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Die Menschen drängen sich um uns und das Twisterfeld. Robin dreht an der Scheibe und seine Miene wird immer verbissener. Während ich noch vollständig bekleidet bin, sind die vier Jungs schon ihre Oberteile los und zwei Mädels ebenfalls. Liss ist eine von ihnen. Auch wenn sie sonst relativ schüchtern und zurückhaltend ist, hat sie das, dank des Alkohols, heute schon vor Stunden abgelegt. Ich hoffe, sie wird morgen nicht sauer sein oder sich schämen. Aber wenigstens sorgen Spenc und Robin dafür, dass niemand Bilder macht.

Das Twister Feld scheint eine XXL Version zu sein, sodass wir zu acht spielen können, das heißt aber nicht, dass es hier nicht verdammt eng ist. Mein linkes Bein ist nach rechts abgespreizt auf gelb, meine linke Hand eine Reihe näher an mir dran auf Rot und mein rechtes Bein auf blau. Je nachdem was Robin gleich für mich dreht, könnte es schwierig werden.

Miles muss halb über mich rüber klettern, um seine Hand auf eins der letzten freien blauen Felder zu legen und mein linker Arm bricht wahrscheinlich bald unter meinem Gewicht zusammen. Miles Kumpel, der dessen Namen mir immer wieder entfällt, strauchelt und ein Gröhlen erfasst die Menge, die sich um uns herum angesammelt hat.

Wir lachen lauthals, aber er scheint sich kein bisschen zu ärgern. Er entledigt sich seiner Jeans und geht dann wieder auf Position. "Tate, rechtes Bein auf gelb", ertönt Robins Stimme und ich stöhne auf. "Fuck", zische ich, während mein Versuch, meinen Fuß auf das gewünschte Feld zu manövrieren, ziemlich wackelige Ausnahmen annimmt. "Sei vorsichtig", herrscht Miles mich an, als ich mich unter ihm bewege und eine Art Brücke einnehme.

Toni ist als nächstes dran und stellt ihr Bein über das von Liss. Ein dunkelhaariges Mädchen, das ebenfalls nur noch mit BH und Jeans bekleidet ist, gibt sich nicht allzu viel Mühe, ohne umzukippen ihren Fuß auf ein blaues Feld zu setzten und zieht dann unter dem Gejohle der Jungs um uns herum mit wackelndem Hintern ihre Hose aus.

Spenc und ich wechseln einen augenverdrehenden, aber belustigten Blick. Ich kämpfe immer mehr um meine Position zu halten, aber als mich ein Knie in die Seite trifft, verliere ich augenblicklich das Gleichgewicht und lande auf dem Po. Ohne lange zu zögern, ziehe ich mein Kleid über den Kopf und kann mich nur bei meinem Ich von vor drei Stunden bedanken, das mir geraten hat, eine Shorts drunter zu ziehen.

Es ist im Prinzip eine kurze Leggins, die gerade so meinen Hintern bedeckt. Der Bund meiner Strumphose schaut oben raus und mein schwarzer, schlichter BH ist auch nichts Besonderes. Miles grinst mich an und lässt bewundernd seinen Blick über meinen Körper wandern. Ich schüttle nur amüsiert den Kopf und bringe mich wieder in Position.

Miles Kumpel scheidet als erstes aus, obwohl er bestimmt kein Problem damit gehabt hätte, sich auch seiner Boxershorts zu entledigen. Aber der Anblick bleibt uns dann zum Glück doch erspart. Liss ist die Nächste und dann folgen die beiden anderen Jungs. Toni hält sich wacker und auch Miles erweckt nicht den Anschein, aufgeben zu wollen.

Am Spielfeldrand sammeln sich schon die Freiwilligen für die nächste Runde. "Ich hoffe, deine Hand muss auf blau", raunt Miles mir zu. Ich folge gedanklich der Bewegung und finde mich schon über Miles hängend wieder. Er grinst anzüglich und ich warte ungeduldig auf Robins Anweisung. Als würde Miles über Gedankenkontrolle verfügen, geschieht genau das, was er voraus gesagt hat.

Ich hängle mich über ihn und bringe mich in einen relativ stabilen Vierfüßler. "Du kannst dich ruhig etwas auf mich legen", feixt er und deutet auf seinen Bauch, der unter meinem schwebt. "Noch geht es gut", antworte ich lächelnd und registriere aus dem Augenwinkel, wie Toni gefährlich schwankt als sie Robins Anweisung folgen will.

Als Toni umfällt und nur noch Miles und ich übrig sind, beendet Robin das Spiel, damit die nächsten beginnen können. Erleichtert erhebe ich mich und stöhne auf, als ich meine Muskeln endlich wieder entlasten kann. "Applaus, bitte", verkündet Miles und verbeugt sich spielerisch. "Ich finde die Gewinner verdienen einen Preis!" Zustimmende Rufe ertönen und sofort werden die Forderungen nach einem Kuss laut.

In der einen Sekunde ist es nur Miles Arm, der um meine Taille liegt, im nächsten spüre ich seinen Mund auf meinen. Ich verharre überrumpelt. Erst eine Sekunde. Dann zwei. Dann drei.

Ich stoße ihn von mir. Laute "Uhhh-Rufe" werden um uns herum laut und ich sehe das wütende Funkeln in seinen Augen. "Stell dich nicht so an. Mein Mund war schon ganz woanders an dir. Und es hat dir immer gefallen, also zier dich nicht so." Sein Lächeln ist belustigt, aber seine Worte sind spöttisch und herablassend. Fast feindselig.

Ich drehe mich um, dränge mich an den Menschen vorbei und stürme davon. Ich habe so hart daran gearbeitet, dem, was andere über mich sagen, nicht zu viel Bedeutung beizumessen. Aber wie kann mich so etwas nicht treffen? Wie kann es mich kalt lassen, wenn jemand so mit mir redet? Vor der halben Universität.

Wie kommt man darüber hinweg? Ich kenne die Antwort. Sie lautet überhaupt nicht.

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Danke fürs Lesen❤️

Never Falling Deeper | AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt