Die immer unruhiger zuckenden Augen öffnen sich. Ruckartig reißt Sleepless seinen Körper in eine kerzengerade sitzende Position.
„Michael", sagt er schneller, als sein Geist realisieren kann, dass er sich nicht länger auf den Tribünen des Kolosseums, sondern nunmehr im Bett seines Schlafgemaches befindet. Der Serienmörder weiß nicht, wer ihn außer Gefecht gesetzt hat und es ist Sleepless auch vollkommen egal. Für ihn gibt es einzig und allein nur eine Sache, über die es sich zu sprechen lohnt.
„Du weißt, was mit deinem Bruder geschehen ist", antwortet ihm eine ruhige, mitfühlende Stimme. Einauge hat in der gesamten Zeit, die Sleepless schlafen gelegt worden ist, seinen Partner keine einzige Sekunde aus den Augen gelassen. Entspannt auf dem Stuhl neben dem Bett sitzend, mustert Einauge den aufgebrachten Braunhaarigen aufmerksam. Unangenehme Stille erfüllt den nach kaltem Zigarettenrauch riechenden Raum.
„Gib Liliana nicht die Schuld. Irgendwer muss sterben. Das ist das Turnier. Es gibt nur einem, der die Schuld hieran trägt", spricht Einauge, während sich sein nachdenklicher Gesichtsausdruck mit sekündlich verdüstert. Die Worte seines Partners öffnen die inneren Ventile des schlaflosen Serienmörders und ein brennender, unaufhaltsamer Strom heißlodernden Hasses erfüllt Sleepless. Ein Zustand, welcher selbst dem Einäugigen einen eiskalten Schauer einjagt.
„Du hast Recht, Einauge", erwidert Sleepless knapp, erhebt sich von seinem Bett und zieht sich eines seiner sauberen, einfarbig grauen Shirts über. Lediglich „Komm mit", sprechend, geht der nun Bruderlose an seinem Partner vorbei und aus dem Schlafgemach.„Soll er nur kommen. Im Ernst. Fässt er dich an, reiß ich Sleepless seine scheiß Arme raus", versucht der weißhaarige Dämon in Menschengestalt die nach ihrem Kampf in Gedanken versunkene Liliana zu beruhigen. Die Forscherin der Sichelloge hat nach ihrem Sieg über Sleepless' Bruder Millennium und ihrer „Beichte" Saiko gegenüber kein einziges Wort mehr gesprochen. Da sind einfach zu viele wirre und undeutliche Aspekte, die sie gedanklich erst einmal in Einklang bringen muss, ehe sie dies jemandem anvertrauen kann. Ihr ewiger Begleiter jedoch macht keinerlei Anstalten, seine fruchtlosen Beruhigungsversuche zu unterlassen.
„Was will er auch tun!? Tzz. Der ist auch nur ein Mensch", blafft Saiko seine Hände zu Fäusten geballt, jedoch innerlich selbst nicht komplett von seinen Worten überzeugt. Zu deutlich sind noch die Bilder seiner früheren Begegnung mit dem Schlaflosen. Er mag nur ein einfacher Mensch sein. Nein. Er ist alles, aber kein „einfacher" Mensch. Jedoch ist er auch kein Dämon. Diese Gewissheit beruhigt den Weißhaarigen, der nicht bemerkt, wie Lilianas erschrockener Blick auf ihre geöffnete Zimmertür gerichtet ist. Als er ihren Augen folgt, läuft auch ihm einen Schauer den Rücken hinunter. Wenn man vom Teufel redet. Dort, im Türrahmen, stehen die beiden Menschen, denen Liliana die letzten paar Stunden erfolgreich aus dem Weg gegangen ist. Saiko spannt seinen gesamten Körper an, als Sleepless und Einauge wortlos ihr Zimmer betreten. Bevor der Schlaflose auch nur entfernt an die reglos auf ihrem Stuhl sitzende Liliana herantreten kann, stellt sich ihm Saiko beinahe knurrend in den Weg.
„Was willst du von ihr?", zischt der wie ein sehr junger Mann aussehende Dämon bedrohlich, bereit einen Kampf auf Leben und Tod vom Zaun zu brechen, wenn nötig. Sleepless starrt dem gleichgroßen Saiko ohne zu blinzeln in seine tiefgrünen Augen. Einauge bemerkt als Einziger die Anwesenheit einer beobachtenden, fast unsichtbaren Instanz. Zupuris ist ebenso bereit einzugreifen.
„Lass ihn durch", flüstert die Rothaarige gerade so laut, dass man sie verstehen kann. Widerwillig brummend setzt der Weißhaarige einen Schritt zur Seite und gibt den Weg frei. Es bedarf eh lediglich ein paar kleiner Schritte, bevor der Serienmörder, dessen unlesbare Miene Liliana immer unbehaglicher werden lässt, direkt vor der Forscherin steht. Es fällt ihr schwer dem Schlaflosen in die Augen zu schauen, doch kann sie im Angesicht aktueller Situationen keinerlei Schwäche zeigen.„Was gibt es?", fragt Liliana mit der stärksten Stimmlage, die sie aufzubringen vermag. Die hochintelligente und berechnende Forscherin des Syndikats hätte in ihrer gesamten Brillianz mit allem gerechnet, nur nicht mit dem, was ihr für seine Gnadenlosigkeit berüchtigtes Gegenüber als nächstes tut. Sleepless legt eine seiner Hände auf die dünne Schulter Lilianas. Überrascht weiten sich ihre dunklen Augen. Einauge lässt ein interessiertes „Hmpf" fahren. Saikos Gesichtsausdruck gleicht dem eines Hundes, der gerade den Kopf schiefgelegt, nicht auch nur den blassesten Schimmer hat, was hier gerade geschieht.
„Du trägst keine Schuld", ist das Einzige, was Sleepless zu sagen hat, ehe er auf der Stelle kehrt macht und gemeinsam mit seinem Partner die in Stille gelegte Räumlichkeit verlässt, ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren. Als die Beiden außer Hörweite scheinen, kann der weißhaarige Dämon ein erleichtertes Durchatmen vernehmen.
„Was war das denn eben?", kommt von ihm, die Forscherin mit fragenden Blicken taxierend.„Vergebung", antwortet Liliana und lässt sich tatsächlich zu einem leichten Lächeln hinreißen.
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Totenmarsch
TerrorIn dieser alternativen Zeitachse gibt es keine Halbapokalypse, was jedoch nicht bedeutet, dass es keine finsteren Mächte gibt, welche düstere Machenschaften verfolgen. Vorhang auf für eine Arena der anderen Art. Sleepless und Einauge werden auf ein...