Explosion

30 0 0
                                    

"Ich finde es einfach nur nervig. Warum willst du, immer wenn etwas abfackelt, die Schäden begutachten?" Ein Rauschen harmonierte mit meiner Stimme. "Warum nimmst du bei jeder gottverdammten Gelegenheit deine Kamera mit?", mischte sich meine Schwester, in den Streit zwischen mir und meiner Mutter, ein und löste so die nächste große Diskussion aus. "Weil ich Momente für Erinnerungen festhalten will?" Meine Antwort glich mehr einer Frage, als einer Erwiderung. "Beruhigt euch. Ich will mir das nur anschauen, Feuer hinterlässt viele Schäden. Außerdem war es die Wohnung einer meiner Kollegen. Darunter ist ein Geschäft. Während ich mir das ansehe, könnt ihr den Laden bewundern.", meinte meine Mutter vom Beifahrersitz aus. Ich schloss die Augen und versuchte das Rauschen des sich bewegenden Autos zu genießen, aber schon nach wenigen Sekunden öffnete ich erschrocken die Augen. Wir waren angekommen. Langsam und genervt schnallte ich meinen Gurt ab, öffnete die Tür und stieg mit einem entäuschten Seufzer aus. In einer Umhängetasche trug ich meine Nikon D3200 55-200mm herum. Für nichts auf der Welt würde ich sie weiter als zwei Zentimeter von meinem Körper entfernen. Dafür hat sie für meine Verhältnisse zu viel gekostet.

Das Geschäft war bescheiden. Es gab überwiegend Zauberartikel. Die Sachen erinnerten mich an die Zeit, in der ich mich sehr für Magie interessierte. Diese Zeit ging für mich zwar nie vorbei, da ich auch noch heute an meine Zaubereien dachte, aber mit der Magie hatte ich schon längst aufgehört. Verwundert  schaute ich mich um. Alte Erinnerungen stiegen in mein Gehirn und ein Lächeln umspielte meine Lippen.

"Yakumi, hörst du mir zu?", vernahm ich die Stimme meiner Mutter. Lächelnd sah ich in ihre Augen und schluckte ein Lachen meine Kehle hinunter. Schnell nickte ich. Ihr Blick zeigte mir, dass sie etwas Unbeantwortetes gefragt hatte. "Kommst du nun mit? Ein bisschen Ruß photographieren ist doch was für dich stimmt's?" Ihr Vorschlag war nicht einmal so schlecht. Wider Willen sagte ich ihr, dass ich mich vorher noch etwas umschauen wollte, worauf sie meinte, dass sie jetzt alleine gehen würde und ich rauf kommen könnte, wann ich will.

Sie marschierte stolz aus meinem Blickfeld. Der Eingang zum Gebäudekomplex war rechts außerhalb des Ladens. Die abgebrannten Fenster konnte man von außen nicht ansehen, das hatte ich vorher schon festgestellt. Mein Vater und meine Schwester waren im Auto, welches vor dem Laden parkte. Heftig diskutierten sie miteinander.

Hatte dieses Geschäft überhaupt einen Namen? Ich hatte weder ein Plakat, noch eine Reklame gesehen. Es hinderte mich aber nicht daran, die verschiedensten Artikel zu begutachten. Viele davon erinnerten mich an eine alte Fernsehsendung. Magie. Es roch einfach nach Magie. Nach Zauber. Und auch nach Keller. Meine Verwunderung war mir ins Gesicht geschrieben, als sich eine kleine Bemerkung in mein Sichtfeld schlich.

Nichts anderes als Staub. Staub zierte viele Zauberartikel. In unserer heutigen Gesellschaft vollführen zu wenige Menschen Zaubertricks. Kindern konnte man vieles gut vorflunkern. Für Anfänger oder Neueinsteiger doch perfekt. Aber warum ließ kaum jemand mehr seine Begeisterung in der Vorführung von Zaubertricks wiederspiegeln? Ich hatte damals auch aufgehört, aber wenn man sich jetzt alles Geschaffene wieder anschaut, fragt man sich, warum ich die Beendigung der Zauberei bevorzugte. Zwar hörte ich nie wirklich auf, da Magie ein Bestandteil meiner Seele war. Nein. Meines Gehirns. Aber heutzutage konnte man niemandem etwas vorspielen.

Ein Argument, warum ich damals aufhörte, war, dass es einfach niemanden interessierte. Es wurden Fragen gestellt, alle wollten die Lösung wissen und irgendwann, irgendwann ignorierten sie die Magie. Ohne jeglichen Grund stellten sich alle gegen Zauberei, wodurch der früher erzeugte Spaß aus meinem Körper entwich und eine leere Stelle zurückließ. Eine leere Stelle, egal wie leer sie sein mag, sie war trotzdem mit Trauer gefüllt. Mit Trauer, welche mich dazu führte, damit aufzuhören, wofür ich jahrelang trainiert hatte. Die mich dazu zwang, den Abschluss meiner Zauberei zu finden. Die meine Leidenschaft voller Liebe zu einer Entscheidung zwischen ihr und nicht ihr wollte. Diese Trauer, die mich sozusagen in die Tiefen des Todes zerrten.

Ich schreibe und schreibeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt