Der nächste Morgen verlief anders als erwartet. Denn der Morgen begann damit, dass Elisa auf mir rumsprang und meinen Namen rief.
„Elisa, verschwinde!", murmelte ich unverständlich in mein Kissen und tastete neben mich.
„Dein Alpha ist Rudelsachen besprechen.", sie lachte und ließ sich neben mich fallen. Nur um sich über mich zu beugen und meinen Hals zu untersuchen. „Habt ihrs schon getan?".
„Nein und jetzt lass mich weiterschlafen!", murmelte ich und kuschelte mich wieder in mein Kissen, was so herrlich nach Chuck roch.
„Komm, ich wollte heute ein wenig die Gegend erkunden gehen. Nate und Chuck haben uns Collin dagelassen, damit wir uns umschauen können. Wir dürfen ab sofort nur noch mit Begleitschutz durch den Wald streifen!", Elisa lag neben mir und sah aus dem Fenster.
„Also gut. Duschen darf ich aber noch, oder?", während meine beste Freundin nickte und euphorisch aufsprang, schnappte ich mir ein paar Klamotten aus dem Ankleidezimmer und huschte ins Bad.
Nach einer ausgiebigen Dusche und einer extra Massage durch die eingebauten Düsen, zog ich mich an und putze Zähne. Schnell war ich noch auf der Toilette und lief dann nach unten, nachdem ich Elisa im Schlafzimmer nirgends entdecken konnte.
In der Küche traf mich fast der Schlag, als ich eine mir fremde Frau erblickte, welche seelenruhig den Kühlschrank mit allerlei Lebensmitteln füllte.
„Guten Morgen, Luna. Ich bin Lynn. Eine der Omegas in Ihrem Rudel. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen und ich habe Sie nicht zu sehr erschreckt. Der Alpha ist mit dem Beta im Wald, um die Welpen zu trainieren.", sie sprach zwar mit einem starken Akzent, dennoch konnte ich sie gut verstehen. „Ich bin hier, um Ihnen die Hausarbeit abzunehmen und sie zu unterstützen.".
Ich nickte verstehend und entdeckte dann Elisa, welche auf der Couch lümmelte und uns beobachtete. Wie auf Knopfdruck stand sie auf, als ich auf sie zukam und wir gingen nach draußen. Dort wartete schon Collin, welcher mir einen guten Morgen wünschte und eine leichte Verbeugung andeutete.
Collin führte uns zu einer Art Hintertür in der riesigen Mauer, die um das Gebiet dieses Rudels lag, und so gelangten wir in den richtigen Wald. Elisa und ich zogen uns etwas von Collin zurück, um uns auszuziehen und zu verwandeln. Das altbekannte Ziehen meiner Muskeln und das Knacken der Knochen erfüllte mich dieses Mal nicht mit Schmerz, sondern verlief weitestgehend schmerzfrei.
Die braune Wölfin mit dem weißen Gesicht stand mir schwanzwedelnd gegenüber und nachdem ich ein paar geblinzelt hatte, nahm ich sie nur noch in schwarz-weiß Schattierungen wahr.
Wir trabten nebeneinander los und ich musste mich erstmal an die neuen Gerüche und das neue Gelände gewöhnen. Als Collin auf uns zugetrabt kam, fiel mir fast die Kinnlade auf den Boden. Die amerikanischen Wölfe waren riesig. Ich ging ihm gerade mal bis zum Rücken. Da Elisa doch nochmal ein Stück größer war, ging sie ihm bis zur Schnauze.
>>Seid ihr klein!<< stellte Collin fest und deutete mit dem Kopf auf eine Richtung. Elisa und ich liefen voraus und unser Beschützer trabte vergnügt hinter uns her.
Langsam klärte sich der Geruchsnebel und ich konnte einzelne Gerüche nun vollständig herausfiltern. Mein Herz setzte kurz aus, nur um danach heftig weiterzuschlagen. Ich hatte Chuck gewittert. Elisa neben mir wurde unruhig. Vermutlich ging es ihr ähnlich wie mir.
>>Die Beiden trainieren mit den Welpen. Wir können dorthin gehen.<< Collin amüsierte sich offenbar über unseren Hormonausbruch. Elisa und ich nickten begeistert.
So liefen wir immer der Nase nach, bis wir schließlich auf eine große Lichtung traten, die zum Glück für mich sehr eben war. Dieses unebene Gelände machte mir doch ziemlich zu schaffen. Ich hatte mich schon zweimal hingelegt und wortwörtlich mit der Nase gebremst.
Auf dieser Lichtung saßen etwa fünfzehn Welpen brav in einem Halbkreis vor den beiden Rudelanführern. Um sie herum standen noch einige Andere Wölfe, die vermutlich Jährlinge waren und die Welpen immer wieder in die Schranken wiesen.
Wir näherten uns der Gruppe, doch kamen nicht weit, da einige der Jährlinge auf uns zu rannten und bedrohlich die Zähne fletschten.
Nun kam auch der Rest auf uns zugelaufen und natürlich machte jeder direkt dem Alpha und dem Beta Platz. Der schwarze Wolf, der eindeutig Chuck war, da er der Größte in dieser Ansammlung war, kam direkt auf uns zu und blieb schließlich vor mir stehen. Langsam senkte er den Kopf und schnüffelte an mir. Natürlich war er als Wolf noch größer. Ich reichte ihm gerade so zur Schulter und so sah ich von unten zu ihm hoch.
>>Möchtet ihr hier bleiben?<<, ertönte Chucks Stimme in meinem Kopf und Elisa und ich nickten. Während sich der Tumult um uns herum auflöste, sahen uns die Welpen mit großen Augen an.
Während Chuck mit dem Kopf auf einen Felsen wies und die Jährlinge sich wieder mit sich beschäftigten, solange bis sie dran waren, fragte ich mich wie ich da hochkommen sollte, ohne mir alle Knochen zu brechen. Elisa sprang elegant auf den Felsen und ich stand unschlüssig davor. Schließlich nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und sprang nach oben. Zwar war es nicht annähernd so elegant wie Elisa, aber ich war zumindest oben. Meine beste Freundin und ich legten uns an den Rand und ließen die Pfoten über den Rand baumeln.
Chuck wies gerade die Welpen dazu an, sich in Paaren zusammen zu tun und zu kämpfen, was mehr Spiel als Ernst war, als Collin sich vor unseren Felsen legte und hechelnd zu uns nach oben sah.
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Vivian Schneider - Die Geschichte einer jungen Werwölfin
LobisomemAuszug: „Ich glaube, wir sind dann mal raus!", grinste ich sie an, als sich der Raum immer mehr leerte. „Freu dich da mal nicht zu früh!", murmelte sie nur und fixierte etwas neben mir. Doch bevor ich mich nur umdrehen konnte, hörte ich schon das...