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Es war Montag Morgen.
Das letzte Mal hatte ich Rio gesehen, als wir tanzen waren. Den Rest der letzten Woche hatten wir uns nicht getroffen, da er beschäftigt gewesen war.
Was auch immer er morgens so früh vorhatte.

Auf jeden Fall freute ich mich, ihn jetzt wieder zu sehen, denn nun machten mir nicht nur Jack und Nadia das Leben zur Hölle, sondern auch der Großteil meiner Klassenkameraden. Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass ich es anscheinend gewesen bin, die Jack betrogen hatte.

Ich wurde als undankbare Schlampe beschimpft und konnte dagegen nichts tun, denn man ließ mich nicht einmal ausreden wenn ich die Situation erklären wollte.
Sogar mit den Lehrern hatte ich geredet. Doch das brachte auch nichts, denn die anderen stritten alles ab und die einzigen, die meine Aussagen unterstützten waren Marlee und Carter. Drei gegen den Rest einer großen Gruppe war nicht wirklich überzeugend und meine Lehrer hatten sowieso keine Lust auf Stress während der Klassenfahrt, weshalb nichts unternommen wurde.
Es war so unglaublich frustrierend, wie Jack mit dieser asozialen Nummer durchkommen konnte.

Marlee und Carter gaben sich zwar noch mit mir ab, jedoch nicht mehr so oft wie früher, als sie noch nicht zusammen gewesen sind. Ich freute mich zwar riesig für die beiden, dass sie zusammen so glücklich waren, jedoch fühlte ich mich etwas allein gelassen.
Immer wenn wir zu dritt unterwegs waren - was nur bei den Ausflügen mit unserer Klasse vorkam - hatte ich das Gefühl das dritte Rad am Wagen zu sein. Wenn sie zu zweit Zeit verbrachten gammelte ich einsam im Hotel herum und einen von den beiden alleine zu erwischen war so gut wie unmöglich.
Ich hatte also praktisch niemanden um darüber zu reden wie es mir ging.
Deswegen freute ich mich umso mehr, dass ich gleich Rio wieder sehen würde.

Ich wartete wie immer bei der Bank vor dem Hotel. Müde war ich nicht, denn ich war gestern Abend früh ins Bett gegangen. Außerdem war bei der ganzen Freude die ich verspürte kein Platz für Müdigkeit.

Im schummrigen Schein der Straßenlaternen sah ich eine dunkel gekleidete Person auf mich zu laufen.
Allein anhand der Art wie er lief konnte ich erkennen, dass es Rio war.
Er hatte einen federnden Gang und war nie langsam unterwegs, so als hätte er es immer eilig. Seine Hände vergrub er stets in der Tasche seines Hoodies, was seine Umrisse von weiter weg breiter wirken ließ.

„Hola, wie geht's?", fragte er mit einem Nicken, als er bei mir zum Stehen kam.

„Jetzt wo du hier bist gleich viel besser.", grinste ich und meinte es tatsächlich so.

„Was hast du heute für eine Überraschung für mich geplant?", fragte halb scherzend, denn ich ging nicht davon aus, dass wir heute etwas besonderes machen würden. Ich wollte eigentlich auch nur mit ihm über meine Probleme reden.

„Also... ich hätte da eine Idee aber dafür brauchen wir Fahrräder."
Rio sah sich um und schien nach Fahrrädern Ausschau zu halten, doch um diese Uhrzeit waren logischerweise keine in Sicht.

„Ich glaube, das Hotel hat welche zum Ausleihen. Die sollten da um die Ecke stehen.", überlegte ich laut und deutete in die Richtung wo auch die Garagen waren.

„Na dann los.", meinte Rio und ging voraus.
Verwirrt lief ich ihm hinterher, denn ich war mir sicher, dass man um diese so früh morgens nichts ausleihen konnte.

Kurze Zeit später standen wir vor einem Metallzaun, hinter dem sich unter anderem die Fahrräder befanden. Rio rüttelte an der Tür, die natürlich abgeschlossen war.

„Und jetzt?", fragte ich leise um zu vermeiden, dass uns irgendjemand hörte.

Rio antwortete nicht, sondern kletterte einfach über den Zaun. Er nahm ein Fahrrad und hob es, als ob es nichts wiegen würde, auf die andere Seite des Zauns und stellte es auf dem Boden ab.

Before DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt