In den nächsten Nächten hatte ich ziemliche Schwierigkeiten, genug Schlaf zu erwischen. Das lag allerdings nicht daran, dass ich zu aufgefühlt war, um Schlaf zu finden. Ganz im Gegenteil, ich war so müde dass ich wahrscheinlich tagelang hätte schlafen können, aber Grace schlief keine einzige Nacht durch.
Sie wachte auf, hatte Hunger, konnte nicht schlafen, weinte, wollte gewickelt werden – was auch immer. In solchen Momenten fehlte mir jemand, der mich bei solchen Aufgaben unterstützte. Allein war das nämlich mehr als nur schwer durchzuhalten, immerhin musste ich mich auch tagsüber ganz allein um sie kümmern.
So gesehen hatte das alles sogar einen positiven Nebeneffekt: Ich kam gar nicht wirklich dazu, mir über diese ganzen Schlagzeilen großartig Gedanken zu machen. Meistens lauteten sie entweder Sie hat sich alles bloß ausgedacht! Oder zumindest so ähnlich.
Niall kam uns hin und wieder besuchen – unauffällig, versteht sich. Wenn er hier ankam, trug er meistens eine Kapuze und eine Sonnenbrille oder irgendetwas Ähnliches.
Aber er hielt sein Versprechen: Er wollte sich wirklich um sie kümmern, Zeit mit ihr verbringen und sie aufwachsen sehen. Das Problem war allerdings, dass er meistens wenig Zeit hatte und wenn überhaupt nur am Wochenende für ein paar Stunden kommen konnte.
Was ich erstaunlich fand war, dass er mir an solchen Tagen auch im Haushalt unter die Arme griff, ohne dass ich ihn darum gebeten hatte. Hinter der ganzen Rockstar-Fassade steckte also ein wirklich am Boden gebliebener, hilfsbereiter junger Mann, der sowohl wusste, wie man Verantwortung übernahm.„Ich habe das Geschirr abgewaschen und im Badezimmer die Spiegel geputzt“, meinte er an einem ganz gewöhnlichen Freitagabend im September, während ich damit beschäftigt war, Grace zu stillen.
„Tausend Dank, ehrlich“, seufzte ich auf, so leise wie nur irgendwie möglich.
„Kein Problem“, er lächelte, als er sich neben mir niederließ. „Willst du was essen?“
„Eigentlich nicht, aber wenn du Hunger hast kannst du dir gerne was machen“, ich lächelte ihn an, während ich den Lauten lauschte, die Grace machte, während sie an meiner Brust lag.
Ihr Vater zuckte beide Schultern. „Ich habe keinen Hunger, ich wollte nur wissen ob du welchen hast.“
Ein lächeln zierte seine Lippen, und ich lächelte zurück. „Nein. Aber Danke, dass du gefragt hast.“
„Grace scheint im Gegensatz zu uns aber ziemlich hungrig zu sein“, er deutete auf unsere Tochter, die ich seit einer gefühlten Ewigkeit stillte.
„Den hat sie alle drei Stunden“, seufzte ich, „Sogar nachts.“
„Soll ich heute Nacht hier bleiben?“
Ich drehte meinen Kopf augenblicklich in seine Richtung. Sein Angebot überraschte mich sehr, offen gestanden.
„Du willst heute Nacht hier bleiben?“
Er nickte. „Wenn du willst, kann ich gerne hier bleiben, damit du wieder mal länger schlafen kannst als in den letzten Wochen.“
„Ich glaube kaum dass du mir das Stillen abnehmen kannst“, scherzte ich, „Wirklich helfen kannst du mir eigentlich erst, wenn sie anfängt, ihre Zähne zu bekommen oder nicht mehr durchschlafen kann.“
„Wie gesagt“, grinste er zurück, „Mein Angebot steht. Solltest du meine Hilfe brauchen, kannst du mich jederzeit anrufen.“
„Danke“, ich musste ehrlich lächeln. Es war eine unheimliche Erleichterung zu wissen, dass ich zumindest nicht ganz allein war.
Während ich später eine sehr ausführliche Dusche nahm, übernahm Niall die Aufsicht für Grace und beschäftigte sich für eine kleine Weile mit ihr.„Kommst du zurecht?“, meine Haare waren noch immer nass, als ich das Wohnzimmer betrat, wo Niall sie sanft hin- und wieder herwog.
„Sie ist eingeschlafen“, flüsterte er, mit einem kurzen Blick in meine Richtung.
„Wie hast du das denn geschafft?“, grinste ich, als ich mich neben ihm niederließ und sanft ihre Wange streichelte.
„Ich hab ihr was vorgesungen“, erzählte er lächelnd, ohne dieses Hin- und wieder Herwiegen zu unterbrechen.
„Naja“, ich musste kurz lachen. „Dass du das kannst sollte sollte wohl außer Frage stehen.“
Nun war er derjenige, der sich ein Lachen nicht verkneifen konnte. „Ja, es gibt durchaus schlimmeres.“
„Keine falsche Bescheidenheit“, zwinkerte ich, während ich langsam wieder aufstand, um Wasser für frischen Tee zu kochen.
„Willst du auch Einen?“, ich deutete auf die Box, in der ich Teeblätter und -beutel aufbewahrte.
„Ich bin Ire“, scherzte er, „Ich hasse Tee.“
„Trinkt ihr keinen Tee?“, fragte ich amüsiert nach, bevor er seine Schultern zuckte. „Naja, doch“, antwortete er, „Aber nicht so wie ihr rund um die Uhr.“
„Stimmt“, grinste ich, „Ihr bevorzugt dafür Whiskey.“
„Sehr witzig“, er streckte mir seine Zunge raus, während er vorsichtig versuchte, mit Grace auf dem Arm ein Fenster zu öffnen.
„Hast du noch immer keinen Hunger?“, fragte ich nach einer Weile nach, als das Wasser für den Tee bereits kochte.
„Doch“, antwortete er, „Aber meine Kochkünste sind nicht die allerbesten.“
„Meine auch nicht, aber wir sind hier in London“, warf ich schulterzuckend ein. „Sag mir was du essen willst und ich geh kurz los, solang du auf Grace aufpasst.“
Er schien kurz nachzudenken, bevor er antwortete. „Magst du chinesisch?“
„Ich liebe chinesisch“, gab ich zur Antwort, woraufhin er zufrieden grinste. „Perfekt.“
„Ich geh sofort los, sobald ich meinen Tee ausgetrunken habe“, meinte ich, während ich das Wasser auf den Beutel goss.
„Ihr Briten und euer ständiges Teetrinken“, scherzend rollte er beide Augen – nun war ich diejenige, die ihm die Zunge rausstreckte.
Und ich hatte langsam das Gefühl, dass wir uns richtig gut verstehen konnten – dass wir eigentlich ein richtig gutes Team sein konnten, wenn wir das wollten.Wenig später schloss ich die Tür zu meinem Apartment wieder auf, in meiner Hand zwei Tüten, die mit Essen gefüllt waren.
Während ich meine Schuhe auszog, konnte ich hören, wie Niall Grace tatsächlich etwas vorsang.
Ich konnte es nicht genau sagen, aber ich glaubte, in dem Lied die Melodie von Hey there Delilah von den Plain white T's erkennen zu können.
„A thousand miles seems pretty far, but they've got planes and trains and cars, I'd walk to you if I had no other way.“ waren die Worte, die ich hören konnte, als ich die Küche betrat.
Das Lied war tatsächlich beruhigend.
„Wenn du weiterhin singst, schlaf ich selbst ein“, ich lächelte, als ich beide Tüten auf dem Tisch abstellte. Er drehte sich zu mir um, kam auf mich zu und blickte mich fragend an. „Soll ich den Tisch decken?“
„Wenn du magst, gerne“, gab ich zurück, „Aber du musst das nicht tun. Du sollst dich nicht zu irgendetwas verpflichtet fühlen, verstehst du?“
„Ich kümmere mich darum“, lächelte er, während er mir Grace vorsichtig in den Arm legte. „Jetzt, da sie schläft kannst du sie ja in ihre Wiege legen.“
Gerade als ich in mein Schlafzimmer gehen wollte, hielt ich im Türrahmen noch einmal an und drehte mich zu Niall um. „Warum tust du das alles?“
„Warum nicht?“, grinste er schulterzuckend, bevor er zwei Teller auf dem Tisch platzierte.
Ich glaubte nicht, dass ich diese Fürsorge wirklich begreifen musste, um dankbar für sie zu sein. Ich war wirklich froh, dass er versuchte, mir unter die Arme zu greifen, obwohl er nicht zu Grace stehen konnte.
Mittlerweile glaubte ich, mich zumindest halbwegs damit abgefunden zu haben. Zumindest hoffte ich das.„Schlaf gut“, ich gab Grace einen Kuss auf ihre Stirn, bevor ich sie in ihrem kleinen Bettchen niederlegte und wieder zu Niall in die Küche zurückkehrte.
Dieser war dort bereits fast fertig damit, den Tisch vorzubereiten.
„Was willst du denn trinken?“, fragte ich mit einem Blick auf die Speisekammer, die sich direkt neben der Küche befand.
Er zuckte beide Schutern. „Cola.“
„Warum frag ich eigentlich noch“, murmelte ich scherzend und holte eine Flasche Cola und eine Flasche Wasser und stellte sie auf den Tisch.
Eigentlich war es immer das Gleiche: Er trank Cola, ich trank Wasser. Das war schon an dem besagten Morgen im Hotel so gewesen, als ich plötzlich neben ihm aufgewacht war, ohne mir vorerst erklären zu können, wer er überhaupt war.Nachdem wir gegessen und einige belanglose Unterhaltungen geführt hatten, war es bereits elf Uhr geworden. Die Zeit war wie im Flug vergangen, wir beide hatten die Zeit komplett vergessen.
Gähnend stellte ich meinen Teller auf der Kochinsel ab und warf Niall einen fragenden Blick zu. „Bist du auch so müde wie ich?“
„Vermutlich schon.“
„Ich denke ich werde mich auf den Weg nach Hause machen“, verkündete er, und ich nickte. „Kein Problem.“„Niall?“, fragte ich in die Stille, als er sich seine Schuhe anzog.
„Ja?“
„Danke“, meinte ich schließlich, so leise wie nur irgendwie möglich, um Grace nicht erneut zu wecken.
„Kein Problem“, antwortete er schließlich, während er wieder dieses Grinsen im Gesicht hatte, das mir das Gefühl gab, als wäre all das völlig selbstverständlich für ihn.
„Bis bald“, fügte er lächelnd hinzu, und schloss die Tür hinter sich.
„Bis bald“, gab ich zurück, obwohl er es längst nicht mehr hören konnte.
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Sharing the secret (Niall Horan FF)
FanfictionWas passiert, wenn man ein Geheimnis hat, von dem zwangsläufig die ganze Welt erfährt? Und was passiert, wenn es trotzdem ein Geheimnis bleiben muss? Rose Alvin befindet sich in genau dieser Situation. Als sie erfährt, dass sie ein Kind von Niall Ho...