Taegguk OneShots

Das Judo-Turnier

'So war das alles eigentlich überhaupt nicht geplant.', schießt es Taehyung durch den Kopf. Das Atmen fällt ihm schwer, und er spürt dieses leichte Zittern in seinem Brustkorb; ein klares Anzeichen dafür, dass er gleich anfängt zu weinen. Jeongguk steht vor ihm, die Arme verschränkt, und schnauft verächtlich. Eine bedrohliche Ruhe liegt über ihnen. Und es scheint, als ob die Welt heute komplett gegen Taehyung spielt - Namjun wirft aus Versehen seine Tasse Kaffee um; ein hässlicher brauner Fleck breitet sich auf dem hellgrauen Sofa aus.

Jeongguk ist wirklich wütend; und das ist keine Übertreibung.

Jeongguk war auf einem Judo-Wettbewerb in Fukuoka. Vier Wochen sollten die beiden nur trennen; ursprünglich sogar noch länger. Jeongguks Trainer hält viel von ihm, hat ihn sogar in die Meisterschaft eingeschrieben, und nur wer es bei dem Wettbewerb in die Top Zehn schafft, qualifiziert sich endgültig dafür. Doch beiden war zu dem Zeitpunkt klar; solange halten sie es ohne einander nicht aus, und irgendwer muss ja schließlich die Miete verdienen.

Und so blieb Taehyung zurück, eine kleine Träne im Winkel seiner Augen, als Jeongguk ihm einen Abschiedskuss gab und seinen Flug erwischte. Auf nach Japan. So nah und doch so fern.

Zuerst war es sehr schwer für Taehyung. Die täglichen Telefonate und Videoanrufe linderten kaum die Sehnsucht nach einander. Doch dann schaffte er es. Der Fernseher lief täglich, und so wurde die Stille etwas erträglicher; am Wochenende lud er seine Freunde ein, Jin-hyeong kochte, Jiminie und Hoseok-hyeong spielten mit ihm Spiele, gelegentlich durfte er sogar Min Holly Gassi gehen.

Aus den Tagen wurden dann schon zwei Wochen. Die Hälfte war vorbei, der Schmerz immer noch da; doch die Liebe blieb. Jeongguk war jetzt schon der Favorit vieler Zuschauer und Sportler. Sein Ehrgeiz und seine sportlichen Fähigkeiten ließen ihn zu neuen Höchstformen anlaufen - und Taehyung konnte nur zusehen, hunderte Kilometer von ihm entfernt.

Die Sehnsucht wuchs, als Jeongguk vor einigen Tagen verkündete, dass er nun in der Top 4 war (was Taehyung eh wusste), und er trotz des Ausgangs noch länger bleiben würde. Koide Marise, einer der größten Kampfsportler Japans, wollte mit ihm trainieren. Für Jeongguk ein Wink des Schicksals - er sagte zu. Und so kam es, dass er nach der Qualifikation auf Platz drei - die Meisterschaft fand erst im Spätaugust statt - noch "eine Woche" dablieb.

9 Tage später wurde Taehyung nicht in Jeongguks Armen wach. Stattdessen ging er niedergeschlagen zur Arbeit, holte sich was zu Essen, ging nach Hause und wartete.

Und wartete.

Und so kommt es zu der jetzigen Situation. Es ist Donnerstagabend, anderthalb Wochen nachdem Jeongguk ursprünglich nach Hause fliegen sollte, und Taehyung hat seine Freunde eingeladen. Etwas Spielen, Essen bestellen, und dann geht die Tür auf. Bevor Taehyung reagieren kann, hört man wie eine schwere Tasche auf den Boden fällt und die Tür zugeschlagen wird.

"Jeonggukkie!", ertönt es, doch der winkt abfällig ab und holt sein Handy raus. "Ist das dein Ernst?!" Totenstille. "Ich rufe dich seit drei Stunden an, bekomme nur den AB dran, mache mir die allerschlimmsten Sorgen, und dann sitzt du hier und spielst GTA?!"

Jimin und Namjun versuchen die Situation zu entschärfen, aber dann passiert das Unvermeidliche und Taehyung verdreht die Augen. "Ach, ich bin der Schuldige?", erwidert er. Jeongguks Augen verengen sich. "Ich habe jetzt fast sechs Wochen auf dich gewartet, und du hast dich nicht gemeldet, wann du zurück kommen wirst! Ich habe mir Sorgen gemacht, damit du das ja nicht außer Acht lässt!"

Es dauert nicht lange, da artet dieser langsame, stockende Streit zu einer hitzigen Diskussion aus. Abgesehen von dem Kaffeemalheur konnten sich weder Jimin noch Namjun bemerkbar machen, und weder Jeongguk noch Taehyung fällt auf, dass sie schon längst weg sind, als sie sich hitzig unschöne Sachen an den Kopf werfen.

'Namjun-hyeong würde jetzt über unsere mangelnden Kommunikationsfähigkeiten philosophieren.', denkt Taehyung, während er sich eine weitere Schimpftirade anhören muss. Doch auch jetzt ist irgendwann das Limit erreicht. In einem stillen Moment dreht er sich um, und geht in das Schlafzimmer. Schweigsam packt er eine kleine Tasche und bemerkt erst jetzt, wie ihm Tränen das Gesicht herunterlaufen. Harsch wischt er sich diese von den Wangen, schnieft einmal und holt seine Jacke aus dem Schrank.

Im Wohnzimmer angekommen, sieht er, wie Jeongguk wieder ausholen will, beim Anblick von Taehyungs Tasche und den verweinten Augen aber will er sofort auf ihn zu, doch achtlos streift der Ältere an ihm vorbei, bleibt einen Moment in der Haustür stehen, und murmelt verbittert "Ich komm wieder, wenn wir uns beruhigt haben."

Und plötzlich erdrückt die Ruhe nach dem Sturm Jeongguk, der noch gar nicht realisiert, was überhaupt passiert ist.