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Sie rannte.
Selbst als ihre Füße drohten sie keinen Schritt mehr weiter zu tragen, rannte sie unerbittlich weiter durch die verschlungenen Pfade der Zuflucht.
Sie musste es nur aus dem Herrschaftsgebiet ihrer Mutter schaffen.
Vielleicht schaffte sie es in das Gebiet von Raphael oder Titus.
Nur weit genug weg von ihrer Mutter.
Sie stolperte über eine Stein und riss sich an einem Ast die Wange auf.
Schnell legte sie eine Hand über die Wunde.
Sie durfte jetzt kein Blut verlieren.
Die Vampire ihre Mutter fanden sie sonst nur noch schneller.
Einen Ast der ihr die Sicht versperrte schlug sie weg und fand sich auf einer Wiese voller Glockenblümchen wieder.
Panisch sah sich sich kurz um.
Dann fiel die Anspannung von ihren Schultern.
Sie hatte es in Raphaels Territorium geschafft.
Sie war vorerst sicher.
Jetzt musste sie nur noch Asyl bei Raphael bekommen.
Und niemand durfte erfahren das sie hier war.
Auf der anderen Seite der Wiese fand sie einen kleinen See neben dem ein Pavillon stand.
Erschöpft und müde ließ sie sich am Ufer des Sees nieder.
Mit einem Ruck riss sie ein Stück vom Saum ihres Kleides ab und tauchte es in das kühle Nass.
Vorsichtig wischte sie sich das Blut von der Wange.
Der tiefe Riss war nur noch eine kleine Schramme und sollte bald völlig geheilt sein.
Der Mond schien hell über ihr und tauchte die Wiese und den See in ein kühles Licht.
Müde besah sie sich ihr Spiegelbild näher.
Die schwarzen Haare flossen ihr in sanften Wellen den Rücken hinab.
Im Mondlicht schimmerten ihre Haare sanft in einem hellblauen Schein.
Ihre silbernen Augen wollten wohl heute mit dem Schein des Mondes konkurrieren.
Seufzend legten sich kleine Falten auf ihre Stirn.
Sie sah ihrer Mutter so gar nicht ähnlich.
Und wer ihr Vater war wusste sie nicht.
Wenn er nur ein unbedeutender Engel war und nur eine Affäre mit ihrer Mutter gehabt hatte, würde es sie nicht wundern wenn sie ihn niemals kennen lernen würde.
Sie stand auf und ging in den Pavillon.
Eine gepolsterte Bank stand neben einem kleinen Tisch und in einem Sessel fand sie eine dünne Decke.
Angestrengt lauschte sie auf ihre Umgebung.
Sie konnte die Wachen ihrer Mutter nirgends hören.
Vielleicht war auch noch gar nicht aufgefallen, dass sie nicht in ihrem Zimmer war.
So oder so konnte es nicht schaden, wenn sie sich ein wenig ausruhte.
Sie nahm die Decke und machte es sich auf der Bank bequem.
Wenn die Sonne aufging würde sie sich weiter auf den Weg zu Raphaels Palast machen.
Doch zuerst musste sie sich ausruhen.

„Wer zum Himmel bist du und was machst du hier?"
Eine tiefe Männerstimme riss sie aus ihrem leichten Schlaf.
Ruckartig setzte sie sich auf und sah sich um.
Es war noch dunkel.
Die Sonne begann gerade erst zu dämmern.
Vor ihr stand ein Engel der eine Schwertspitze auf ihr Gesicht gerichtet hatte.
Sie sah ihn an und kämpfte Augenblicklich mit dem Drang nicht den Mund vor Erstaunen zu öffnen.
Sie hatte noch nie einen Engel wie ihn gesehen.
Sie Haare waren in einem hellen Blond und es sah aus als hätte man Diamantstaub über ihn gestreut.
Würde die Sonne schon am Himmel stehen, so war sie sich sicher, würden seine Haare sie reflektieren und im ganzen Pavillon brechen.
