Hailey
Die spinnt doch. Als ob ich ihr ihre lahme Geschichte abkaufe. Das ist genau das wovor Claire mich die ganze Zeit gewarnt hatte. Nachdem Jo wütend aus dem Lager verschwunden ist begebe ich mich zurück hinter die Theke und schütte mir selbst einen Drink ein, den ich auch mit einem Mal hinunterkippe.
„Nanana ob das erlaubt ist?" stichelt ein Typ Mitte 20 der an der Theke sitzt. Er rutscht einige Hocker auf, so dass er nun direkt vor mir sitzt und mustert mich. „Das ist mir gerade sowas von egal!" feuer ich ihm entgegen und beginne die Arbeitsfläche abzuwischen, während ich immer mal wieder zu der Uhr über der Tür schiele. So gern ich das Handtuch gerade auch schmeißen würde und heulend nachhause fahren würde, ich kann noch nicht, wenn ich meinen Job nicht direkt wieder verlieren möchte. „Wenn du einen guten Zuhörer brauchst...ich biete mich gerne an," zwinkert er und nippt an seinem Bourbon. Genervt verdrehe ich die Augen, werfe mir mein Geschirrtuch über die Schulter und drücke mich mit meinen Händen an der Arbeitsfläche vor mir ab. „Jetzt hör mir mal zu. So Typen wie dich kenne ich, schließlich bediene ich sie tagtäglich. Deine Masche ist es, dass ich dir mein Herz ausschütte, du so tust als würdest du mir zuhören, ich mich geborgen fühle und wir danach zu mir verschwinden. Das kannst du dir sowas von abschminken. Erstens bin ich glücklich vergeben und zweitens hast du das falsche Geschlecht," knalle ich ihm gereizt an den Kopf. Mit seinen Händen gibt er mir das Zeichen, dass er kapituliert und rutscht zu seinem Ausgangshocker, wo er wieder lüstern durch den Raum schielt. Gerade wird mir bewusst was ich gerade gesagt habe. Falsches Geschlecht? Bis her war ich doch der Auffassung das ich bi bin und glücklich bin ich gerade in diesem Moment auch nicht wirklich. Flirtet vor meinen Augen und leugnet es auch noch. Naja nachdem was ich zu Jo gesagt habe, habe ich vielleicht keine Freundin mehr. Jo ist ja immerhin nicht gerade für ihre Geduld bekannt.
Ehe ich mich versehe ist meine Schicht zu Ende und ich renne förmlich aus dem Club nur um gleich in Jo's Flirt rein zu rennen und auf den Boden zu fallen. „Oh entschuldige, ich hab dich nicht gesehen," entschuldigt sie sich und hält mir ihre Hand entgegen, die ich nicht annehme und ächzend alleine wieder auf die Beine komme. „Behalt deine dreckigen Pfoten bei dir!" fauche ich und meine damit insgeheim dass sie die Finger von meiner noch Freundin lassen soll. Die Tränen schießen zurück in meine Augen und ich renn zu meinem Wagen. Kaum sitze ich in ihm schlage ich wie wild auf das Lenkrad ein, doch plötzlich treffe ich die Hupe und ich springe erschrocken hoch, nur um mir gleich den Kopf zu stoßen und einem Schreianfall zum Opfer zu fallen. Danach fühle ich mich um einiges besser und ich fahre Nachhause. Als ich in Claires und meinem Apartment ankomme, begrüße ich sie knapp und steure die Küche an. Aus dem Kühlschrank nehme ich mir ein Bier und will in mein Zimmer verschwinden, doch Claire hält mich auf. „Seit wann trinkst du eigentlich Bier nachdem du nachhause kommst?" fragt sich mich prüfend und hebt eine Augenbraue. „Frag deine Tochter. Du hattest wahrscheinlich recht," knurre ich ohne sie anzusehen und laufe an ihr vorbei in mein Zimmer, wo ich auch direkt die Tür abschließe. Ich drehe mein Bier auf, nehme einen großen Schluck und widme mich dann meinem aufkommenden Heulkrampf. Hab ich mich echt so in ihr getäuscht? Ich schnappe mir mein Handy, wähle Beth's Nummer und erzähle ihr erstmal alles um den Druck los zu werden. Diese scheint mindestens genauso aufgebracht zu sein wie ich und legt ohne Vorwarnung auf, nachdem ich das Thema abgeschlossen habe und ihr was anderes erzählen möchte um mich abzulenken. „Tolle beste Freundin schnaufe ich und kuschel mit der kalten Bierflasche in meinem Arm.
Am nächsten Morgen sehe ich aus, als hätte ich kein Auge zugemacht und dementsprechend lange versuche ich mich im Badezimmer wieder ansehbar zu zaubern, was mir relativ gut gelingt. Ich ziehe mir meine immer noch zu kurze Schuluniform an, packe meine Unterlagen und verlasse dann das Apartment. Das Frühstück lasse ich heute aus, was ich normalerweise nieee tue, doch seit gestern Abend hält sich mein Appetit in Grenzen. Es ist beinah unheimlich was Liebe für ein intensives Gefühl ist. Macht deine Verflossene dich einmal unglücklich hast du das Gefühl an einem langsam wandernden Schmerz zu krepieren. Dein Kopf ist wie ausgeschaltet, du kriegst alles in den falschen Hals und dieser Druck auf meiner Brust ist kaum auszuhalten. Wäre Liebe ein Medikament, was man in der Apotheke kaufen könnte, dann wäre die Packungsbeilage Meter lang und voller Nebenwirkungen.
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Leave my heart out of this
General FictionJo Harding - eine junge Frau aus Atlanta, einer Großstadt, die offensichtlich alles hat, Erfolg, Großeltern die sie vergöttern und eine Mutter, die sie liebt und unterstützt. Sie hat Freunde an der Uni, hat ihr Grundstudium erfolgreich abgeschlossen...