Das wahre Gesicht des Drachen

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»Claudius, wach auf.«
Die innere Uhr des größten und ältesten der drei Drachen, verrät ihm, dass es noch nicht Zeit ist, um aufzuwachen. Claudius ignoriert den Ruf seines kleinen Bruders Magnus und fällt zurück in den einhundertjährigen Schlaf. Zwei ganze Woche noch gehört er ganz der Traumwelt. Mit keiner Schuppe ist er bereit, auch nur einen dieser vierzehn Tage zu verschenken.
»Isakus, er reagiert nicht«, sagt der kleinste und jüngste der drei Drachen.
»Versuch es nochmal, Magnus.« Isakus hat die Befehlsgewalt während der inaktive Phase von Claudius und er ist zu feige, die Aufgabe zu übernehmen, seinen älteren Bruder frühzeitig zu wecken.
Eines ist sicher, Isakus kann seinen eigenen einhundertjährigen Schlaf kaum erwarten. Zweihundert Jahre wach und einhundert Jahre Schlaf. Es ist ein Ungleichgewicht, aber auch Luxus. Die Brüder sind zu dritt. Sie passen aufeinander auf. Sie wechseln sich ab. Einer allein, muss sich entweder ein Versteck suchen oder ewig fliegen. Vier Augen sind besser als zwei, aber drei Paar sind noch besser. Claudius ist sich sicher, dass seine Brüder es langsam müde sind ihn, durch ihre Magie mit zu tragen. Claudius ist der größte, schwerste und stärkste und somit die härteste Last. Aber Deal ist Deal. Ein jeder schläft hundert Jahre und trägt zweihundert Jahre. Nicht umsonst sind Claudius, Isakus und Magnus die mächtigsten Drachen ihrer Zeit. Im Schlaf entwickeln sich die Fähigkeiten der Flügeltiere um einiges schneller. Natürlich kommt es auf zwei Wochen mehr oder weniger nicht an, aber Claudius erwartet schon einen schwerwiegende Grund, dafür dass seine Brüder, die als einziges in der Lage sind ihn vorzeitig zu wecken, von dieser Macht auch Gebrauch machen. Also Abwarten und Tee trinken, denkt er sich.
»Claudius, wach auf, wir haben Besuch.«
Besuch? Das könnte interessant werden und ein guter Grund sein. Etwas Abwechslung vielleicht. Mal etwas Neues. Wer mag es sein, der sich in die Nähe von drei ausgewachsenen Drachen und deren Herren, der mächtigsten Magier des schwarzen Onyxe Ordens, traut.
Claudius Nüstern bewegen sich fast von selbst von links nach rechts. Das Flattern der Lider ist seinem Schlaf ebenfalls wenig zuträglich. Nun ist er endgültig wach. Verdammte Neugierde, verdammte Brüder, flucht er still in sich hinein. Widerstrebend öffnet er die Augen. Er blinzelt, bis er sich an die Helligkeit gewöhnt hat. Schaut sich um. Der Rastplatz sieht aus wie jeder andere auch. Claudius hört das Rauschen des Meeres. Riecht das Salz in der Luft. Entweder befindet er sich in der Nähe vom Meer oder sogar auf einer Insel. Warum sind sie hier? In den letzten fast hundert Jahren hat sich die Welt kaum verändert. Das hat Claudius auch nicht anders erwartet. Die Herren der drei Brüder sind ebenfalls dieselben alten arroganten Magier. Noch immer so ruhelos und habgierig, wie er sie kennengelernt hat. In unmittelbarer Nähe liegen Säcke und Schatzkisten, die überquellen mit Gold und Glitzerzeug. Das wir der Grund sein. Die drei Männer haben gewiss ihre Magie benutzt, um einige Schatzkammern zu entleeren. Wie schon so oft, schlussfolgert Claudius. Ebendiese Zauberei hat auch die Männer kaum verändert, zumindest äußerlich. Die Kraft und Stärke, die von den Zauberern ausgeht, sind jedoch um einiges gewachsen. Es ist Claudius spezielle Fähigkeit: Er erspürt den Grad der Magie eines Zauberers. Und diese drei sind die Begabtesten, auf deren Befehl die Brüder je hören mussten. Er beobachtet die Männer, die unmittelbar in der Nähe der drei Drachen stehen einen Moment, bevor er sich seinen Brüder zuwendet.
»Na endlich.« Hört Claudius, Isakus hinter sich stöhnen. Dessen Fähigkeit ist es, die Gefühle von anderen Wesen zu beeinflussen.
»Dir auch einen schönen guten Morgen, Bruderherz«, faucht Claudius zurück und stößt seinen Brüdern eine kleine Flamme entgegen. Isakus und Magnus machen gleichzeitig einen Satz, zurück. Soweit es die Ketten an ihren Füßen erlauben.
»Wo ist der ominöse Besuch?« Wendet sich Claudius direkt an Magnus.
»Dort. Eine bunt gemischte Gruppe Abenteurer,« erklärt der kleinste Drache. Seine Fähigkeit ist sehr nützlich: er kann sich und alle anderen lebenden Objekte in seiner Nähe unsichtbar machen. Jetzt nickt er in Richtung eines großen Baumes.
Claudius folgt dem Fingerzeig und erblickt die seltsame Truppe. Er sieht jedoch nicht die Gefahr, die seine Brüder anscheinend wahrnehmen. Sind seine Sinne noch vernebelt vom Schlaf der letzten Jahre? Oder sind Isakus und Magnus paranoid? Claudius ist zweitausend Jahre länger ein Drache als Isakus und ganze dreitausendfünfhundert Jahre länger als Magnus. Ihnen fehlt schlicht die Erfahrung so eine Situation richtig einschätzen zu können, beschließt Claudius. Die drei Brüder sind nicht von Geburt an Drachen aber sie erinnern sich kaum noch an die Zeit zuvor. Wie alle Drachen auf dieser Welt wurden sie erschaffen. Erschaffen von ihren ersten Herren und gebunden auf ewig, als Strafe für eine unverzeihliche Tat.
»Was soll mit denen sein?«, fragt Claudius seine Gefährten, die nicht Brüder seinen Blutes sind, aber durch die vielen Jahren des Zusammenseins, doch viel mehr Familie sind als alles andere was er je zuvor kannte.
Claudius betrachtet die bunt gemischte Gruppe. Die Neugierde hat den alten Drachen dennoch gepackt. Vorerst zumindest. Der Haufen wirkt mehr als ungefährlich. Gähnend langweilig trifft es eher. Claudius zählt fünf Personen. Einen Wald-Elf, er schätzt diesen auf höchstens zweihundertfünfzig Jahre. Mehr als unerfahren. Noch ein Jüngling für seine Art. Das Langschwert mit dem roten Stein, sehr wahrscheinlich ein Rubin, ist noch das interessanteste an ihm. Das wird eine schöne Trophäe für Claudius Herren sein. Die Kleidung des jungen Elfs ist schlicht. Blonde lange Haare, blaue Augen und mindestens zwei Meter groß. Typisch Elf. Das einzige ungewöhnlich ist sein Aussehen. Zerzaust und ungepflegt, zumindest für einen Angehörigen seiner Rasse. Claudius mag keine Elfen. Sie sind arrogant, kaltschnäuzig und sie riechen komisch, findet er.
Direkt neben dem schmutzigen Elf steht ein Zwerg, der fünf Meilen gegen den Wind stinkt als wäre er in ein Plumpsklo gefallen. Dagegen duftet der Wald-Elf wie ein Feld Rosen. Wie ist es nur möglich, dass der Zwerg noch schlimmer müffelt als der Elf? Die Axt in der Hand des Zwergs ist blutverschmiert und das Schild am Rücken weist mehrere Brüche auf. Er reicht dem Elf nur bis zum Gürtel. Das rote Haar geht in einen bis zum Boden hängenden verfilzten Bart über. Sind das Hühnerknochen? Ja. ‚Beim heiligen Ombra, ist das ekelhaft', denkt Claudius und muss sich ein Würgen verkneifen. Zum Glück hat er seit fast hundert Jahren nichts mehr gegessen. Diese Zwerge haben immer genug Essen dabei, gegebenenfalls vom Vortag im Bart verstreut.
Claudius zählte drei Menschen. Einen Ritter in einer Rüstung, die mehr Dellen hat als er Lust hat zu zählen und einem Schwert in der Hand, dem die Spitze fehlt. Direkt daneben ein weiterer Mann in zerlumpter Kleidung und mit mehreren schweren Beuteln am Gürtel. Eindeutig ein Dieb. Er hat eine Armbrust geschultert, der dazugehöriger Köcher ist jedoch leer.
Zu guter Letzt steht zwischen den vier Männern eine Frau. Im Gegensatz zu ihren Begleitern, geht von ihr ein Strahlen aus, dass sie wirken lässt, als käme sie geradewegs aus einem Schönheitssalon. Ihre Aura ist rein und undurchdringlich für Claudius. Sie trägt keine Waffe, kein Gepäck und ist komplett verhüllt in einen hellgrünen makellosen Mantel, dessen Kapuze tief in ihr Gesicht gezogen ist. Perfekt steht sie da im Schatten des hohen Baumes und rührt sich keinen Millimeter weit. Ihre ganze Gestalt macht Claudius neugierig aber auch von ihr spürt er keine Gefahr für sich, seine Brüder und ihre magischen Herren, die dicht zusammen gedränt dastehen und von Nichts und Niemanden einen Notiz zu nehmen schein. Wahrscheinlich sind die Männer noch zu beschäftigt damit sich selbst zu beweihräuchern und zu sehr verliebt in ihre neue Schätze. Deren Problem, wenn ihnen das zum Verhängnis wird.
»Ein Elf, ein Zwerg, zwei Männer und eine Frau? Wie sollen die uns gefährlich werden?« Hakt er daher nach. »Die können wir getrost den Magiern überlassen. Und jetzt lasst mich weiterschlafen. Weckt mich in zwei Wochen.« Sein Standpunkt ist klar. Claudius unterstreicht ihn damit, dass er die Augen wieder schließt und sich in Trance versetzt, um mit dem hundertjährigen Mediation Schlaf fortzufahren.
»Schau dir die Frau an«, unterbricht ihn Isakus erneut.
»Ja sieh sie dir an.« Stimmt Magnus mit ein.
Langsam gehen Claudius seine Brüder echt auf die Nüstern. Widerwillig öffnet er die Augen erneut und fixiert die Frau. Die Kapuze verwehrt ihm einen Blick auf ihr Gesicht. Die Konturen ihrer rosafarbenen Lippen kann er sehen. Diese formen Worte, aber er kann sie nicht hören.
»Was flüstert sie da?«, spricht er laut seine Frage aus.
»Das ist ja das merkwürdige. Das macht sie schon die ganze Zeit.«
»Noch viel merkwürdiger ist, unsere Herren haben die Sterblichen noch nicht entdeckt und wirklich gut versteckt hat sich die Truppe nun auch nicht«, fährt Magnus fort.
Die fünf stehen zwar im Schatten eines Baumes aber als ein Versteck kann man das nun wahrlich nicht bezeichnen. So vernebelt können die Zauberer nun auch wieder nicht sein. Denn es trennen die Magier und die Helden höchstens eine Entfernung von fünfundzwanzig Metern Luftlinie. Das kann nur eines bedeuten. Wie konnte er, dass nur übersehen? Ist er denn noch völlig schlaftrunken? Das muss es sein!
Endlich konzentriert er sich ganz auf die unscheinbare, aber schöne Frau in grün. Erspürt ihren Geist. Dieser ist gut verborgen aber etwas Magie ist da. Wie konnte Claudius, dass nur übersehen. Ja, ihre Gattung ist selten. Hat sich die Welt in den letzten fast hundert Jahren doch so extrem weitergedreht? Er findet keine Erklärung für sein Versäumnis. Die Frau in grün ist eine Zauberin. Eine sehr Mächtige. Wenn nicht sogar der mächtigste Mensch dem Claudius je begegnet ist. Außer dem dunklen Magier der für Claudius jetzige Existenz verantwortlich war und damals die Strafe vollstreckte für sein Vergehen. Den Mord an einem Kind.
»Faszinierend.« Er fixiert sie. Will mehr wissen, aber ihr Geist ist stark, verschlossen für Claudius.
»Was hat das zu bedeuten, Claudius?«
»Das weiß ich auch noch nicht, Isakus. Warten wir es ab.«
»Müssen wir nicht etwas tun?«
»Ich wüsste nicht warum, Magnus?«
»Wir müssen unsere Herren doch beschützen, Bruder.«
»Magnus, das sind drei ausgewachsene Männer, wenn die mit einer einzelnen grünen Zauberin nicht zurechtkommen, dann können wir auch ihnen nicht mehr helfen.« Natürlich könnten wir sie warnen, aber wo bliebe denn dann der Spaß, denkt sich Claudius. Und plötzlich ist er froh, wach zu sein und das kommende Spektakel nicht zu verpassen. Denn eines weiß der alte Drache, wo eine Zauberin ist, da ist der Ärger nicht weit.
»Ich könnte uns doch unsichtbar machen?«, schlägt Magnus vor.
»Und ich könnte ihr Aufmerksamkeitsgefühl steigern?«, mischt sich Isakus ein.
»Nein, Brüder. Sie sind auf sich gestellt. Wir beobachten nur.«
»Wir müssen unsere Herren doch beschützen«, fasst Magnus nach.
»Müssen wir das? Wann haben sie uns das letzte Mal beschützt, Brüder? Sie benutzen uns als Waffe. Als Transportmittel. Als minderwertige Packesel für ihre Schätze und Eroberungen. Seht ihr die Ketten an Euren Füßen? In meinen über sechstausend Jahren auf dieser Welt wurde ich noch nie in Ketten gelegt. Ich werde nichts dergleichen tun. Ich lehne mich jetzt zurück und genieße das Schauspiel. Ich bin der Älteste und erwarte keine Wiederworte. Ist das klar?« Claudius Standpunkt ist klar. Isakus und Magnus senken die Köpfe. Die Hierarchie ist eindeutig.
»Und wenn sie gewinnt?«, fragt Magnus und deutet auf die noch immer vor sich hin murmelnde Zauberin.
»Dann sind wir endlich frei.«
»Das verstehe ich nicht. Wird sie dann nicht unsere neue Herrin und Reiterin?«, wundert sich Magnus.
»Auf mir ist noch nie eine Frau geritten. Claudius, das können wir nicht zu lassen.« Isakus Nüstern blähen sich bei dem Gedanken weit auf.
»Das wird nicht passieren, meine Brüder.«
»Was macht dich da so sicher?«
»Magnus, woher sollte sie das Passwort kennen und mal ehrlich sieht diese schmächtige Frau so aus, als würde sie drei der mächtigsten Drachen befehligen können? Sie mag die Fähigkeit haben drei menschliche Magier zu täuschen. Sich selbst und ihre Truppe im Schatten zu verbergen aber drei ausgewachsene Drachen, sind selbst für sie eine Nummer zu viel.« Dem alten Drachen ist bewusst, dass er seinen Brüder das erste Mal unehrlich gegenüber ist aber sein Gefühl hat ihn selten getäuscht. Die Zauberin ist was Besonderes, vielleicht sogar der Schlüssel, da ist sich Claudius sicher. Der Zweckt heilig hier die Mittel.
»Claudius, du hast sie auf den ersten Blick schon unterschätzt«, stellt Isakus fest.
Claudius langer schuppigen Schwanz zuckt von einer Seite zur anderen. Dampf entsteigt seinen Nüstern und er richtet sich zu seiner vollen Größe auf. Die Männer der Heldentruppe ziehen sich noch weiter hinter die grüne Zauberin zurück. Nur die drei Magier bekommen von alledem immer noch nichts mit.
»Stellst du mich tatsächlich in Frage, Isakus?« Claudius überragt seine Brüder um einige Meter und als Antwort machen sie sich noch kleiner.
»Natürlich nicht.«
»Gut. Dann lasst uns beobachten.«
Claudius entspannt sich, ebenfalls Isakus und Magnus. Und als sich der größte der drei Drachen wieder hinlegt, trauen sich auch die vier Helden wieder dichter an die grüne Zauberin heran.
In den ersten Minuten passiert nicht viel. Die Frau in grün formt weiter tonlose Worte und die Männer beziehen Stellung. Die drei Drachen langweilen sich bereits, als die Frau mit Schwung ihren Kopf zurückwirft und die Kapuze endlich den Anblick auf ihr Gesicht und ihre glänzenden schwarzen Haare freigibt. Im selben Moment stürmen der Elf, mit dem Schwert in der Hand, der Zwerg, die Axt schwingend, der Ritter, mit geballten Fäusten und der Dieb mit zwei Dolchen in den Händen auf die Magier zu. Diese stehen wie zu Salzsäulen erstarrt an Ort und Stelle. Der erste Magier fällt zu Boden und ist tot. Dann erwachen die beiden anderen. Jedoch ohne Chance einen Zauber zu wirken. Im Nahkampf sind sie chancenlos gegen die Übermacht. Zwei Minuten später sind die drei tot und die Helden putzen ihre Waffen. Der Dieb durchsucht die schwarzen Roben der Männer und lässt so manches Zeug in die übervollen Beutel verschwinden.
»Sind wir jetzt frei, Claudius?«
Eine Antwort ist überflüssig, mit dem Tod der Magier ist auch deren Macht gestorben.
Claudius, Isakus und Magnus rütteln an ihren Ketten. Auch ohne Verzauberung sind die Drachen nicht in der Lage mit bloßer Kraft das Metall zu sprengen.
Frustration breitet sich vor allem in Isakus aus. Mit einer großen Flamme aus seinem Maul versucht er das Metall zu schmelzen. Ohne Erfolg.
»Das ist Obsidian vom Onyxe Orden. Da braucht ihr schon mehr als Feuer und Kraft um sie zu sprengen.« Lenkt die Zauberin die Aufmerksamkeit der Brüder auf sich. »Hört mir zu.«
Die Stimme der Frau ist laut und eindringlich. Lässt die Flügel der Brüder schwer wie Blei werden und ihren Kampf gegen die Ketten vergessen.
»Claudius, Isakus, Magnus, ich bin Kiona die grüne Zauberin.«
»Was willst du, Hexe?«, ergreift Isakus als erstes das Wort.
»Mit Euch und meinen Freunden von dieser langweiligen Insel verschwinden.«
»Du hast wenig Erfahrung mit Drachen«, stellt Isakus fest.
»Wie kommst du auf die Idee?« Die Zauberin tritt näher heran, verschränkt die Arme vor der Brust und sieht ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Du, musst die richtigen Worte sprechen, um auf uns reiten zu können«, mischt sich Magnus ein.
»Ich kenne Eure Namen. Wer sagt, dass ich nicht auch die richtige Worte kenne?«
»Das ist was dran, Isakus.« Magnus sieht zu erste seinen älteren Bruder und dann die Zauberin an.
»Pss.. Brüder. Ich will wissen was die Hexen mit den drei Magiern angestellt hat, dass ihre Freunde sie so einfach töten konnten.«
»Das habe ich mal überhört, Claudius. Wir müssen ja nicht beleidigend werden. Aber gerne befriedige ich deine Neugierde. Ich habe sie hypnotisiert und ihre Gedanken gelesen, bis ich alles erfahren habe, was ich wissen muss. Also seit Euch sicher, ich weiß was ich sagen muss. Aber ich möchte Euch ein Angebot machen.«
»Wir kooperieren nicht mit grünen Hexen«, mischt sich Isakus ein.
»Sei ruhig, Bruder. Lass sie ausreden.« Claudius lässt die Frau nicht aus den Augen.
»Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Ich bin der Älteste. Also, sprich Frau.«
»Ihr bringt mich und meine Freunde von dieser Insel weg und anschließend seid ihr frei.«
»Und das sollen wir dir glauben, Hexe? Du sprichst das Passwort und dann müssen wir dir gehorchen.«
»Genau«, unterstützt Magnus seinen älteren Bruder. »Wir haben gar keine andere Wahl.«
»Ich werde Euch nicht bannen. Ihr bringt uns fort von hier. Aus freien Stücken. Dafür sprenge ich Eure Ketten und schenke Euch die Freiheit.«
»Und wer sagt dir, dass wir nicht einfach davon sausen sobald die Fesseln gelöst sind?«, fragt Magnus skeptisch nach.
»Ich wusste, dass du das fragen würdest.« Ein Lächeln huscht über das Gesicht der Zauberin. Sie hat noch ein Ass im Ärmel.
»Kiona, was soll das?«, drängt sich plötzlich der Elf dazwischen. »Der Plan war: Magier töten, Drachen bannen und dann endlich verschwinden.«
»Genau.« Tritt er Zwerg ebenfalls in die Diskussion ein. »Ich habe genug von dieser viel zu grünen Insel. Zwanzig Jahren sind lang genug.«
Was sind schon zwanzig Jahre, denkt sich Claudius. »Ihr scheint Euch nicht einig zu sein. Warum also sollten wir Euch oder auch nur Dir vertrauen?«
Der Zwerg und der Elf machen einen energischen Schritt auf die Drachen zu. Die Zauberin hebt die Hand und sie bleiben stehen.
»Ganz einfach.« Beginnt die Zauberin. »Bringt uns von hier fort. Freiwillig. Und ihr seid nicht nur frei, sondern ich biete Euch an, Euch Eure ursprüngliche Gestalt zurückzugeben.«
»Wir haben einen Deal.« Entscheidet Claudius.
»Das kann jetzt echt nicht dein Ernst sein.«
»Ich stimme Magnus zu!«, ergreift Iksakus die gleiche Partei wie der jüngste Drache. »Sie lügt. Sie hat niemals die Macht dazu.« Gibt der mittlere Drache nicht nach.
»Ihr habt mein Wort.« Kiona spricht laut und deutlich.
»Was ist das Wort einer Hexe schon wert?«, verteidigt Isakus seinen Standpunkt.
»Claudius, komm und sieh.«, fordert die Zauberin den alten Drachen auf.
Claudius der Drache und die grüne Zauberin Kiona schauen sich eine Weile an. Tief versinken sie in die Augen des jeweilig anderen. Claudius sucht die Lüge im Blick der Zauberin. Kiona lässt ihn gewähren. Gibt ihren Geist und Fähigkeiten für die Sensoren des Drachen frei. Jetzt kann Claudius ihre Macht endgültig spüren. Es ist überwältigend. Rein. Grün. Ohne Hintergedanken. Mächtig.
»Ich bleibe dabei: Wir haben ein Abkommen Zauberin. Spreng die Ketten, die uns festhalten und wir bringen Euch von dieser Insel.«
»Claudius wie kannst du nur.«
»Sei ruhig Bruder. Ich vertraue ihr, also könnt ihr das auch.« Der große Drache wendet sich an seinen jüngeren Bruder. Groß baut er sich von ihnen auf und sie können nicht anders als sich dem Befehl des Ältesten zu beugen.
»Per fast et nefas.« Durch Recht und Unrecht, spricht die Zauberin und die Fesseln der Brüder zerbersten. Widerwillig lassen Magnus und Isakus es über sich gehen, dass die Helden nach und nach auf ihre Rücken klettern. Weigern sich jedoch vehemente den Elf zu tragen. Dieser reitet gemeinsam mit Kiona auf Claudius. Ein kleines Übel, dass Claudius über sich ergehen lässt für die Freiheit, die nur einige Flügelschläge entfernt zu sein scheint. Wenige Augenblicke später steigen die acht Individuen hoch in die Lüfte.
