Ich sitze gerade vor meinem Computer und höre plötzlich ein Geräusch. Ist das die Haustür? "Mama? Felix, bist du es?", rufe ich von meinem Zimmer aus zur Tür. Weder mein Bruder, noch meine Mutter meldet sich. Nach kurzem Zögern stehe ich auf, um nachzuschauen, was los ist, oder ob ich schon ganz verrückt spiele.
Keiner ist im Haus, weshalb ich wieder zu meinem PC gehe, um dort meine Geschichte weiter zu schreiben. Als ich wiederkomme, sehe ich, dass sich der Monitor meines Computers abgestellt hatte. Ich versuche ihn wieder einzuschalten, aber es funktioniert nicht. Kurz würde ich abwarten, aber dazu kommt es erst gar nicht. Der Monitor schaltet sich wieder ein.
'Gut, jetzt kann ich wieder weiterschreiben.', denke ich und schreibe sofort weiter an meinem Roman. Nach etwa zehn Minuten verfärbt sich das Display eigenartig rot-lila. Meine Augen schmerzen von den grellen Farben. Leider werden sie noch greller und es kommen auch noch andere Farben dazu, bis mein Computer ein einzigartig regenbogenspuckendes Monstrum ist. Ich kann kaum etwas sehen, aber um mich ist ein Strahl in Regenbogenfarben.
Mir wird schwindlig, aber aufhören will es nicht. Nach einiger Zeit habe ich halbwegs klaren Blick und kann auch richtig gehen. Aber statt mich in meinem Zimmer wieder zu finden, sitze ich in einem seltsamen, hellen Raum. Ein Krankenhauszimmer?
Langsam und noch etwas wackelig auf den Beinen stehe ich auf und sehe mich um. Von der Größe her ist dieser Raum genau so groß, wie mein Zimmer. Ich schaue aus dem Fenster, sehe eigentlich die fast gleichen Gebäude, Straßen und Parks, wie von meinem Zimmer aus.
Aber wenn ich hier aus dem Fenster schaue, sehe ich nur graue und weiße Gebäude. Auch die Bäume sind Grau und weiß. Alles ist eintönig. Mein Blick fällt auf eine Digitaluhr, welche an der Wand hängt. 14 Uhr 30. So spät war es grade eben bei mir im Zimmer auch.
Ich drehe mich um und sehe einen Wandkalender, welcher mit Touchscreen funktioniert. Schnell überfliege ich das Datum. 2. Juni. Also ist es noch der selbe Tag. Während ich überlege, schaue ich mir das Zimmer genauer an. Alles ist weiß. Wie bei mir im Zimmer, gibt es auch hier einen Schreibtisch, ein Bett und ein Wandregal.
Aber anders als bei mir im Zimmer, ist hier alles weiß und grau. Mir wird langsam unwohl und ich setze mich auf den Boden. 'Was ist nur geschehen?' Ich bin in einem Raum, der genauso aussieht, wie mein Zimmer, außer das hier alles weiß und grau ist. Wirklich alles. Die ganze Welt hat sich verändert.
Noch einmal drehe ich mich im Kreis und sehe auf dem Wandregal ein Bild. Es zeigt mich. Daneben sind zwei schwarze Kerzen. Langsam mache ich mir Sorgen. Ziemlich große Sorgen. Noch einmal drehe ich mich um und schaue den Wandkalender an. Im Kästchen vom 2. Juni steht etwas geschrieben: “10. Todestag Rosen + Grab”
Jetzt werden meine Sorgen noch größer, als sie schon sind. “Felix? Mam?”, rufe ich durch die Wohnung. Keine Antwort. Ich will in die Küche gehen und höre schon im Flur die Haustür aufgehen. “Felix? Mam?”, rufe ich ein zweites Mal durch die Wohnung.
Gerade noch sehe ich Männerschuhe im Wohnzimmer verschwinden. Angst breitet sich in mir aus und ich sehe mich das erste Mal im Flur um. Keine Bilder, alles weiß. Ein grauer Teppich und sonst hat der Flur noch einen weißen Schrank und ein weißes Wandregal. Im Flur ist wirklich gar nichts persöhnliches, das zeigen konnte, dass hier jemand wohnt.