Seine Flügel waren so weiß wie sie es noch nie erlebt hatte und auch sie schienen von Diamantstaub überzogen.
Und dann seine Augen.
Eine Mischung aus blauen und grünen Splittern.
Er zog verärgert die Brauen zusammen.
„Ich frage dich ein letztes Mal: Wer bist und was hast du in Raphaels Gebiet ohne Erlaubnis zu suchen?"
„Es tut mir Leid! Bitte ich brauche die Hilfe von Erzengel Raphael! Ich flüchte vor Michaela!"
Der zornige Ausdruck in seinem Gesicht verschwand.
„Warum flüchtest du vor Michaela? Was hast du getan?"
Sie sah sich unsicher um.
„Bitte bringen Sie mich zu Raphael. Dann sage ich ihnen alles was Sie von mir wissen wollen."
Sie hörte ein Knacken hinter ihm.
„Verdammt."
Er murmelte leise.
Schnell ließ er das Schwert auf seinem Rücken verschwinden.
Dann griff er ohne zu fragen nach ihrer Hand, trat mir ihr vor den Pavillon, legte beide Arme um ihre Taille und schwang sich mit solcher Kraft in die Luft, dass es ihr den Atem verschlug.
Für einen kurzen Augenblick hatte sie sich eingebildet, da Riker zwischen den Ästen zu sehen.
Doch das konnte nicht sein.
Sie hätte ihn gerochen.
Sie wusste wie Riker roch und er war nicht mal in der Nähe gewesen.
Verzweifelt klammerte sie sich an das Leinenhemd des Engels, der sie noch immer fest in den Armen hielt.
Die Haare peitschten ihr vom Wind ins Gesicht, doch sie wusste auch ohne zu sehen wohin er sie flog.
Sie hatte von ihm gehört.
Oder besser von Ihnen.
Er war eine von Raphaels Sieben.
Sie hatte über sie gelesen.
Kein anderer Erzengel hatte solche Vertraute wie Raphael und seine Gemahlin.
Sie wollte es fast schon Familie nennen.
Wie eine Familie schienen zu ihr zusammen zu halten.
Der Engel der sie in seinen starken Armen hielt war ihr sehr wohl bekannt, auch wenn sie ihn noch nie in Natura gesehen hatte.
Aodhan.
Er war sowohl Künstler als auch Krieger.
Und sie wusste das er von Kolibri gelernte hatte.
Sie spürte wie er zur Landung ansetzte und hatte schon kurz danach wieder festen Boden unter den Füßen.
Kaum hatte sie sich wieder daran gewöhnt, zog er sie auch schon am Handgelenk hinter sich her.
„Na Fünkchen wen bringst du denn da mit?"
Fünkchen?
Der Engel der Aodhan gerade so genannte hatte war eine faszinierende Mischung aus Silber und blau.
Das musste Illium sein.
„Wo ist der Sire?"
„Sie warten in der Bibliothek auf euch."
Ohne ein weiteres Wort zog Aodhan sie weiter hinter sich her.
Er führte sie durch breite Gänge die auf sie jetzt schon viel heimischer wirkten als es das Haus ihrer Mutter jemals geschafft hätte.
Vor einer großen Flügeltür blieb er stehen und klopfte kurz bevor er, ohne eine Antwort ab zu warten, eintrat.

Die purer Schönheit dieses Raums verschlug ihr den Atem.
Die Bücher reichten bis unter die Decke.
Natürlich, denn es waren Engel die hier lebten.
In der Mitte des Raumes stand ein langer Tisch.
Am Kopfende entdeckte sie zwei jüngere Engel.
Sie waren vielleicht hundert oder zweihundert Jahre älter als sie selbst.
Und es war nicht zu übersehen das sie Zwillinge waren.
Ein Junge mit goldblonden kurzen Haaren und silbernen Augen.
Seine Flügel ein sattes mitternachstschwarz mit hier und da einem helleren blau.
Die Haare des Mädchens waren heller und ihre Augen so blau wie der Ozean selbst.
Das blau ihrer Augen spiegelte sich in ihren Flügeln, die am Ansatz weiß waren und zu den Handschwingen in ein sattes Türkisblau übergingen.
Die beiden sahen wie mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen an.
Warum sie sie ansahen, als hätten sie einen Geist gesehen wurde ihr erst bewusst, als sie den Mann erblickte der hinter ihnen am Kamin stand.
Der Erzengel Raphael.
Sie konnte es nicht leugnen sie war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.
Sie hatten die selben schwarzen Haare, auch konnte sie nicht leugnen das ihr Mund dem seinen sehr glich.
Der Erzengel schaffte es sein Entsetzen über ihr Aussehen gut zu verbergen.
Oder es fiel ihm schlicht nicht auf.
„Wer bist du und was machst du in meinem Herrschaftsgebiet? Du gehörst nicht zu mir."
Aodhan hatte ihr Handgelenk los gelassen.
Sie fiel auf die Knie.
„Bitte, Gnade. Ich weiß ich bin unerlaubt eingedrungen, aber ich möchte euch um Asyl bitten. Ich bitte Euch! Michaela darf mich nicht zurückbekommen."
„Warum? Was hast du getan?"
„Bitte mein Herr. Es geht nicht darum was ich getan habe. Es geht darum was sie getan hat."
Sie beugte sich über ihre Knie und gab so jedem freie Sicht auf ihren Rücken.
Dafür hatte sie das Rückenfreie Kleid gewählt.
Dort wo ihre Flügel sein sollten, waren nur groteske, geschwulstige Narben.
Die vier Engel im Raum sogen hörbar die Luft ein.
Sie richtet sich leicht auf.
„Mein Name ist Durya. Ich bin Michaelas Tochter. So lange ich mich erinnern kann, lebe ich schon ohne Flügel. Niemand im Haushalt meine Mutter will mir sagen warum. Ich will nur herausfinden warum ich keine Flügel habe und wer mein Vater ist."
Raphael sah sie aus unergründlichen blauen Augen an.
„Wie alt bist du?"
Sie biss sich auf die Wange.
„Ich...ich weiß es nicht. Ich wurde jenseits von jeglicher Zivilisation oder Gesellschaft aufgezogen. Ich habe keinen Zugang zu irgendetwas das mit verraten könnte wie alt ich bin. Oder welches Jahr wir haben."
Es war das Mädchen das aufstand und sich neben sie kniete um ihr beim Aufstehen zu helfen.
„Komm, setzt dich zu uns und iss etwas. Ich bin Mirelle und der ungehobelte Kerl der dich so wütend anstarrt ist mein Zwilling Adrian. Keine Sorge er beißt nicht."
Durya sah das Mädchen verwirrt an.
„Mein Vater wird dir natürlich Asyl gewähren. Nur fürchte ich das du nicht hier in der Zuflucht bleiben kannst. Michaelas Männer würden dich nur all zu leicht finden."
Raphael hatte am Kopfende des Tischen zwischen seinen Kinder Platz genommen.
Nachdenklich strich er sich über das Kinn.
„Meine überaus großzügige Tochter hat Recht. Ich stelle dich unter meinen Schutz aber hier kannst du nicht bleiben. Aodhan, du hast sie gefunden. Würdest du dich um sie kümmern?"
Der Engel stand immer noch hinter Durya, auch als sie sich schon gesetzt hatte.
„Natürlich, Sire. Nur fürchte ich das sie in New York zu viel Aufsehen erregen würde."
Raphael nickte in Gedanken.
Mirelle stellte Durya inzwischen einen Teller Croissants hin und schenkte ihr etwas ein das wie warmer Kakao roch.
Durya nippte an der Tasse und schloss wohlig die Augen.
Es war heißer Kakao.
Und er schmeckte himmlisch.
„Ich könnte sie nach Boston bringen, Sire. Ich besitze dort seit kurzem ein kleines Haus."
Durya entging der überraschte Blick auf Raphaels Gesicht nicht.
„Das ist eine sehr gute Idee, Aodhan. Danke. Ich rede mit dem Piloten. Ihr brecht am besten sobald es geht auf."
„Geht es dir jetzt ein bisschen besser?"
Mirelle sah Durya besorgt an.
Diese nickte verhalten.
Die Tochter von Raphael war zuvorkommender als sie sein musste.
Zum ersten Mal meldete sich auch Adrian zu Wort.
„Mira du solltest ihr ein paar von deinen Kleidern geben. Sie sieht nicht aus als hätte sie etwas anderes dabei, als das zerrissene Kleid das sie trägt."
Durya sah ihn entgeistert an.
Er hatte eine viel tiefere Stimme als man es vermuten konnte.
Fast schon ein leichtes Grollen.
Ein Lächeln legte sich auch Mirelles Gesicht, was sie nur noch schöner machte.
„Oh ja komm mit! Ich hab da ein paar Sachen die werden dir bestimmt super passen. Und bis das Flugzeug fertig ist kann ich dich auf den neusten Stand bringen."
Sie griff Durya wie selbstverständlich bei der Hand und führte das völlig perplexe Mädchen aus der Bibliothek.

Als Mirelle gegangen war, ließ sich Aodhan auf ihrem Platz nieder.
Raphael wandte sich zuerst an seinen Sohn.
„Kein Wort zu deiner Mutter. Sie kommt erst seit kurzem wieder aus sich heraus. Ich kann sie nicht wieder für zweihundert Jahre verlieren. Nur weil dieses Mädchen deiner Schwester so ähnlich sieht, heißt das nicht das sie es auch ist. Du bleibst in der Zuflucht und stellst mit Jessamy und Galen Nachforschungen an, Adrian."
Sein Sohn hob überrascht eine Augenbraue in die Luft.
„Du willst wirklich mir eine so wichtige Aufgabe anvertrauen? Sollte nicht besser Naasir oder Jason sich darum kümmern?"
Raphael schüttelte den Kopf und legte seinem Sohn eine Hand auf die Schulter.
„Nein. Du kannst diese Aufgabe besser bewältigen als irgendeiner meiner Sieben. Ich habe deine Trainingsberichte gelesen. Es wird Zeit dich aufs Feld zu schicken. Ich habe dich und deine Mutter lange genug geschont. Du darfst dich nicht länger dafür verantwortlich fühlen was damals passiert ist. Es ist nicht deine Schuld, Adrian!"
Raphael sah, dass sein Sohn ein paar Mal blinzelte um die Tränen aus seinen Augen zu vertreiben.
Dann nickte er entschlossen.
„Ich werde dich nicht enttäuschen, Vater."
Raphael lächelte.
„Ich weiß."
Dann wandte er sich Aodhan zu.
„Du wirst dich gut um sie kümmern, Aodhan? Ich schicke derweil Jason nach Europa. Er soll dort ein wenig für mich Nachforschen. Ich will wissen wie niemand aus dem Kader mitbekommen konnte, dass Michaela ein Kind zur Welt gebracht hat. Galen und Venom werden hier die Stellung halten. Illium wird zum Turm abberufen. Ich weiß wie viel Elena ihm bedeutet. Vielleicht schafft er es das sie wieder aus sich heraus kommt."
Aodhan nickte.
„Wir alle vermissen Ellie sehr. Ich dachte ich könnte ihr helfen. Aber ich musste feststellen, dass ich ihre Wunden nicht so heilen kann, wie sie meine geheilt hat."
Ein leichter Schatten legte sich über Aodhans einzigartige Augen.
Ein Schatten der Raphael nicht entging.
Das erinnerte ihn an etwas.
