„Aber wenn ich's dir doch sage! Ich saß da die ganze Zeit und hab an nichts Schlimmes gedacht und wollte rein zu dir und war an der Tür und und und dann kam sie mit mit drei oder oder vier, nein fünf Mädchen raus und und hat mich so überrascht angeguckt, wie als wäre ich ein kleines, niedliches Straßenhündchen, dass seine Mutter ver-verloren hat und dann wusste ich nicht...." „Atme! Atme, mein Kind. Ein: hhhhhh und aus: fffffff und ein: hhhhhh und aus fffff. Genau so. So ist's gut, Mari!". Laura versuchte mich zu beruhigen, aber ich wollte sie am liebsten dafür schlagen, dass sie mich nicht ausreden ließ. Sie lag nur da auf der Couch schief hängend, eine Salzstange wie eine Zigarette zwischen den Finger geklemmt, in der Hand haltend und ihre Beine übereinander geschlagen und mit einer schwarzen Sonnenbrille auf der Nase - um fünf Uhr morgens in ihrem abgedunkelten Wohnzimmer. Sinnig was sie tat war es nie gewesen, jedoch hörte ich mit der Zeit einfach auf zu fragen. Laura war wie eine stillgelegte Leitung! Total abgedreht. Und genau das schien der Grund zu sein weshalb wir uns so gut verstanden. Ich, der eher ruhige Pol und sie der eher durchgeknallte Pol. Das arithmetische Mittel berechnend ergab diese Zusammenstellung aus uns Beiden, zwei völlig ausgeglichene, normale Menschenwesen. Zumindest war das unsere Hoffnung. Oder meine Hoffnung, vielmehr. In der Praxis spiegelte sich diese Theorie leider widererwartens nicht wieder. Nachdem ich mich bei Lauras Atemübungen veratmet hatte und nach „Wassr! Ih bruuuch Wassr" röchelte, zog Laura aus dem Seitenfach ihrer Couch einen Block hervor. Sie setzte sich auf und blickte mich mit einem skeptischen Schmunzeln im Gesicht an. Ihren russischen Akzent aufsetzend sprach sie: „Nun Frau Tavaneh, wir haben uns hier eingefunden, um ihre bestehende Problematik der persönlichen Inkompetenz im Thema Beziehungen und amorische Verknüpfung zu behandeln. Ich danke Ihnen, dass sie sich die Zeit genommen haben, mir so ausführlich die bewegenden Geschehnisse der letzten Stunden zu erläutern. Angesichts der bestehenden Diagnose ihrer amorischen Inkompetenz (so kürze ich es gerne ab), lässt sich feststellen, dass sie starke Kommunikationsprobleme, sowie introvertierte Verhaltensweisen aufzeigen. Um diese Beobachtung fundiert zu belegen, würde ich nun mit Ihnen eine kurze Umfrage starten. Würden sie sich dazu bitte aufsetzen und ihren Fokus auf meine Person richten?" Ich schüttelte den Kopf. Die Schaukel dieses Mädchens war, zu Zeiten ihrer Kindheit eindeutig zu nah an der Hauswand montiert worden. Das würde jedenfalls ihre starke geistige Verwirrtheit erklären. Oder aber sie hatte als vorpubertäres Kind zu viel Zeit in Debattierclubs verbracht. Irgendwas musste in dem Verlauf ihrer Entwicklung schief gelaufen sein, da war ich fest von entschlossen.
„ Frau Tavaneh, ich muss doch wirklich bitten. Das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Ihnen und mir ist doch nun schon seit vielen Jahren gewachsen und gefestigt. Meinen Sie nicht, dass sie dann meinen fachspezifischen Anweisungen folgen und mir Vertrauen schenken können?", fragte Laura und setze eine empörte Miene auf. Sie verschränkte beleidigt ihre Arme und warf mir einen tötenden Blick zu. Verunsichert tuend sprach ich: „Nun ja, es ist so Frau Nover. Ihre harrschen Blicke, die sie mir gelegentlich zuwerfen, nun ja die desintegrieren mich. Sie wissen ja... Klaus Hurrelmann und seine Desintegrations-Frustrationstheorie.... Ein Individuum, welches sich in einem sozialen Gefüge wiederfindet wird durch gewisse Motoren und äußere Einflüsse verunsichert. Diese Verunsicherung führt schließlich dazu, dass das Individuum desintegriert. Es wird entweder aggressiv, oder frustriert oder zieht sich stark zurück. Folgen dessen können sein, dass es beispielsweise autoagrressive Verhaltensweisen zeigt, oder aber stagniert und rein gar nichts mehr zu sagen oder tun weiß. Und wissen Sie, Frau Nover, genauso ergeht es mir derzeit mit Ihnen. Ich weiß nun einfach nicht, wie ich aus dieser Stagnation heraus kommen soll, oder gar mit Ihnen offen und vertrauensvoll kommunizieren soll, wenn Sie, als mein soziales Gefüge, als meinen sicheren Hafen, als meine akute Bindungsperson mir nicht die Sicherheit zu spüren geben, nach der ich mich intuitiv sehne. Eine Brust einer Mutter, eine reichende Hand, oder ein „Sie schaffen das Frau Tavaneh"! Symbolisch Gesehen würde meiner Nichtigkeit dies eine Herzenswärme und Zuvertrauen in meine eigenen Fähigkeiten verschaffen, was mir das Gefühl gibt ein kompetenter, handelnder Mensch zu sein. Verstehen Sie was ich meine? Sehen Sie denn nicht meine Not?" Laura schwieg. Eine ganze Weile nickte sie skeptisch und blickte immer wieder zu mir und dann auf ihren Block. „Ich weise sie hiermit in eine geschlossene Anstalt ein!", sprach sie, erhob sich aus ihrer Couch und ging wortlos in die Küche.
