Das Judoturnier Teil 2

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Mittlerweile sind drei Tage vergangen. Drei Tage ohne direkten Kontakt, um "nicht wieder das einzureißen, was jetzt einfach nur ruht" - Jimins Worte, nicht Taehyungs. Aber der Buschfunk trägt trotzdem genug zu ihm und auch zu Jeongguk. Es wäre eine große Lüge zu behaupten, wenigstens einem gehe es besser, und obwohl Taehyung sich einfach nur in Jeongguks Armen wiederfinden möchte, spürt er trotzdem jedes Mal dieses leichte Zittern in den Armen, sobald seine Gedanken schweifen. Und sie schweifen ständig.

"Du siehst aus wie der Protagonist eines Liebesdramas, der seinem Verflossenen hinterher trauert.", Taehyung kann wenig schmunzeln, als Jimin eines Nachmittags von seinem Magazin aufschaut und Taehyung die Wohnung betreten sieht. "Wie schaffen du und Namjun das?", fragt er, Zweifel in der Stimme. Jimin seufzt. Sorgfältig legt er das Magazin weg und steht auf. Mit großen Schritten (für Taehyung waren es eher normal große) geht er ihm entgegen und lächelt.

"Weißt du was der große Unterschied zwischen unseren Beziehungen ist?" Jimins kleine Finger ziehen ihm die Tragetasche von der Schulter und klopfen ein paar Regentropfen weg. Taehyung kann nur den Kopf schütteln. Jimins Lächeln wird nur noch breiter. "Wir lieben mit Kopf und Herz. Die Emotionen halten unsere Liebe zusammen. Die Logik sorgt für den Rest. Wie wir uns in Stress- oder Streitsituationen verhalten. Natürlich brauchen wir Zeit zum Runterkommen. Niemand ist perfekt, Taehyungie, vergiss das nicht. Eure Liebe ist nicht weniger wert, nur weil ihr mit dem Herzen liebt, aber mit dem Kopf zu denken kann manchmal sehr viel einfacher sein als mit dem Herz zu handeln.", in der Stille könnte man selbst das Fallen einer Nadel hören. Taehyung hat einen dicken Kloß im Hals sitzen. Wie eine Marionette kann er nur mit dem Kopf nicken und dabei wie blöd auf seine Brust starren.

"Mit dem Herzen lieben...und dem Kopf handeln, sagst du?", will er wissen. Seine tiefe Stimme klingt jetzt noch viel besonnener und unsicherer als vorher. Jimin nickt und seine Augen verschwinden fast, als er ihn liebevoll anlächelt und ihm dann auf die Brust klopft. Er greift in seine Hosentasche und tippt auf seinem Handy herum, schaut auf und zeigt seinem Freund das Display. Dort ist ein Chatverlauf abgebildet.

"Es gibt kein Rezept und keine Anleitung, nach der du handeln kannst. Aber ich weiß dass du das schaffst. Du kannst in den wichtigen Situationen immer die richtigen Worte finden. Und Jeonggukkie ist ja nicht blöd; ihm tut es genauso leid."

Jimins Freund reißt die Augen auf. Heißt dass...?, Jimin zeigt mit Nachdruck das Display. "Jetzt geh. Bevor Namjun zurückkommt und mich nen Kopf kürzer macht." "Ach deshalb bist du so klein.", grinst Taehyung und zuckt zusammen als Jimins Fuß Bekanntschaft mit seinem Hintern macht und er lachend die Wohnung verlässt. Das gespielte Gemecker seines Freundes hört er nicht. Seine Gedanken sind schon bei Jeongguk. Und zum ersten Mal seit ein paar Tagen empfindet er eine angenehme Wärme in seinem Brustkorb.

Jeongguk sitzt an einem kleinen Tisch in der Ecke einer Bäckerei. Ein mulmiges Gefühl macht sich in Taehyungs Magen breit, als er sieht wie Jeongguk mit versteinertem Blick auf sein Handy starrt. Ein Mitarbeiter bringt ihm etwas zu essen, doch abgesehen von dem "Danke" gibt es keine Reaktion. Zögerlich geht er auf ihn zu, wartet einen Moment und setzt sich dann hin. Schlagartig verändert sich Jeongguks Miene. Er errötet, steckt das Handy weg und starrt Taehyung mit seinen großen Rehaugen an.

