Gäste

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Sie kam leise.

Leise und heimlich schlich sie sich ein.

Vielleicht aus dem Nichts, vielleicht mit einem Grund, doch das ist auch egal, denn auf einmal war sie da. 

Irgendwie aus dem Nichts, irgendwie bereits lang erwartet. Hätte man also sagen können: "Ich habs doch kommen sehen!" ? Ja. Aber eigentlich auch nicht. Denn sie kam leise. Sie kam heimlich, vielleicht ohne Grund, vielleicht jedoch mit einem Ziel. Sie schlich sich an, schmeichelte sich ein und war da. Peng. Ein mehr oder weniger ungebetener Gast, ein Anflug, der einfach einzog und nicht mehr ging. 

Es heißt " Nach drei Tagen beginnen Fische und Gäste zu stinken", aber sie war bereits viel länger da, als die Sache zum Himmel zu stinken begann. Doch jetzt war sie schon so faulig widerlich, dass es doch eher peinlich war, damit entdeckt zu werden. Langsam aber sicher wie Schimmel oder Morast griff sie sich jedes bisschen Halt und weichte es auf. Zunächst leise und heimlich, doch nun aus dem Nichts mit stinkender Selbstsicherheit, um die man sie nur beneiden konnte. 

Aus dem Gest war ein zumindest gleichberechtigter Mitbewohner geworden, der nun seine Grenzen austestete. So jemanden loswerden? Sie stinkt zwar und ist faulig und verbreitet ihren Schimmel und Ekel leise rasant weiter aus, aber ich - ich rieche auch schon danach! Ich bin doch nun Schuld an dem widerlichen Morast den ich nicht schon nach drei Tagen hochkant und ohne Vorwarnung wieder aus der Wohnung geworfen habe! Nein, jetzt saßen sie (glücklich) und ich ich (unglücklich) wohl im selben Schlamassel und die Sache - nein, jetzt auch ich - stank zum Himmel. Einfach peinlich. Ich hätte sie wohl kommen sehen müssen. Ich hätte ihr nie die Tür öffnen dürfen.

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