3 - Professional Liar - Flashback

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Ich saß also in einem Auto, das wahrscheinlich mehr Wert war als mein Leben. Dieses Teil hatte sogar Sitzheizung und hatte das Mercedes Logo strahlend hell auf dem Lenkrad. Mein ganzer Körper war angespannt. Kann er sich an mich erinnern? Werde ich jetzt gefeuert? Ohne Job – kein Geld – ohne Geld – keine Miete – ohne Miete – keine Wohnung – ohne Wohnung – bleibt einen nur die Straße! Himmel, wo kann ich eine neue Stelle finden? Mein Laptop ist am Arsch und meine Druckerpatronen sind leer! Wie soll ich neue Bewerbungen schreiben? Ich habe kein Geld für den scheiß. Die Mädels müssen mir was leihen und ich zahle es ihnen später zurück.

,,Hat Ihnen der Abend gefallen?". Ich zuckte zusammen. Ich war so vertieft, dass ich völlig vergessen hatte, dass der Grund, weshalb ich meine Stelle verlieren werde, direkt neben mir saß und mich nachhause fuhr. ,,Ja, er war sehr angenehm. Das Restaurant hatte ein schönes Ambiente. " Himmel, ich würde mich am liebsten aus dem fahrenden Auto schmeißen.
,,Ja, das fand ich auch. Wobei ich sagen muss, dass ich etwas neidisch auf Sie war".
Ich schaute zum ersten mal zu Ihm rüber, er hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Bei so viel Schönheit fühlte ich mich einfach nur FETT und HÄSLICH!
,, Auf mich Sir? Aus welchem Grunde?". Er fuhr sich verlegen über den Nacken ,,Na ja, Ihre Gruppe schien sehr ausgelassen zu sein und bei Ihrem Gelächter habe ich nur ahnen können, dass Sie sehr viel Spaß haben mussten. Bei meiner Tischrunde waren leider alle etwas verkrampft. Was ich natürlich verstehe! Mir würde es nicht anders gehen, wenn ich mit meinem Chef an einem Tisch sitzen müsste." Ich entspannte mich allmählich, keine Anzeichen, dass er mich wiedererkannte.
Ich bekam ein schlechtes Gewissen. Er schien ein guter Mensch zu sein, jedenfalls besser als ich. Doch eine innere Stimme flüsterte mir 'Die, die auf nett tun – sind in Wirklichkeit die Schlimmsten – das müsstest du doch am besten wissen' . Ich schüttelte die Stimme ab.
,,Oh, waren wir zu laut? Entschuldigen Sie. Das kommt nicht mehr vor!" Er drehte kurz den Kopf zu mir, unsere Blicke trafen sich zum ersten Mal, ich schaute schnell weg. ,,N-Nei-Nein. So meinte ich das nicht! Sie waren nicht zu laut. Ihr Lachen ist sogar sehr schön! I-Ich-Ich meine Sie...Ihre Gruppe...", ich musste lächeln. Er räusperte sich: ,, Was ich sagen wollte ist, dass ich auch gerne eine solche Stimmung an meinen Tisch gehabt hätte."

Endlich bogen wir in meine Straße. Er stellte den Motor ab, ,,Vielen Dank fürs mitnehmen, Sir. Ich wünsche Ihnen noch ein schönes Wochenende". Er sah mich mit seinen smaragdgrünen Augen an: ,,Nichts zu danken . Wenn du...Ist es okay, dass ich dich duze?" Ich nickte mechanisch: ,,Natürlich Sir!".
,,Super, dann heiße ich für dich ab jetzt Nick" . Ich weitete etwas meine Augen. Nein, Nein, Nein. Ich würde ihn niemals so nennen. Chefs duzt man nicht! Er hielt mir sein Handy hin ,,Gib mir deine Nummer, dann kann ich dich ab den kommenden Montag immer mit nehmen zur Arbeit. Ich komme nämlich aus der gleichen Richtung". Ich schaute verdutzt auf das neueste Apple IPhone. Immer diese furchtbare Lage, wenn dein Chef etwas von dir will und du es aber gar nicht willst, aber es trotzdem machen musst, um ihn nicht vorm Kopf zu stoßen. Mechanisch mit großen Unwohlbehagen tippte ich meine Nummer ein. ,,Sie müssen mich aber nicht abholen, wirklich! Ich habe eine super Zug Verbindung". Er lächelte und tippte noch etwas zu meiner Nummer ein: ,, Stimmt, ich muss dich nicht abholen. Ich WILL dich abholen. Ich mag es einen Beifahrer neben mir zu haben. Dann ist es nicht so langweilig." Ich schaute ihn zweifelnd an. ,,Jetzt guck nicht so. Ich bin der Neue! Ich brauche eine Freundin. Schreib mir am Sonntag, wann ich dich abholen soll."
Ich beließ es dabei. Am Ende haut er noch so einen nervigen Satz raus wie 'Sie möchten wohl nicht mit mir fahren, weil Sie mich nicht leiden können', auf sowas konnte ich gut verzichten.

Ich stieg aus: ,,Nochmal Danke. Ein schönes Wochenende" . Er grinste breit, ein wohliger Schauer überfiel mich – zu schön, muss weg sehen - Erblindungsgefahr zu groß. "Das wünsche ich dir auch Maxi, süße Träume." Während ich die Türe schloss, bildete ich mir ein noch zu hören 'Ich werde bestimmt süß von dir Träumen'. Ich ging die Treppen zu meiner Wohnung hoch. Meine Güte, es war so spät, dass ich Sachen hörte, die nicht gesagt worden sind.

Liar - PROFESSIONAL LIARWo Geschichten leben. Entdecke jetzt