Etwas das er vermutlich zu lange verdrängt hatte.
Vielleicht hatte er es auch einfach nur vergessen wollen.
„Sie war die Erste die du freiwillig ohne zu Zögern angefasst hast. Am Tag ihrer Geburt. Elena hielt sie dir hin und du hast nicht einen Moment gezögert. Du warst so stolz der Erste nach mir und Elena sein zu dürfen, der sie im Arm hielt."
Aodhan nickte.
„Uns alle hat der Tod der kleinen Prinzessin hart getroffen. Ein kleiner Teil von uns allen ist an dem Tag mit ihr gestorben."
Raphael gab ihm im Stillen Recht.
Denn von seiner Elena war am meisten gestorben.
Adrian war selbst noch ein Junge gewesen und hatte hilflos vor der Wiege gestanden.
Raphael vertrieb die Gedanken schnell wieder.
So wie er es immer tat.
„Gut, ich denke es ist das Beste wenn du unseren Schützling über die vergangenen fünfhundert Jahre zuerst aufklärst. Finde heraus wie viel sie weiß und was man ihr beigebracht hat. Als Michaelas Tochter muss sie eine gewisse Ausbildung genossen haben. Kauf ihr ein Mobiltelefon. In Boston kannst du ihr eine Karte vom Turm geben. So kann Michaela sie auf keine Fall finden. Und ruf einen Stilisten. Wenn sie so auf die Straße geht zieht sie alle Aufmerksamkeit auf sich und ich schätze nicht nur sie will das vermeiden."
Aodhan nickte.
Dann blickte er nachdenklich in die Flammen hinter Raphael.
„Ich frage mich warum Michaela ihr eine marokkanischen Namen gegeben hat."
Raphael schüttelte müde den Kopf.
„So wie ich Michaela kenne? Damit falls rauskommt das sie ein Kind hat, sie Elena damit bestmöglich einen Stich versetzen kann."

„Also warum hast du dir meinen Vater raus gepickt um Asyl zu bekommen?"
Durya saß in Mirelles übergroßem Ankleidezimmer und sah ihr dabei zu wie sie einen Koffer für sie packte.
„Ich weiß nicht viel über den Kader. Meine Lehrer durften mir nicht viel über den Kader oder die Geschichte der Engelheit beibringen. Manchmal habe ich meine Mutter in ihrem Arbeitszimmer belauscht. Dabei habe ich die Namen Raphael, Titus und Charisemnon aufschnappen könne. Wenn meine Mutter nicht in der Zuflucht war konnte ich mich in die Bibliothek schleichen und recherchieren. Schon nach ziemlich kurzer Zeit war mit klar, sollte ich es schaffen zu fliehen, würde ich in das Gebiet von Raphael oder Titus fliehen um dort um Asyl zu bitten. Meine Chancen schienen dort am besten zu stehen."
Charisemnon hatte sie zwar nie kennen gelernt, doch sie hatte ihn oft genug gehört wenn er ihre Mutter besucht hatte.
Er schien zwar nicht ihr Gemahl zu sein, aber sie hatte scheinbar gerne Spaß mit ihm.
„Wie ist es so Michaelas Tochter zu sein?"
Durya zuckte die Schultern.
„Wie ist es so Raphaels und Elenas Tochter zu sein."
Mirelle sah sie kurz an.
Ein Schleier von Traurigkeit legte sich über ihre schönen blauen Augen.
„Du weißt glaube ich gar nicht was es heißt eine Familie zu haben oder?"
Durya zuckte die Achseln.
„Man kann nichts vermissen, was man nicht kennt. Ich fand mein Leben immer ziemlich normal, bis ich es schaffte Romane aus der Bibliothek meiner Mutter zu stehlen und diese zu lesen."
Mirelle sah das Mädchen vor sich lange an.
Es brach ihr das Herz zu wissen, dass Durya niemals so etwas wie elterliche Liebe erfahren hatte.
