Triggerwarnung:
Das Kapitel behandelt das Thema Tod. Wer das nicht lesen will, aber eine Zusammenfassung möchte um den Rest der Story zu verstehen kann mit gerne schreiben^^„Also... meine Mum ist tot.", begann Manu zu erzählen, „sie hatte eine chronische Herzkrankheit, wegen der sie sowieso schon sehr geschwächt war und dann hat eine Grippe ausgereicht und sie..." Er ließ den Satz unvollendet, doch es war klar, was er hatte sagen wollen. Ich zog den Braunhaarigen in eine feste Umarmung. Ich hatte keine Ahnung, ob ich ihn irgendwie trösten konnte, und mir fielen keine passenden Worte ein, also ließ ich den Jüngeren einfach weitererzählen:
„Als das passiert ist war ich acht Jahre alt. Ich glaube, sie und mein Dad haben sich damals schon länger nicht mehr richtig geliebt, aber trotzdem hat er sie vermisst. Und natürlich war es schwer für ihn, mich und meine Brüder so traurig zu erleben. Auf jeden Fall hat er dann beschlossen, das Haus zu verkaufen und umzuziehen. Er hat sich einen neuen Job gesucht und uns auf andere Schulen geschickt. Und irgendwie hat es auch ein bisschen geholfen, diese ganze Umgebung hinter sich zu lassen, aber ich hab damit auch meinen einzigen Freund verloren. Wir hatten beide noch kein Handy also haben wir versucht, uns hin und wieder anzurufen und Briefe zu schreiben, aber das funktioniert nicht wirklich gut."
Manu hob den Arm und deutete auf eine Mappe mit Zetteln, die auf seinem Tisch lag, während er erklärte: „Da sind alle seine Briefe drin. Inzwischen schreiben wir uns eigentlich nur noch zum Geburtstag und an Weihnachten, was echt schade ist. Naja... mein Dad war aber wahrscheinlich eher froh, dass diese Freundschaft in die Brüche gegangen ist. Daniel hat mich nämlich, schon als meine Mutter noch gelebt hat, auf die Idee gebracht, Musik zu machen. Vorher wollte ich immer Jura studieren und genau wie Mum Anwalt werden, aber nach und nach ist mir klargeworden, dass mir das keinen Spaß machen würde und dass ich meine Kreativität irgendwie ausleben muss. Und die Musik war dafür wirklich perfekt."
Der Braunhaarige seufzte und schwieg kurz, bevor er weitererzählte: „Ich hab meine Eltern angefleht, mir ein Keyboard zu kaufen und zu meinem siebten Geburtstag hab ich dann tatsächlich eins bekommen. Anfangs wollte ich die Lieder, die ich schon kannte spielen, aber irgendwann hab ich angefangen, mir auch selbst Melodien auszudenken und die aufzuschreiben. Meine Eltern konnten zwar nicht so viel mit meinem Hobby anfangen, aber sie haben sich immer für mich gefreut – bis dann das mit meiner Mum war. Nach dem Umzug ist mein Keyboard auf den Dachboden verschwunden und ich hab mich nie getraut, zu fragen ob ich es wieder haben kann. Es hat mir echt gefehlt, aber ich hatte immer mehr das Gefühl, meinen Dad zu enttäuschen, wenn ich mich für Musik interessiere."
Manu drehte sich etwas zu mir und sah mir beim Weitersprechen in die Augen, während er sagte: „Du kannst so froh sein, dass du immer gerne mit deiner Mum unterwegs warst. Ich hatte irgendwann echt keine Lust mehr auf diesen ganzen Jura – Wahnsinn. Immer wenn es irgendwie darum ging, was ich mal werden will oder so, war mein Dad direkt ganz stolz, weil ich ja schon so konkrete Pläne hatte und Anwalt werden wollte. Ich glaube er hat das Gefühl, er wäre es meiner Mutter schuldig, dafür zu sorgen, dass ich denselben Berufsweg einschlage wie sie, aber er hat mich kein einziges Mal danach gefragt, wie es mir damit geht und das ist... echt anstrengend."
Plötzlich unterbrach sich der Braunhaarige selbst und fragte: „Langweile ich dich eigentlich? Du musst dir das nicht anhören, wenn du das nicht willst...", doch sofort schüttelte ich den Kopf, sah meinen Mitbewohner an und antwortete: „Manu, ich kann dir ansehen, wie gut es dir tut, darüber zu reden. Und es macht mich unglaublich glücklich, dass du mir so sehr vertraust, also bitte erzähl so viel und so lange du willst, ich höre dir gerne zu, ja?"
Mit einem Lächeln auf den Lippen nickte der Jüngere und redete dann weiter: „Okay, also... Auf meiner neuen Schule ist es nicht besonders gut gelaufen. Ich hab mich anfangs echt blöd benommen, niemandem gesagt was mit mir los war und versucht, so wenig Kontakt mit allen zu haben wie möglich. Das war ne echt dumme Idee, weil ich so keine Freunde hatte und irgendwann auch niemand mehr auf mich zu gekommen ist, weil ich jeden vergrault hab. Und obwohl mir klar war, dass ich mich dämlich benehme, hab ich auch nach der Grundschule in der neuen Klasse genau so weiter gemacht. Ich war also ganz froh, als mein Zeugnis so gut war, dass mir meine Klassenlehrerin erzählt hat, dass sie es für angebracht hält, wenn ich ab der siebten Klasse auf ein Gymnasium gehe. Und dann bin ich hier gelandet", erklärte Manu mit einer ausladenden Geste.
„Ich hatte mir vorgenommen, nicht mehr so unfreundlich zu sein und habe auch von Anfang an offen erzählt, was mir passiert ist. Zu dem Zeitpunkt hat mich die ganze Sache eigentlich gar nicht mehr so sehr belastet. Klar, es war schlimm, dass Mum nicht mehr da war, aber inzwischen ist ja einige Zeit vergangen gewesen und irgendwie hatte ich doch immer das Gefühl, dass sie mich begleitet und auf mich aufpasst, aber dann waren hier plötzlich Leute, die nicht so besonders freundlich mit mir umgegangen sind, sondern die Tatsache, dass ich leicht angreifbar war ausgenutzt haben, um die Starken zu spielen. Ich lass jetzt einfach mal die Details weg, aber... das hat dazu geführt, dass ich mich wieder von den anderen abgeschottet habe. Es hat alles viel schlimmer gemacht, ich hab meine Mum fast noch mehr vermisst, als kurz nach ihrem Tod und hatte das Gefühl, dass ich überhaupt keinen Nutzen mehr habe."
Die Stimme des Jüngeren zitterte und ich sah ihm an, dass er sich schwertat, das alles zu erzählen, weswegen ich begann, ihm beruhigend über den Rücken zu streichen, was ihm offenbar half, sich etwas zu beruhigen. Nach ein paar Sekunden atmete er tief durch und erzählte weiter: „Ich hatte überhaupt keine Kontrolle über mein Leben; in der Schule wurde ich herumgeschubst und hatte keine Freunde und zu Hause hat mein Dad gesessen und mich in die Rolle des zukünftigen Anwalts gedrängt, obwohl ich mir inzwischen komplett sicher war, dass ich das auf keinen Fall mein ganzes Leben lang machen will. Inzwischen finde ich die Vorstellung davon, jeden Tag in einem Gerichtssaal zu sitzen und mich von irgendwelchen fremden Leuten dafür bezahlen zu lassen, ihnen aus der Scheiße zu helfen einfach nur noch ekelhaft. Und deswegen versuche ich, das alles so gut wie möglich zu ignorieren, in den Ferien hier zu bleiben und Pläne für meine Zukunft für mich zu behalten. Ich hab Angst davor, meinem Vater die Wahrheit zu sagen, aber..."
Manu zögerte einige Sekunden lang, bevor er sich traute, seinen abschließenden Satz zu sagen: „... ich würde mich lieber umbringen, als so ein Leben zu führen!"
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Kürbistumor Fanfiction - Nachteule
FanfictionNachdem Palle sein ganzes Leben lang zu Hause unterrichtet wurde, freut er sich darauf, jetzt ein Internat zu besuchen und endlich richtig gute Freunde zu finden. Allerdings ist sein Mitbewohner ziemlich unfreundlich und verhält sich seltsam, also b...