"Wir sind übrigens einer zu wenig", bemerkte Bilbo (der einen für ihn viel zu großen Helm trug), als wir am darauffolgenden Morgen durch die Stadt, an den versammelten Bewohnern vorbei und zum Fluss liefen. Wir würden nun endlich zum Erebor aufbrechen!
"Ja, wo ist Bofur?" Ich suchte die Menge nach meinem Freund ab, konnte den Zwerg aber nirgends finden. Er wollte doch unbedingt mitkommen, wo steckte er bloß?
"Wenn er nicht hier ist, lassen wir ihn zurück."
"Das müssen wir, wenn wir die Tür vor Einbruch der Nacht finden wollen", stimmte Balin Thorin schweren Herzens zu. "Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren." Ich wusste, dass die beiden recht hatten, aber dennoch. Bofur würde verpassen, wie sie nach all der Anstrengung endlich ihre Heimat zurückbekamen!
Ich saß in dem Boote, das uns zur Verfügung gestellt wurde. Fili setzte sich neben mich, da hörten wir, wie Thorin streng zu Kili sagte: "Du nicht." Verständnislos guckte Kili seinen Onkel an. "Wir müssen uns beeilen, du würdest uns aufhalten", erklärte dieser. Kili spielte seine Enttäuschung mit einem Lächeln herunter. "Was redest du? Ich komme natürlich mit."
"Nein."
Das konnte Thorin unmöglich ernstmeinen! Auf der anderen Seite ist Kili wirklich nicht in der Verfassung, zu reisen... Seine Haut war käseweiß, er konnte die Augen kaum offenhalten.
"Ich werde dabei sein, wenn diese Tür aufgeht!", beharrte Kili. "Wenn wir das erste Mal die Hallen unserer Väter sehen, Thorin."
"Kili." Ernst legte Thorin ihm eine Hand auf die rechte Schulter. "Bleib hier. Ruh dich aus. Komm nach, wenn du gesund bist." Thorin wandte sich ab und Kili trat fassungslos einige Schritte zurück.
"Ich bleibe bei dem Jungen." Oin stieg wieder an Land. "Die Verwundeten sind meine Pflicht."
Fili und ich wechselten einen knappen Blick, ehe wir aufstanden und zu Thorin gingen. "Onkel, wir sind mit den Geschichten über den Berg aufgewachsen, du hast sie uns erzählt", rief Fili dem Prinzen ins Gedächtnis. "Das kannst du ihm nicht wegnehmen!"
"Er hat recht, Thorin", stimmte ich Fili ruhig zu. "Das ist nicht fair."
"Es geht aber nicht."
"Ich trage ihn, wenn es sein muss!", versuchte der Blonde, sich durchzusetzen.
"Eines Tages wirst du König sein und verstehen. Ich kann das Schicksal dieser Unternehmung nicht für einen Zwerg aufs Spiel setzen... Auch nicht für meinen Neffen."
Fili konnte nicht glauben, was sein Onkel sagte. Kurzerhand stieg er aus dem Boot, wollte auf seinen Bruder zugehen. Thorin hielt ihn am Arm zurück. "Fili, sei kein Narr! Du gehörst zur Gemeinschaft."
"Ich gehöre zu meinem Bruder!" Er riss sich los und ging ohne ein weiteres Wort.
Ich machte Anstalten, ihm zu folgen. Thorin versuchte, auch mich aufzuhalten. "Tia-"
"Es wäre nicht fair, deinem eigenen Neffen das Recht zu verwehren, seine Heimat wiederzusehen, während eine Außenstehende sie betritt", unterbrach ich ihn sachlich.
"Du bist keine Außenstehende", versicherte Thorin mir. "Du bist eine von uns."
Ich lächelte kurz. "Ich weiß. Aber das ist Kili auch und ich werde ihn bestimmt nicht zurücklassen."
Thorin merkte, wie ernst es mir war. "Ich weiß, dass du ihn gern hast", sagte er. "Und ich weiß auch, dass ich dich nicht aufhalten kann." Er ließ von mir ab, was mich erleichterte. "Ich weiß, dass ihr es schaffen werdet", sagte ich zum Abschied, dann ging ich zu Kili, Fili und Oin.
"Tia..." Kili schien beinahe geschockt über mein Handeln. "Das hättest du nicht tun müssen."
"Doch, Kili. Das musste ich." Im Versuch, die Stimmung mit einem Scherz zu lockern, fügte ich hinzu: "Außerdem müsstest du langsam wissen, dass ihr mich so einfach nicht mehr loswerdet."
Es fiel ihm schwer, doch er brachte ein Lächeln zustande. "Das will ich auch gar nicht."
Unter Jubel und Applaus verließen unsere Freunde die Seestadt. Es wurmte Kili sichtlich, dass er hierbleiben musste, aber es ging nun mal nicht anders. Er war krank, das konnte er nicht mehr leugnen.
Bofur stolperte aus der Menge und sah dem Boot bestürzt nach. Er entdeckte uns am Rande des Wassers und schien beinahe erleichtert. "Ha! Habt ihr das Boot auch verpasst?"
Ich wollte antworten, da fiel Kili plötzlich vornüber. Fili fing ihn auf und setzte ihn wider hin. "Kili? Kili!"
"Oin, was ist los mit ihm?!" Panisch kniete ich mich vor Thorins jüngeren Neffen, nahm sein Gesicht in meine Hände. "Kili? Lass die Augen offen, hörst du? Kili!"
Uns fiel nichts Besseres ein, als ihn zum Bürgermeister zu schleppen und um Hilfe zu bitten. Glücklicherweise war dieser gerade vor seiner Tür, Alfrid stand bei ihm.
"Bitte wartet!" Auf Filis Ruf drehten die beiden Männer sich um. "Bitte, Ihr müsst uns helfen! Mein Bruder ist krank!"
"Krank? Ist es ansteckend?" Der Bürgermeister machte hysterische Handbewegungen. "Geht weg! Alfrid, Alfrid, lass sie keinen Schritt näherkommen!"
"Bitte!" Oin trat vor, Fili und Bofur stützten Kili. "Wir brauchen unbedingt Arznei!"
"Sehe ich etwa wie ein Pillendreher aus?", fragte Alfrid abfällig. "Habt ihr nicht schon genug? Der Bürgermeister ist beschäftigt. Er kann seine Zeit nicht mit kranken Zwergen vergeuden. Fort mit euch, macht schon! Verschwindet!"
"Ihr seid ein widerlicher, kleiner Wurm!", kreischte ich und wäre auf Alfrid losgegangen, hätte Oin mich nicht zurückgehalten. Schnellen Schrittes flohen Alfrid und der Bürgermeister ins Innere ihres Hauses.
Erbost stieß ich Oin von mir und machte auf dem Absatz kehrt. "Warte! Wo gehst du denn hin?", rief Bofur mir nach.
"Ich suche die einzige Person auf, die uns noch helfen kann! Kommt schon!"
Die Jungs sahen einander unsicher an, taten aber, was ich ihnen sagte. Was blieb uns auch anderes übrig? Ich führte sie zu Bards Haus und klopfte ungeduldig an der Tür. Als er öffnete und die Zwerge erblickte, verzog er sein Gesicht. "Nein! Von Zwergen habe ich genug, verschwindet!"
"Nein, bitte!", flehte ich und hielt ihn davon ab, die Tür zu schließen. "Niemand will uns helfen. Unser Freund ist krank, sehr krank! Bitte, wir brauchen Eure Hilfe..."
Ich wusste nicht, was wir tun sollten, wenn Bard uns nun wegschicken würde. Kili konnte nicht einmal mehr laufen, geschweige denn die Augen offenhalten. Wie sollten wir ihn rechtzeitig an einen Ort bringen, wo wir die nötigen Medikamente herbekommen konnten?
Bards Gesichtszüge wurden weicher als er merkte, wie verzweifelt ich war. Wie verzweifelt wir alle waren. "Na schön. Kommt rein, aber schnell."
Mir fiel ein Stein vom Herzen, so groß wie der Erebor. "Ich danke Euch!" Wir brachten Kili ins Haus und legten ihn auf eines der Betten. Als das erledigt war, nahm Fili meine Hände in seine. "Tia, sieh mich an." Ich wandte den Blick nicht von seinem Bruder ab. "Tia!" Mit einer Hand drehte er mein Gesicht sanft, aber bestimmt in seine Richtung. Mit dem Daumen fuhr er über meine Wange. Irritiert stellte ich fest, dass sie feucht war. Hatte ich etwa geweint? Das hatte ich gar nicht gemerkt. "Mein Bruder braucht dich", flüsterte Fili.
"Dich braucht er auch", hauchte ich zurück.
"Ja, aber nicht so, wie er dich gerade braucht. Ich weiß, es ist schwer, aber versuch, ruhig zu bleiben. Wir werden eine Lösung finden, hast du gehört?" Ich schluckte und nickte. Fili zog mich in eine Umarmung und ich schlang meine Arme so fest um ihn, wie ich konnte. Er gab mir Halt, und ich ihm. Das brauchten wir gerade auch, denn wir fürchteten beide um Kilis Leben.
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Das letzte Kapitel der Lesenacht :)
Wie findet ihr's bis jetzt? Was denkt/wollt ihr, dass noch passiert?
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↬ 𝐓𝐈𝐀 // 𝐊𝐢𝐥𝐢, 𝐓𝐡𝐞 𝐇𝐨𝐛𝐛𝐢𝐭 *not yet edited*
Фанфик»ʜᴇʀ, ʙᴇᴄᴀᴜꜱᴇ ꜱʜᴇ ᴍᴀᴋᴇꜱ ʟɪꜰᴇ ᴘᴏᴇᴛʀʏ. ꜱʜᴇ ᴛᴜʀɴꜱ ᴇᴠᴇʀʏ ʙɪᴛ ᴏꜰ ɪᴛ ɪɴᴛᴏ ᴀʀᴛ.« - ʙᴜᴛᴛᴇʀꜰʟɪᴇꜱ ʀɪꜱɪɴɢ [ᴛʜᴇ ʜᴏʙʙɪᴛ] [ᴋɪʟɪ x ᴏᴄ] [ɢᴇʀᴍᴀɴ ꜰᴀɴꜰɪᴄᴛɪᴏɴ]