Ganz anders als sie.
Das Mädchen hatte nicht nur äußerlich Narben.
Sondern auch innerlich.
Und diese Narben schienen sehr tief zu reichen.
Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass Aodhan sich um sie kümmern würde.
Mirelle schüttelte den Kopf um ihre traurigen Gedanken zu vertreiben.
Dann warf sie ihr eine enge Jeanshose und einen alten Pullover von Honor hin.
„Hier probier das mal an. Das müsste dir eigentlich passen."
Durya stand auf und schälte sich aus den letzten Fetzen ihres Kleides.
Mirelle sog plötzlich scharf die Luft ein.
„Um Himmels Willen was hat man die angetan?!"
Durya hatte nicht nur die Narben ihrer entfernten Flügel zu tragen.
Ihr Bauch, ihre Beine, ihr unterer Rücken.
Alles was man mit Kleidern bedecken konnte war von Narben und blauen Flecken gesäumt.
Durya verschränkte schützen die Arme vor ihrem Körper.
„Erziehungsmaßnahmen."
Ihre geflüsterte Antwort war nur ein Hauch.
Mirelle konnte die Tränen nicht mehr zurück halten.
Sie ging auf Durya zu und schlang ihre Arme und Flügel beschützend um das Mädchen.
„Dir kann nun niemand mehr etwas antun. Nie wieder wir dir jemand auch nur ein Haar krümmen. Wer es versucht muss erst mal an mir vorbei."
Mirelle mochte dieses seltsame Mädchen.
„Weißt du was? Wenn hier alles geregelt ist komm ich dir und Aodhan nach Boston nach. Ich kann ihm helfen dir alles bei zu bringen."
Durya zitterte in ihren Armen.
„Ich würde mich freuen dich dort zu sehen."
Mirelle ließ sie wieder los.
„Na kommt zieh dich an, ihr startet bestimmt bald."

Aodhan wartete vor dem Jet auf der Landebahn.
Die Sonne war mittlerweile aufgegangen und näherte sich immer mehr ihrem Zenit.
Das war gut, denn dann würden sie Nachts in Boston ankommen.
Als er Schritte hörte sah er auf.
Eins musste man Mirelle lassen.
Sie hatte in Talent dafür in jedem das beste zum Vorschein zu bringen nur mit Kleidern.
Durya trug eine enge Jeans, die sich um ihre Kurven schmiegte.
Darüber trug sie ein weiß-rot gestreiftes Sweatshirt mit geschnürtem Ausschnitt.
Sie war definitiv wunderschön.
Aodhan musste angestrengt blinzeln um sie nicht zu lange an zu starren.
Jemand wie Durya war ihm gewiss noch nie begegnet.
Mirelle hielt einen Koffer in der Hand den sie dem Piloten überreichte.
„Die Kleider sollten reichen bis ich nach komme. Dann gehen wir einkaufen und kaufen dir eigene Kleidung."
„Ich danke dir vielmals, Mirelle."
Durya sah Raphaels Tochter aus großen silbernen Augen an.
Mirelle lachte nur und winkte ab.
„Ach was sind doch nur Kleider."
An Aodhan gewandt fügte sie ernst hinzu: „Pass mir gut auf sie auf, Aodhan."
Aodhan verneigte sich von ihr.
„Natürlich, Prinzessin."
Mirelle schüttelte den Kopf.
Wie immer wenn jemand sie Prinzessin nannte.
Sie mochte es nicht so genannt zu werden.
Auch wenn sie streng genommen eine Prinzessin war.
Er ließ Durya den Vortritt die Gangway hinauf.
Mirelle hatte ganze Arbeit geleistet mit der Jeans.
Aodhan konnte seinen Blick fast nicht von Duryas unglaublichen Hintern nehmen.
Angestrengt sah er auf die Stufen und hob den Blick erst wieder als er hinter ihr den Jet betrat.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 23, 2020 ⏰

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