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Er saß da. Schon wieder.
Genau so versteinert wie jeden einzelnen Tag. Fast 3 Wochen lang. Seit Tonys Unfall hatte er keine ruhige Minute mehr.
Er hatte alles abgesagt.
Jedes Treffen, jede Verabredung, jedes Meeting, jedes Telefonat.
Stattdessen saß er ununterbrochen neben Tonys Bett und machte sich Vorwürfe.
Sowohl die Ärzte, als auch seine Freunde hatten es langsam aufgegeben ihn dazu zu bringen überhaupt einmal aufzustehen.
Nur seine tägliche Tasse Kaffee, welche mittlerweile leer auf dem kleinen Tischchen neben Tonys Bett stand, machte ihm ein kleines bisschen Hoffnung.
Und trotzdem zog sich sein Herz jedes Mal schmerzhaft zusammen, wenn er Tony auch nur ansah.
Das war seine Schuld! Seine, verdammte, schuld!
Hätte er nicht wieder angefangen mit Tony zu streiten, hätte er nicht wieder angefangen ihm irgendwas an den Kopf zu werfen, hätte er ihn nicht wie jedes Mal angeschrien, wäre das alles nicht passiert.
Und trotzdem war es so.
Tony lag hier, völlig am Ende.
Und Steve konnte nichts anderes tun als einfach nur neben ihm zu sitzen und darauf zu hoffen nicht komplett den Verstand zu verlieren.
„Es tut mir leid. Es tut mir unglaublich leid. Egal wie sehr ich dich manchmal anschreie ich liebe dich. Ich liebe dich mehr als alles andere und es tut mir so, so unglaublich leid. Das ist alles meine Schuld. Das ist einfach alles meine Schuld. Und ich weiß nicht was passiert. Ich weiß nicht einmal, ob du mir jemals verzeihen kannst, wenn du wieder aufwachst. Aber ich will das du weißt, dass ich dich liebe.
Ich liebe einzig und allein dich.
Und daran wird sich nie, niemals in meinem ganzen Leben etwas ändern. Und ich würde alles dafür tun jetzt mit dir zuhause zu sitzen. Nicht zu streiten. Einfach nur um dir zu zeigen das ich dich liebe." flüsterte Steve verzweifelt und nahm während dem reden Tonys Hand. So vorsichtig wie möglich legte er sie in seine und strich sanft über seine Fingerknöchel.
Er hatte diesen kleinen Text schon oft gesagt. So, so oft.
Aber nie hatte er irgendwas gebracht. Tony lag genau so da, wie immer. Und auch heute schien sein kleines Liebesgeständnis nichts auszulösen.
Aus seinen Gedanken gerissen wurde er erst von einer Krankenschwester, welche mit einem genervten Zischen die Tür aufstieß.
„Mr. Rogers ich kann Sie absolut verstehen. Ich würde auch hier sitzen wenn mein Mann angefahren wird. Aber um Himmels Willen tun Sie uns den Gefallen und gehen nach Hause!
Wenn Sie uns hier zusammenklappen wegen Schlafentzug oder was weiß ich was sie den ganzen Tag nicht machen, bringt Ihnen das absolut gar nichts. Bitte gehen Sie nach Hause." bettelte sie schon fast und sah Steve an, welcher vollkommen verwirrt zwischen ihr und Tony hin und her sah. War es wirklich so schlimm? Wie lange hatte er überhaupt nichts mehr gegessen? Und wann hatte er das letzte Mal geschlafen? War es mittlerweile wirklich so schlimm?
„Bitte gehen Sie nach Hause Mr. Rogers." bat sie ihn nochmal und lächelte hoffnungsvoll.
Zu mehr als einem Nicken konnte sie ihn trotzdem nicht bewegen.
Nach einem ersten kurzen Versuch, welcher kläglich gescheitert war stand der blonde Mann endlich und sah gequält auf Tony. Er sah friedlich aus. Aber seine Werte erzählten etwas ganz anderes. Und das machte ihm sorgen. „Mr. Rogers." machte die Krankenschwester nochmal auf sich aufmerksam, und öffnete die Tür. Er lächelte der Krankenschwester kurz zu, was für diese eher nach einer gequälten Grimasse aussah und machte sich auf den Weg Richtung Ausgang. War das wirklich eine gute Idee? Tony einfach so allein zu lassen? Was ist wenn irgendwas passiert? Sollte er doch einfach wieder umdrehen? fragte er sich selbst, kam dem Ausgang aber trotzdem immer näher.
Mit einem kurzen Zögern öffnete er die Tür und trat nach draußen. Die kalte Herbstluft füllte seine Lungen und er hatte das Gefühl zum ersten Mal seit Tagen wieder richtig atmen zu können.
Ohne lang zu überlegen bestellte er sich ein Taxi und fuhr mit diesem auf direktem Weg zu seiner Wohnung. Kaum war er ausgestiegen, hatte den Fahrer bezahlt und die Haustür geöffnet, fing er wieder an sich sorgen zu machen. Was wäre wenn- immer die selbe frage.
Trotz allem lief er die Treppen nach oben und schloss seine Wohnungstür auf.
Im Flur zog er sich die Schuhe von den Füßen und hängte seine Jacke an die Garderobe.
Sollte er jemanden anrufen?
Sam oder Natascha?
Bevor er aber überhaupt nach dem Telefon griff, trugen seine Füße ihn wie von selbst ins Schlafzimmer. Möglichst ohne einen Blick auf die Bilder von ihm und Tony zu werfen legte er sich ins Bett. Der bekannte Geruch und das Ticken der beiden Wecker auf den Nachtschränkchen brachten ihn schnell dazu einzuschlafen. Kein Wunder. Er hatte seit einigen Tagen nicht mehr geschlafen. Und vermutlich hatte die Krankenschwester recht damit, dass er völlig zusammenklappen würde, wenn er auch nur noch einen Tag mehr im Krankenhaus verbrachte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 18, 2020 ⏰

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