Verwirrt stand ich ebenfalls auf und rannte ihr hinterher, doch es riss mich zu Boden. Ich klammerte mich an ihrem linken Bein fest und flehte: „Nein, Frau Nover, sie sagten ich solle ein vertrauensvolles Verhältnis zu Ihnen aufbauen. Wie können Sie mir dann in Momenten wie diesen, solch einen Schlag ins Gesicht verpassen? Wo bleibt da die Gerechtigkeit?" „Ich trinke jetzt meine Morgenmilch. Bitte entfernen sie sich von meinem Bein!", sprach Laura mit monotoner Stimme und zog aus dem Seitenfach des geöffneten Kühlschranks eine Müllermilch hervor. Sie nahm zwei Schlücke, wie als tränke sie hochprozentigen Wodka aus einem Flachmann, und bot mir ebenfalls an, mal dran zu nippen. Dankend lehnte ich jedoch ab und schlenderte mutlos zurück in das Wohnzimmer. Nach einer Weile kam Laura zurück aus der Küche, setzte sich erneut nieder und schrieb etwas auf ihren Block, während sie murmelte: „Verweigert jegliche Therapieansätze... widersetzt sich therapeutisch angeordneten Maßnahmen... stellt sich gegen meinen fachkompetenten Rat... ist zu keinerlei Selbstreflexion fähig... äußert sich unspezifisch... schwitzt stark...isst rohe Eier...Diagnose: Krebs im Endstadium!" Dann fuhr sie abrupt mit lauter Stimme fort: So! Ich hab's! Ich hab's! Wir gehen morgen auf Daniela Kleister's Junggesellinnen Abschied. Dort werde ich 80% meiner Freundesgruppe wieder sehen. Und somit mit höchster Wahrscheinlichkeit auch die Dame, die dir dein kleines Köpfchen verdreht hat. Anschließend werden wir uns weiteren Analysesitzungen unterziehen und gemeinsam überlegen, was die, in Ihnen aufgekommenen Gefühle zu bedeuten haben. Nun aber gehen sie heim. Sie brauchen Schlaf und neues Denkvermögen. Es ist früh. Zu früh um sagen zu können was ihr Herz begehrt. Wir machen Schluss für heute. Ade!" Und so sprang Laura auf, drückte mir meine Tasche in die Hand und schob mich ungeduldig aus ihrem Haus. Hatte mich meine beste Freundin gerade tatsächlich rausgeschmissen? Nun gut, die ersten Vögel zwitscherten schon und die Sonne ging auf, sprich: Es war sechs Uhr in der Früh und wir waren seit 26 Stunden wach. Aber dennoch? Was war, wenn ich, wie der Zufall es eben wollte, wieder diesem ...Mädchen.. dass mich...ich weiß ja auch nicht wie...irgendwie...berührt hatte?...begegnete? Wer fing mich dann auf? Wer analysierte mich? Wer sprach dann meine Krebsdiagnose aus? Wie sollte ich ohne Laura nur in der Lage sein ein eigenständiger Mensch zu sein? Okay...ich merkte, dass ich eindeutig zu lange wach gewesen war. Und so schlenderte ich müde und erschöpft und vollkommen fertig mit der Welt, überwältigt von all den Eindrücken der vergangenen sechs Stunden, nach Hause. In der Hoffnung... doch...vielleicht.... diesem Mädchen... über den Weg zu lauf-....Aaaargh! Aus Kopf! Aus!
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Maren loves Ruby
RomanceHey, dies ist eine kleine Fanfiction zu Maren und Ruby. Bitte nehmt es nicht ernst. Das Wenigste davon ist wahr. (Das musste ich hinschreiben und nicht von Maren getötet zu werden. Aber im Grunde trifft das Erzählte zu 99,8% die Realität). Grüße an...