Nach einem einstündigen Flug landet die Gruppe auf dem Festland unweit einer großen Stadt.
Der Elf, der Zwerg, der Dieb und der Ritter sind froh wieder festen Boden unter dem Füssen zu haben.
»Danke.« Spricht die Zauberin. »Ihr seid frei. Und es ist Eure Wahl: Wahre Gestalt und ein sterbliches Leben oder auf Ewigkeit ein Dasein in Euer jetzigen Gestalt.«
Isakus und Magnus sehe sich kurz an. Nicken sich gegenseitig zu und steigen sodann in die Lüfte. Tollen herum. Steigen hoch und lassen sich im Sturzflug herniedersinken, nur um im nächsten Moment in einer spiralen wieder hoch zu fliegen, bis sie außer Sichtweite für die Heldengruppe sind. Claudius sieht seinen Brüder nach.
»Deine Brüder haben sich entschieden. Und wie entscheidest du dich, Claudius?« Die Zauberin sieht den Drachen abwartend an.
»Kiona, kommst du?«, ruft der Elf. Die vier Männer haben sich ebenfalls bereits auf den Weg in Richtung Stadt gemacht.
»Geht schon mal vor. Ich hole Euch ein. Wie immer.«
Auf dem offen Platz zurück geblieben sind Kiona die grüne Zauberin und Claudius der alte Drache.
»Bisher hast du Dein Wort gehalten, Zauberin.«
»Hattest du je Zweifel daran, Claudius?«
»Nein.«
»Das dachte ich mir. Und? Mein Angebot steht.«
»Ich war kein gutes sterbliches Wesen.«
»Ich weiß, du wärst sonst nicht der, der du heute bist. Aber jedes Geschöpf hat eine zweite Chance verdient. Und hier ist deine. Ergreif sie, Claudius. Schließ dich mir an.« Kiona tritt an den Drachen heran. Legt ihre Hand auf seine große Pranke. »Hab keine Angst. Du bist nicht allein. Ich lasse dich nicht im Stich.«
Claudius muss nicht weiter darüber nachdenken. Einsamkeit war seine größte Angst, die hat ihm die Zauberin genommen. Er nickt »Okay.«, unterstreicht er seine Geste.
»Gute Wahl.«
Claudius sieht zum Himmel. In der Ferne kann er seine Brüder sehen.
»Ich werde bleiben.« Schickt er ihnen in Gedanken seine Entscheidung zu und einen kurzen Augenblick später, sind sie auch für Claudius außer Sichtweite.
»Bereit?«
»Bereit.«
Die Zauberin nickt tritt einige Meter zurück. Bleibt stehen und sieht dem Drachen das letzte Mal in die goldenen Augen.
»Hoc signo vinces.« Unter diesem Zeichen wirst du siegen, spricht die Frau in grün.
Ein goldener Nebel steigt aus dem Boden um Claudius empor. Der Drachen bleibt völlig ruhig. Der Dunst umhüllt seinen ganzen Körper. Steigt hoch in die Luft und nimmt mit der Zeit immer mehr an Menge und Höhe ab. Als er sich völlig aufgelöst hat, traut die Zauberin ihren Augen nicht. Sie hatte jegliche Gestalt erwartet aber das was sie nun sieht überrascht Kiona dann doch.
»Lass uns gehen«, sagt sie jedoch nur und ergreift Claudius Hand. Diese ist immer noch größer, aber gänzlich ohne Schuppe und sehr viel weicher. Gemeinsam versuchen Claudius und Kiona die restlichen Gruppe einzuholen.
Mit der Gewissheit einen neuen Freund gefunden zu haben, lässt es sich doch gleich noch beschwingter in die Zukunft sehen, denkt der Neuzugang der Gruppe.
»Du hattest jemand anderen erwartet?« Claudius ist sich nicht mehr sicher ob er noch Willkommen ist.
»Sagen wir es so, ich bin überrascht und überaus neugierig was der Zwerg zu unserem elfischen Neuzugang sagen wird.«

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 24, 2020 ⏰

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