich vertrau ich dir, Isabella.", antwortete Nate leise. „Gut. Denn bald ist jeder Kleinkriminelle der Welt hinter diesem Schatz her. Wir müssen sie loswerden- sofort!", erwiderte Bella ernst und sah, wie Nate mit sich kämpfte. „Das ist nicht wirklich nett von uns...", murmelte Sully und zuckte mit den Schultern. „Aber gut, sie wird es überstehen." Er stellte sich ans Steuer und startete den Motor. Bella sah wie Elena sich umdrehte und winkte ihr lächelnd zu. Elena winkte nichtsahnend zurück und telefonierte weiter. „Nate?" Die junge Frau wandte sich an ihren Bruder, der immer noch unentschlossen dastand. „Also gut. Fahr los, Sully.", seufzte er schließlich und Sully gab Gas. Bella sah, wie Elena herumfuhr und fassungslos ihnen hinterherstarrte. „Ein Problem weniger." Bella klopfte Nate ermutigend auf die Schulter und stellte sich zu Sully.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 06, 2023 ⏰

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