Harrys Pov
Ungeduldig kaute ich auf meiner Unterlippe herum und wartete darauf, dass die drei Minuten, die mir deutlich länger vorkamen, endlich vorbei waren. Doch die Zeit wollte einfach nicht vergehen. Mit beiden Händen fummelte ich nervös am Saum meines Rockes herum.
Wäre Louis nun hier, könnte mich dieser sicher beruhigen. Jedoch wollte ich zunächst für mich Gewissheit haben, bevor ich ihn überhaupt mit diesem Thema konfrontierte, da ich seine Reaktion überhaupt nicht einschätzen konnte. Wir hatten noch nie wirklich über dieses Thema gesprochen, was vermutlich daran lag, dass wir noch gar nicht all zu lang zusammen waren. Ich hatte die Beziehung zunächst vor meiner Familie verheimlicht und ihnen erst davon erzählt, als ich mir sicher war, dass das mit Louis und mir wirklich klappen könnte. Die Reaktion auf die Beziehung und auf das dazugehörigen Outing fiel komplett positiv aus. Sie hatten längst geahnt, dass ich zumindest bi war, doch wollten sie mich mit dem Thema nicht bedrängen, weswegen sie warteten bis ich es selbst ansprach. Hätte ich geahnt, dass meine Mum mir nach dem Outing noch eine wichtige Information verraten würde, hätte ich es ihr schon viel früher erzählt ... Optimal wäre es gewesen, wenn wir vor dem Sex mit Louis drüber gesprochen hätten.
Aufgrund eines Genfehlers konnte ich schwanger werden. Wäre ich beim weiblichen Geschlecht geblieben, hätte Mum mir es mir vielleicht nie erzählt, weil sie Angst hatte, dass ich mich aufgrund des Genfehlers wie ein Freak oder sonstigen fühlen würde. Allerdings war sie auch davon ausgegangen, dass ich ihr von einem möglichen Freund erzählen würde, bevor ich mit diesem Sex hätte.
Seufzend stand ich vom Fußboden auf, stellte mich seitlich vor den Spiegel und betrachtete mein Spiegelbild. Sollte ich tatsächlich schwanger sein, sah man mir es zumindest noch nicht an. Leider war jedoch die Morgenübelkeit bereits eingetreten, was selbstverständlich auch noch andere Ursachen haben könnte.
Ich nahm mir ein großes Handtuch, knüllte es zusammen und schob es mir unter mein T-Shirt. Erneut betrachtete ich mein Spiegelbild. Ganz von allein schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen, während sich meine Hand auf die Wölbung legte. Die Beziehung von Louis und mir war eigentlich viel zu frisch für so eine große Veränderung, doch konnte ich nicht verhindern, dass ich Gefallen an dem mir gebotenen Anblick entwickelte.
Einige Sekunden betrachtete ich mich noch im Spiegel, dann zog ich das Handtuch wieder heraus und wandte mich meinem Handy zu. Die drei Minuten waren endlich um. Das Lächeln wich schlagartig von meinen Lippen, stattdessen kehrte die Nervosität zurück. Obwohl mir der Gedanke an ein Baby schon irgendwie gefiel, war es viel zu früh dafür. In ein paar Jahren könnte ich es mir sehr gut vorstellen mit Louis eine kleine Familie zu gründen, aber doch noch nicht jetzt. Mit einer so frühen Schwangerschaft würde ich den Brünetten vermutlich nur vergraulen. Erst vor wenigen Tagen hatte er mir noch erzählt, dass er in den nächsten Jahren die komplette Welt mit mir bereisen, die verrücktesten Dinge ausprobieren und einfach nur die Zweisamkeit genießen wollte. Ein Baby würde seine Planung ziemlich durcheinander bringen. Natürlich könnten wir immer noch gemeinsam mit dem Kind verreisen, doch besonders mit einem Baby würde die Leichtigkeit fehlen, die Louis sich vorstellte.
Nach einem tiefen Atemzug ergriff ich den Schwangerschaftstest, welcher auf dem Rand der Badewanne gelegen hatte. Ich starrte auf das Ergebnis und wäre am Liebsten in Tränen ausgebrochen.
Schwanger
"Harry?", riss mich eine vertraute Stimme aus meiner Starre, wobei ich nicht wusste, wie lange ich einfach dort gestanden hatte. "Bist du Zuhause?" Eilig warf ich den Test in eine Schublade, ehe ich das Badezimmer verließ. Im Flur traf ich auf Louis, der seit einigen Wochen einen Schlüssel für meine Wohnung besaß, sowie ich auch für seine. "Hey", begrüßte er mich lächelnd, wobei er in meine Richtung kam. Ich zwang mich zu einem Lächeln, woraufhin Louis Blick jedoch besorgt wurde. "Ist alles in Ordnung?" Seine Hände legten sich an meine Hüfte und zogen mich sanft an sich. Als sich seine Arme fest um meinen Körper schlangen, ich mich an ihn lehnte und den vertrauten Duft einatmete, brach meine Mauer in sich zusammen und ich begann zu weinen. "Baby", hauchte meine Freund, wobei er mich noch enger an sich drückte. Verzweifelt krallte ich mich in seine Jacke und vergrub das Gesicht an seiner Schulter. "Was ist los, Schatz? Was auch immer es ist, ich bin mir sicher, dass wir es zusammen hinbekommen werden."
"Ich liebe dich", brachte ich hervor.
"Ich liebe dich auch." Er drückte mir einen Kuss auf den Kopf.
"Ich will nicht, dass du mich verlässt."
"Das würde ich niemals tun. Nichts auf dieser Welt würde mich dazu bringen können, dich zu verlassen. Egal was passiert, ich werde immer an deiner Seite bleiben und für dich da sein."
"Und ein Baby?", fragte ich vorsichtig.
"Wie sollte ein Baby mich dazu bekommen dich zu verlassen?", hakte Louis verwirrt nach. Ich hob meinen Kopf etwas, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Mit dem Daumen wischte Louis mir sanft die Tränen weg. Ich musste es ihm sagen. Es war sein Recht zu erfahren, dass er Vater wurde. Außerdem würde es nicht einfacher werden nur weil ich es weiter herauszögerte.
"Ich bin schwanger", sagte ich direkt heraus ohne noch weiter drüber nachzudenken. Louis öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder ohne ein Wort gesprochen zu haben. Sein Schweigen nutzte ich, um eine kurze Erklärung hinzuzufügen. "Mum hat mir erst vor wenigen Tagen erzählt, dass bereits vor Jahren ein Genfehler bei mir festgestellt wurde, der unteranderem dazu geführt hat, dass ich schwanger werden kann. Als wir miteinander geschlafen haben, wusste ich davon aber noch nichts. Weil in den letzten Tagen morgens ständig schlecht war, habe ich gerade einen Test gemacht und zumindest laut dem Test bin ich schwanger ... Du wirst also Vater, Louis", sprudelte es aus mir heraus.
"Das ... ich ... wow", stammelte Louis, wobei er sich von mir löste und sich durch die Haare fuhr. Eilig griff ich nach seiner Hand, welche ich umklammerte. Louis Blick richtete sich einige Sekunden auf unsere Hände, ehe er wieder zu mir aufsah. "Ich bin gerade ehrlich gesagt etwas überfordert."
"Es tut mir leid. Ich weiß, dass du dir die nächsten Jahre ganz anders vorgestellt hast und jetzt komme ich mit sowas um die Ecke. Ich kann natürlich verstehen, wenn es dir zu viel ist und du lieber dein Leben ohne das Baby verbringen möchtest, aber ich ..." Ich verstummte, da Louis mich an meiner Hand sanft näher zu sich zog.
"Du brauchst dich erstmal für rein gar nichts entschuldigen. Außerdem habe ich dir doch gerade gesagt, dass mich nichts dazu bekommen könnte, dich zu verlassen und genauso meinte ich das auch. Natürlich hatte ich für die nächsten Jahre andere Pläne, aber dann werden diese Pläne eben geändert. Solange du ein Teil dieser Pläne bleibst, würde ich sie für dich auch noch tausend mal ändern. Sei mir nur bitte nicht böse, wenn ich erstmal ein paar Tage brauche, um die neue Situation zu verarbeiten. Bis eben wusste ich nicht mal, dass überhaupt die Möglichkeit besteht, dass du schwanger werden könntest und jetzt heißt es plötzlich, dass ich Vater werde. Wir bekommen das zusammen schon hin, ich brauche nur etwas, um das Ganze zu realisieren." Ich nickte, wobei ich ein Lächeln nicht unterdrücken konnte. Wegen der anfänglichen Überforderung konnte ich Louis nun wirklich nicht böse sein. So ziemlich jeder an seiner Stelle würde wohl so reagieren, wenn der Freund, mit dem man gerade mal kurze Zeit zusammen war, einem erzählte, dass er schwanger sei. Ich drückte Louis einen Kuss auf die Lippen, ehe ich ihn fest umarmte.
Den restlichen Abend sprachen wir zunächst nicht mehr über das Thema, jedoch merkte ich Louis an, dass er immer wieder in seinen Gedanken versunken war.
Am späten Abend kuschelten wir uns in meinem Bett dann eng aneinander. Einen Augenblick lagen wir einfach nur schweigend dort, als ich plötzlich Louis Hand auf meinem Bauch spürte.
"Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich wirklich Vater werde ... dass wir Eltern werden." In der Dunkelheit sah ich lächelnd zu ihm hoch.
"Soll ich dir verraten, was ich glaube?", fragte ich.
"Was denn?"
"Dass du der beste Daddy der ganzen Welt wirst."
"Ich frag dich in ein paar Jahren dann nochmal, ob du das immer noch denkst, wenn ich unserem Kind ständig Blödsinn beibringe." Ich lachte leise und schmiegte mich enger an Louis. Seine Lippen trafen für einen sanften Kuss auf meine.
Ich blieb bei meiner Meinung, dass es auf dieser Welt keinen besseren Vater als Louis gab.
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1D One Shots II [boyxboy] - keine Anfragen möglich-
FanfictionTeil 2 meiner OS-Sammlung - boyxboy