"Hyeong-"

Die Worte bleiben beide im Halse stecken. Niemand möchte etwas sagen; die Angst, die Situation zu vermasseln, ist groß und hängt wie an einem seidenen Faden drohend über ihnen. Um sich abzulenken, knibbelt Jeongguk an dem Croissant herum.

"Wir haben beide Fehler gemacht. Passiert halt.", sagt Taehyung einfach. Die Rede, die er vorbereitet hat, kann er komplett in die Tonne kloppen; alleine Jeongguks Anblick lässt ihm beinahe das Herz in die Hose rutschen. Gut kaschierte Augenringe zieren sein Gesicht, seine Haare scheinen lieblos gekämmt zu sein, seine Lippen zerbissen.

"Was nicht mehr passieren darf, ist dass wir uns so vergessen und anschreien. Das tut weh. Mir tut das weh, und dir auch. Ich möchte einfach nur, dass wir eine glückliche und gesunde Beziehung haben, und Kommunikation gehört halt dazu.", Taehung wippt nervös mit seinem Bein. Leider kann er nicht Jeongguks Reaktion abschätzen.

Die Augenbrauen des Jüngeren ziehen sich zusammen. Mittlerweile hat er das halbe Croissant gepellt, und schiebt unruhig die Reste mit seinen Fingerspitzen hin und her. Einen Moment lang schürzt er die Lippen, und dann spricht er mit leiser Stimme.

"Ich liebe dich."

Taehyung hat sich doch eindeutig verhört. Was hat Jeongguk da gesagt?

"Hyeong, i-ich liebe dich, und meine Art, zu reagieren, war nicht angebracht, ich weiß das, ok? Aber als meine Abreise immer mehr und mehr verschoben wurde, da habe ich ... da habe ich Heimweh bekommen. Und ich wusste nicht, ob du das auch gefühlt hast. Und als ich dich angerufen habe, ich wollte nur deine Stimme hören, und du nicht rangegangen bist-", Jeongguks Gebrabbel hat viele rote Fäden, die sich gerade verknoten und verheddern. Sprachlos schaut Taehyung zu, wie Jeongguks Gesicht erst blass wird und dann rot anläuft, als er jäh nach Luft schnappt und weiter redet.

"-und du bist nicht rangegangen und da bin ich unsicher geworden und dachte du ha-hast vergessen dass ich nach Hause kommen wollte aber dann ist mir eingefallen, ich konnte dir ja nicht sagen dass ich komme, also konntest du das nicht wissen und dann war ich traurig und wütend auf mich selber und dann bin ich Heim gekommen und du hast mit unseren Freunden gespielt. Und ich war erleichtert weil, hey, du hast so glücklich ausgesehen und dann noch tausendmal mehr als du mich erkannt hast aber dann ist der Damm gebrochen und der ganze Stress hat-", Taehyung legt beruhigend beide Hände auf Jeongguks. Der Jüngere schaut hoch, Tränen schwimmen in seinen Augen und er seufzt stockend.

"Ich liebe dich auch, Jeongguk. Aber-", schmunzelt der Ältere und streichelt sanft Jeongguks Hände, ", das war nicht dein Fehler alleine. Das war unserer. Und daran werden wir arbeiten. Zuerst aber müssen wir dein zerfranstes Croissant vertilgen und dann gehen wir nach Hause und schlafen, in Ordnung?", Jeongguks Augen strahlen wie die Sonne und er nickt mehrmals schnell mit dem Kopf.

Und wenn sie auf dem Weg in ihr Bett vielleicht ein wenig rumgeknutscht haben und die arme kaffeebefleckte Couch nochmehr beschmutzt haben, nun, das muss niemand wissen.


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⏰ Last updated: May 01, 2020 ⏰

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Taegguk OneShotsWhere stories live. Discover now