Ich habe eine Vermutung, weshalb ich zurück in scheinbar mein Zimmer gehe und dort den Kalender unter die Lupe nehme. Neben ‘Juni’ stand groß ‘2024’ geschrieben. Ich bin in der Zukunft!
“Mam? Es ist jetzt schon zehn Jahre her. Du darfst nicht daran kaputt gehen.”, höre ich eine Stimme aus dem Wohnzimmer. Sie klingt wie die von Felix, nur wirkt diese Stimme tiefer und etwas rauer. Nach kurzem Zögern gehe ich in das Wohnzimmer. Auch hier ist alles in Weiß gehalten.
Ich sehe meine Mutter weinend auf dem Sofa mit einem Bild in der Hand. Felix steht mit dem Rücken zu mir, weshalb ich ihn nicht sehen kann. Aber ich sah, dass sowohl meine Mutter, als auch mein Bruder in Weiß gekleidet sind. Sie sind eindeutig älter, aber zuerst will ich sehen, was auf diesem Bild abgebildet ist.
Langsam bewege ich mich auf das Sofa zu. “Egal was passiert, wir finden ihren Mörder.”, beruhigt mein Bruder meine Mutter. ‘Mörder? Will ich überhaupt wissen, was hier passiert ist?’, frage ich mich und schaue über die Schulter meiner Mutter.
Ein Bild von mir ist zu sehen. Auf dem Photo lächelte ich. Der Hintergrund war Blau. Also wurde das Photo in der Schule gemacht. Ich bekomme beinahe einen Herzanfall, aber ich kann mich gerade noch fassen. Anscheinend wurde ich am 2. Juni 2014 ermordet. Bleiben die Fragen: Warum bin ich in der Zukunft gelandet?
Ist das Schicksal? Kann ich meinen Mord verhindern? Wenn ja, wie soll ich zurück in das Jahr 2014? Wieder durch einen Computer? In meinem Zimmer sah der Wandkalender so aus, als wäre er auch als Computer fähig. “Wäre ich früher gekommen….dann wäre sie nie..”, sagt meine Mutter leise zu sich selbst.
“Du darfst dir keine Schuld geben. Es wäre so oder so passiert.”, versucht Felix sie aufzumuntern, aber es funktioniert nicht. Währenddessen gehe ich zurück in mein Zimmer und versuche mich an den Kalender. Tatsächlich ist er auch als Computer geeignet. Ich stöbere ein bisschen in den Word-Dateien herum und finde auf einmal etwas, das ich lieber nicht lesen sollte.
‘2. Juni 2014 – Ihr Tod’ lautet die Überschrift. Obwohl ich es eigentlich nicht will, lese ich diese Datei. Darin stand:
‘Datum: 2. Juni 2014 14 Uhr 33
Ursache: Schnitt durch die Kehle, 26 weitere Stiche im Bauch, 26 im Rücken, Verbluten
Mörder: Unbekannt
Hinweise: Mörder dringt durch die Tür ein’
Ich muss so schnell wie möglich nach Hause, um den Mörder aufzuhalten. Alles was ich weiß ist, dass er durch die Haustür kam. Sollte ich flüchten, oder versuchen ihn zu schnappen? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Plötzlich färbte sich das Display des Kalenders/Computers rot-lila. Diesmal wird mir nicht so schwindling wie das erste Mal.
Nach einer kleinen Regenbogenfahrt stehe ich wieder in meinem Zimmer, als sich grade meine Tür öffnet. Ein maskierter Mann steht vor mir. In seiner rechten Hand hält er ein Messer. Mir kommt ein blöder Gedanke: ‘Will ich leben? Will ich in zehn Jahren in einer ausdruckslosen, eintönigen, monotonen Welt leben? Will ich das?’
Meine Entscheidung ist schon getroffen: Das Letzte, das ich sehe ist ein Messer, welches auf mich niedersaust. Das Letzte, an das ich denke, sind meine Mutter und mein Bruder. Mit meiner Entscheidung zerstöre ich ihnen wahrscheinlich das ganze Leben. Es tut mir leid. Es ist die falsche Entscheidung.
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Ich schreibe und schreibe
Short StoryDiese Buch ist eine Zusammenstellung verschiedener Geschichten von mir. In den meisten geht es um Trauer, Depression, Hass oder die Liebe zum Zerstörerischen.