Kapitel 1

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PoV Palle

Grinsend lief ich durch mein Zimmer. Schnell griff ich mir meinen Koffer, den Rucksack und meine Laptoptasche und hievte alles die Treppe hinunter bis in den Hausflur, wo meine Mutter schon auf mich wartete. Umständlich stieg ich in meine Schuhe, ohne das Gepäck abzulegen und folgte meiner Mum zum Auto.

Ich wuchtete den Koffer auf die Rückbank und legte Tasche und Rucksack in den Fußraum. Dann setzte ich mich neben meine Mutter auf den Beifahrersitz und sie fuhr los. Seit Monaten hatte ich mich auf diesen Tag gefreut. Bis vor sechs Wochen war ich immer zu Hause unterrichtet worden. Als Archäologin war meine Mutter viel unterwegs und mein Vater musste wegen seinen Forschungen oft bis in die Nacht im Labor bleiben, weswegen die Beiden nur selten zu Hause waren.

Und deswegen hatten meine Eltern beschlossen, dass es wohl das Beste war, mich für die zehnte Klasse auf ein Internat zu schicken. Wenn es mir dort gefiel, würde ich bleiben, bis ich mein Abitur geschrieben hatte. Und ich war mir sicher, dass es mir gefallen würde. Schon immer hatte mich die Vorstellung davon fasziniert, mit einem Haufen anderer Jugendlicher zusammen zu leben und in die Schule zu gehen und spätestens nachdem ich Harry Potter gelesen hatte, war es irgendwie immer mein Wunsch gewesen, ein Internat zu besuchen.

Nicht ständig durch die Gegend fahren, alle neuen Bekanntschaften direkt wieder verlieren und kaum jemanden richtig kennen lernen. Keine wöchentlichen Abschiede mehr, sondern hoffentlich Freunde, die über das Jahr bei mir blieben. Natürlich hatte ich versucht, mit den Leuten die ich kennen gelernt hatte über WhatsApp in Kontakt zu bleiben und auch sonst hatte ich ein paar Internetfreunde, doch jemanden täglich sehen zu können und mit ihm auf dieselbe Schule zu gehen war eben doch noch einmal etwas Anderes.

Die Fahrt verging schnell, schon nach einer halben Stunde waren wir am Ziel und ich zerrte den Koffer wieder aus dem Auto. Dann warf ich mir meinen Rucksack über die eine und die Laptoptasche über die andere Schulter, umarmte meine Mutter zum Abschied und stapfte los in Richtung der Eingangstür des großen Gebäudes, das vor mir aufragte.

Als ich die Aula betrat, konnte ich meine Schritte an den Wänden wiederhallen hören. Auf einer Bank saß ein Junge, der irgendetwas in sein Handy tippte und zwei Mädchen durchquerten die Halle, sonst war niemand da.

Ich sah mich um und erblickte einen Zettel mit der Aufschrift '

Neuanmeldungen', unter der ein Pfeil auf einen Gang zeigte. Ich lief ihn entlang und fand bald das Sekretariat, dessen Türe offenstand. Als ich eintrat, telefonierte die junge Frau hinter dem Tresen gerade, doch nach wenigen Augenblicken legte sie auf und wendete sich mir zu.

„Hallo, ich bin Patrick Mayer", stellte ich mich vor, „ich bin neu hier." „In welche Klasse kommst du denn?", fragte die Sekretärin, während sie nach einem Stapel Unterlagen griff. „In die zehnte. 10b wenn mich nicht alles täuscht", antwortete ich und die Dame nickte. Dann blätterte sie die Akten durch und zog schließlich ein Blatt Papier daraus hervor, das sie schnell überflog. „Aah ja... Ja, hier hab ich dich. Klasse 10b, du wirst dir dein Zimmer mit Manuel Büttinger teilen, ihr habt Nummer 217. Also zweiter Stock, erster Gang und das siebte Zimmer. Ach und du bist ein Bisschen früh dran, die meisten Schüler werden wohl erst in ein bis eineinhalb Stunden da sein. Aber schau dich so lange gern auf dem Gelände um, ja?"

Ich nickte, nahm die Schlüssel entgegen, die mir die Sekretärin reichte, bedankte mich und trat wieder auf den Gang. Dann lief ich zurück in die Eingangshalle und suchte mit Hilfe des Raumplanes, den jemand für die neuen Schüler aufgehängt hatte, das Treppenhaus des richtigen Traktes. Mein Zimmer fand ich schnell, drinnen angekommen stellte ich erst einmal meine Sachen ab und sah mich um. Der Raum war recht schön. An der rechten und linken Wand standen je ein Bett und ein Schreibtisch. Außerdem gab es einen großen Schrank und eine Tür führte zu einem winzigen Bad mit Toilette und Dusche.

Nachdem ich meine Sachen mehr schlecht als recht unter eines der beiden Betten gequetscht hatte, damit sie nicht im Weg herum standen, machte ich mich daran, das Internat zu erkunden. Den Weg zurück in die Aula fand ich schnell und von dort aus entdeckte ich recht bald die Mensa, den Verbindungsgang zu den einzelnen Unterrichtstrakten und die Waschräume.

Ich beschloss, dass das vorerst genügen musste und ging nach draußen, um mich ein wenig im Garten umzusehen. Es gab mehrere Gewächshäuser, die wohl für Naturkundeunterricht genutzt wurden, eine große Wiese, auf der vereinzelt Bäume standen, einen Weiher, zwei Volleyballfelder und einen Sportplatz.

Eine Weile sah ich mich etwas genauer um, dann erschrak ich mich bei einem Blick auf mein Handy: Ich war seit fast einer Stunde unterwegs, was, wenn Manuel inzwischen da war? ich wollte ihn doch kennen lernen! Ich machte mich also auf den Rückweg und beeilte mich, wieder in unser Zimmer zu kommen. Die Türe war allerdings abgesperrt und mein Mitbewohner noch nicht da, deshalb begann ich schon mal damit, meine Sachen auszupacken.

Ich war nicht der ordentlichste Mensch also nahm ich die Kleidungsstücke einfach wie sie waren und packte sie irgendwie in die Fächer des Schranks. Dann begann ich, mein Bett zu beziehen. Während ich gerade dabei war, mein Kissen in den Bezug zu stopfen, klopfte es an der Türe und gleich darauf streckte ein braunhaariger Junge seinen Kopf durch die Türe.

„Hey", sagte er, ohne mich richtig anzuschauen, während er seine Tasche auf das zweite Bett warf. "Ich bin Manu und du musst Patrick sein. Lass mich einfach in Ruhe, dann kommen wir uns nicht in die Quere und es gibt keinen Stress, ja? Würdest dich eh nur unbeliebt machen, wenn du dich mit mir abgibst, also was soll's."

Er hatte ein Lächeln aufgesetzt, doch es reichte nicht bis zu seinen Augen, die mich für einen Sekundenbruchteil traurig ansahen, bevor er das Zimmer ohne ein weiteres Wort wieder verließ.

Kürbistumor Fanfiction - NachteuleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt