1. Kapitel: Chris Clarke

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„Sie sind heute zu früh. Hat das einen Grund?"

Eine Weile sah ich durch das Zimmer in Dr. Richards' Praxis. Kurz sah ich aus dem Fenster, beobachtete den Schnee von draußen.

„Chris?"

Ich hob den Blick von dem Fenster, sah Richards an.

„Ich ... ich bin heute nur früher von der Uni weggekommen.", sagte ich leise.

Es kam nicht oft vor, dass ich pünktlich hier war. Was aber nicht daran lag, weil ich mich nicht an die Forderung vom Gericht einhalten wollte. Ich kam nur selten pünktlich von der Arbeit weg. Und der Verkehr um die Zeit war auch nicht ohne.

Richards hob eine Braue, nickte dann. Kurz senkte er den Blick, notierte sich etwas.

Ich runzelte die Stirn, lehnte mich in dem Sessel zurück.

Er sah immer so aus, als wüsste er etwas über mich. Etwas, dass selbst ich nicht wusste.

Ich hörte, wie er aufatmete. Dann legte er seine Notizen beiseite, sah mich an.

„Okay. Wollen Sie anfangen?"

Leicht zog ich die Brauen zusammen.

„Womit anfangen?"

„Worüber wollen Sie reden?"

Über gar nichts. Ich wollte nicht hier sein. Ich wollte nur, dass es aufhörte. Dass ich gar nicht mehr hier her gehen musste, weil ein Gericht dachte, es sei das „Beste".

Ich sah ihn an, zuckte dann mit den Schultern.

„Keine Ahnung.", erwiderte ich, lehnte mich zurück. „Ich bin noch etwas k.o von der Uni. Und ... schlagen Sie was vor."

„Nun ... Sie mögen meine Themen nicht wirklich."

„Überraschen Sie mich Doc."

Er nickte leicht, hob den Blick etwas an.

„Wie haben Sie geschlafen?", fragte er dann.

„Müssen wir damit anfangen?"

„Sehen Sie? Es gefällt Ihnen nicht."

Ich seufzte auf.

„Ja und Sie wissen wieso."

Er hob eine Braue, griff nach seinen Notizen.

„Okay. Also haben Sie nicht gut geschlafen."

„Das habe ich nicht gesagt.", erwiderte ich.

Mussten wir jetzt wirklich darüber reden?

Dieses elendige Thema um meinen echt schrägen Schlafrhythmus.

Wieder wich ich seinem Blick aus, sah zum Fenster. Leicht zuckte ich mit den Schultern, starrte nach draußen.

„Es geht.", sagte ich dann. „Ist nichts Besonderes. Nichts worüber es sich zum Rede lohnt."

Ich hörte, wie er aufatmete.

„Keine Alpträume?"

Doch, die hatte ich. Und ich wollte nicht darüber reden!

Es verging keine Nacht mehr, in der ich nicht panisch aus dem Schlaf fuhr. In der ich Ryan jedes Mal aufweckte.

Und er brauchte dringend seinen Schlaf! Von dem ich ihn abhielt.

Denn statt zu schlafen, verbrachte er die Nacht damit, mich fest im Arm zu halten, bis ich wieder zur Ruhe kam. Weil ich mir jedes Mal wieder klar machen musste, wo ich war. Nicht, weil ich dachte ich, sei in Afghanistan, wenn ich wach wurde. Das war vorbei.

MaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt