Kapitel 2

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Verwirrt und Enttäuscht hob ich meinen Koffer hoch und verstaute ihn auf dem Schrank damit er nicht störte. Was war das denn gerade gewesen? Mein Mitbewohner hatte mich nicht mal zu Wort kommen lassen. Mir war es doch egal, ob er beliebt war oder nicht! Ich wollte nur endlich mal einen Freund haben mit dem ich über alles reden konnte, der mich wirklich kannte und dem ich vertraute.

Das alles war bis jetzt nie möglich gewesen, da ich noch nie besonders lange Kontakt zu jemandem gehabt hatte. Und jetzt, da sich mir die Chance bot, wirklich jemanden besser kennen zu lernen, war mein Mitbewohner unfreundlich und verschlossen. Ich würde zwar weiterhin versuchen, mit ihm zu reden und ihm zu zeigen, dass ich ihn nicht für irgendwas verurteilen würde, doch mir war soeben klar geworden, dass sich das wohl schwieriger gestalten würde als gedacht.

Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es kurz vor 18:00 Uhr war und die Kantine gleich öffnen wurde, also machte ich mich auf den Weg nach unten, wo ich auch einige andere Schüler traf. In der Aula angekommen sah ich, dass die Mensa bereits offen war und sich eine Schlange gebildet hatte, also beeilte ich mich, um nicht lang warten zu müssen. Nach ein paar Minuten hielt ich ein Tablett mit dampfenden Spaghetti in den Händen und machte mich auf die Suche nach einem freien Tisch. Erst steuerte ich auf einen Zweiertisch zu, doch dann setzte ich mich alleine an einen Tisch für vier Personen, in der Hoffnung es würde sich noch jemand zu mir gesellen und ich könnte ein Gespräch anfangen.

Und tatsächlich wurde ich nach ein paar Minuten von einem Jungen angesprochen, der auf die leeren Stühle deutete und fragte: "Ist hier noch frei?" Sofort nickte ich, rutschte ein Stück zur Seite und drei Leute setzten sich. Es waren zwei Jungs und ein Mädchen, die sofort anfingen, sich mit mir zu unterhalten. "Kann es sein, dass du neu bist?", fragte der Junge, der mich angesprochen hatte, "ich hab dich noch nie hier gesehen." "Ja", antwortete ich, "das ist heute mein erster Tag hier. Ich heiße Patrick, könnt mich aber Palle nennen. Und wer seid ihr?" "Freddie", stellte sich der Junge vor, "und das sind Sebastian und Jodie. In welche Klasse gehst du denn?" "Ich komm in die 10b und ihr?", antwortete ich. "Oh cool", sagte Sebastian grinsend, "dann bist du bei mir in der Klasse. Die zwei sind in der 10a aber wenn wir so aufgeteilt werden wie letztes Jahr, dann haben wir n paar Fächer zusammen. Kannst mich übrigens Rewi nennen."

Ich nickte grinsend und schob mir eine weitere Gabel voll Spaghetti in den Mund, während ich Rewi zuhörte, der von seinen Ferien erzählte. Anscheinend war er die letzte Woche mit einem gewissen Felix, der wohl auch in unsere Klasse ging, campen gewesen und jetzt wurde er von Freddie ausgequetscht. Überwältigt stellte ich fest, dass die drei total offen waren und keine Probleme damit hatten, mir sofort von ihrem Leben zu erzählen, obwohl wir uns nicht kannten. Diese Flut an Herzlichkeit, die bei jedem Wort in Jodies leuchtenden Augen lag, wenn sie etwas erzählte, in Rewis Lachen, wenn er einen Witz machte und in Freddies lustigen Gesten, während er irgendetwas erklärte, überrollte mich mit einer Wucht, die ich nicht für möglich gehalten hatte.

Die meiste Zeit hörte ich den Dreien nur zu und sagte nur ab und zu etwas, während mich ein warmes Gefühl der Erleichterung durchströmte. Die drei waren wirklich nett und das hier war meine Chance, das erste Mal in meinem Leben richtige Freunde zu finden. Freunde, die ich nicht nach zwei Wochen wieder verlassen musste, Freunde die vielleicht ein Leben lang blieben.

Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals so rundum glücklich gewesen zu sein.

Kürbistumor Fanfiction - NachteuleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt